Chinas Zeichenschrift formt ein überlegenes DenkenCHINESISCHE KULTUR

Chinas Zeichenschrift formt ein überlegenes Denken

Chinas Zeichenschrift formt ein überlegenes Denken

Durch das System der chinesischen Schriftzeichen wird das Denken der Chinesen in einzigartiger Weise geformt. Es erfolgt quasi in Modulen. Dadurch entsteht nicht nur eine arbeitsteilige Kunst, die Sensationen wie die kaiserlichen Terrakottaarmee hervorgebracht hat. Auch die Produktionsverfahren im Reich der Mitte sind dadurch beeinflußt und beziehen eine gewisse Überlegenheit daraus. Diese Zusammenhänge deckt Balzan-Preisträger 2005, Professor Lothar Ledderose, im Interview mit dem Eurasischen Magazin auf.

Von Hans Wagner

  Zur Person: Lothar Ledderose
  Lothar Ledderose (63) ist Professor für Ostasiatische Kunstgeschichte an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg und weltweit einer der angesehensten Erforscher fernöstlicher Kultur. Über Princeton, Harvard, Taipeh, Tokio und Berlin führte ihn sein Weg an den Neckar, wo er seinen Lehrstuhl seit 1976 innehat.

Das Verleihungskomitee der Internationalen Balzan Stiftung hat ihn am 6. September als Empfänger des mit einer Million Schweizer Franken dotierten Preises des Jahres 2005 in der Kategorie Kunstgeschichte Asiens bekanntgegeben. Die Verleihung findet am 11. November im Bundeshaus in Bern statt.

Ledderose hat sich auch als Organisator und Betreuer großer Ausstellungen einen Namen gemacht. So wirkte er mit, als in Berlin die Schätze aus der Verbotenen Stadt zu sehen waren und 1985 mit 390.000 Besuchern zur erfolgreichsten Ausstellung Deutschlands wurden.

Ebenfalls in Berlin wurde 1993 die Ausstellung „Japan und Europa 1543–1929“ gezeigt, wozu selbst das japanische Kaiserpaar erschien.

Ledderose ist Mitherausgeber bedeutender Zeitschriften wie Arts Asiatiques (Paris) und Meishushi yanjiu jikan (Taipeh), sowie Autor und Herausgeber mehrerer Bücher über ostasiatische Kunst.
Lothar Ledderose  
Lothar Ledderose  

E urasisches Magazin: Herr Professor, Sie haben kürzlich den mit einer Million Schweizer Franken dotierten Balzan-Preis erhalten, der neben dem Nobelpreis zu den bedeutendsten wissenschaftlichen, kulturellen und humanitären Auszeichnungen gehört. Was machen Sie mit dem vielen Geld?

Lothar Ledderose: Die Balzan-Stiftung wünscht, daß die Hälfte des Geldes verwendet wird, um junge Wissenschaftler zu fördern. Ich werde damit Forschungsprojekte finanzieren, wie zum Beispiel die Entzifferung buddhistischer Steinschriften in China. Dieses Vorhaben, das von der Heidelberger Akademie der Wissenschaften betrieben wird, bietet viele Möglichkeiten, um Nachwuchswissenschaftler einzusetzen.

EM: Um welche Steinschriften handelt es sich dabei?

Ledderose: Es geht um zwei Gruppen von Inschriften. An den Hängen des Berges Hongdingshan, östlich des Dongping-Sees in der Provinz Shandong, wurden um 560  nach Christus Inschriften in den gewachsenen Fels gemeißelt. Unter freiem Himmel. Es handelt sich um relativ kurze Texte. Sie wurden erst vor wenigen Jahren von einem Schäfer zufällig entdeckt. Die zweite Gruppe umfaßt eine große Fülle von Steintafeln. Es sind etwa 15.000, die in  der Nähe von Peking gefunden wurden. Der Ort, wo man sie entdeckt hat, heißt ins Deutsche übersetzt Wolkenheim-Kloster. Mit den in Stein gemeißelten Inschriften haben die Mönche im Jahre 616 nach Christus begonnen. Über fünfhundert Jahre lang haben sie den Steintafeln ihre Texte anvertraut. Etwa 1180 hörten sie damit auf. Das ist für uns heute Lebende kaum vorstellbar.

EM: Es heißt ja, die Mönche hätten deshalb so intensiv Steintafeln beschrieben, weil sie einen bevorstehenden Weltuntergang befürchteten. War es so?

Ledderose: Das war die Motivation. Die Inschriften berichten auch ganz genau, welche Vorstellungen von einer untergehenden Welt sie hatten und wann dieser Weltuntergang angefangen hat. Nach ihrer Auffassung war er schon im Gange damals. Sie stellten sich das als eine allmählich heraufziehende Katastrophe vor, nicht als einen plötzlichen Knall. In den Schriften heißt es, es wäre nicht mehr viel Zeit zu verlieren. Deshalb würden sie das Kostbarste, was sie haben, nämlich die überlieferten religiösen Texte, für eine wie auch immer geartete Nachwelt zu erhalten versuchen.

Im Buddhismus ist der Weltuntergang nichts Endgültiges

EM: Heißt das, daß für die Mönche in diesem buddhistischen Kloster ein Weltuntergang nichts Endgültiges bedeutete?

Ledderose: Über einen Weltuntergang haben Buddhisten eine andere Vorstellung als etwa das christliche Abendland. Bei uns ist mit dem Weltuntergang alles zu Ende. Die Welt besteht bei uns vom Anfang der Zeit bis zum Ende der Zeit, wie es in unseren Schriften heißt. Im Buddhismus stellt man sich vor, daß nach einem Weltuntergang irgendwann noch einmal eine neue Welt kommt. Es ist nicht der Weltuntergang, sondern ein Weltuntergang. Das vorhandene Menschengeschlecht wird durch Naturkatastrophen ausgelöscht, vor allem durch Meteore, die vom Himmel fallen, durch Feuersbrünste und durch verheerende Überflutungen. Deshalb sind diese Steintafeln auch hoch auf einem Berg in Höhlen gelagert.

EM: Für wen sollten dann diese unter ungeheurem Aufwand über Jahrhunderte angefertigten steinernen Texte sein?

Ledderose: Man stellte sich vor, daß eine kleine Schar von Auserwählten diesen Weltuntergang überleben würde und daß diese Menschen dann in einem kommenden, neuen Weltzeitalter die Lehre des Buddha wieder verbreiten könnten. Wie aus einer Zeitkapsel sollte diese Weisheit aus den Höhlen geborgen werden. – Etwas eigenartig ist allenfalls, daß die Verfasser der Schriften offenbar davon ausgingen, daß eine künftige Welt chinesisch kann. Aber sie konnten ja auch nur in Chinesisch schreiben.

EM: Ist dieser Glaube an eine neue Welt, nach dem Untergang der alten, der einzige Unterschied zwischen den religiösen Ansichten in China und dem jüdisch-, christlich-, moslemischen Welt- und Gottesbegriff in Europa?

Ledderose: Der entscheidende Unterschied ist, daß in den Religionen Europas eine monotheistische Lehre herrscht. Juden, Christen und Moslems haben nur einen Gott. Es darf keine anderen Götter daneben geben. Im Buddhismus ist das anders. Buddha, der die Lehre in Indien begründet hat, ist nur einer von vielen. In den kommenden Weltzeitaltern soll es weitere Buddhas geben. Und auch jetzt gibt es nach diesem Verständnis in anderen Räumen und Galaxien schon weitere Buddhas. Es herrschen aber noch mehr Unterschiede.

Der Buddhismus kennt keine Märtyrer, die sich für ihren Glauben opfern

An den Hängen des Berges Hongdingshan, östlich des Dongping-Sees in der Provinz Shandong, wurden um 560 nach Christus Inschriften in den gewachsenen Fels gemeißelt.  
An den Hängen des Berges Hongdingshan, östlich des Dongping-Sees in der Provinz Shandong, wurden um 560 nach Christus Inschriften in den gewachsenen Fels gemeißelt.  

EM: Welche sind gravierend?

Ledderose: Zum Beispiel gibt es im Buddhismus nicht die Figur des Märtyrers. Sowohl früher die Christen als auch heute vor allem moslemische Islamisten lassen sich ja für ihren Glauben umbringen. Solche Märtyrer gibt es in Südostasien so gut wie nicht.

EM: Abendländische Denker und Forscher waren immer wieder fasziniert von der Kultur Asiens. Einst hat die Seidenstraße den großen eurasischen Kontinent als Handelsweg verbunden. Und dennoch gibt es kaum gegenseitiges Verständnis asiatischer und europäischer Kultur. Wie kann man sich das erklären – sind dafür diese religiösen Unterschiede verantwortlich?

Ledderose: Der Austausch war sehr intensiv in der materiellen Kultur. Papier, Druck und Seide, der Kompaß und das Schießpulver sind kulturelle Errungenschaften, die das Abendland den Chinesen verdankt und von ihnen übernommen hat. Dagegen ist auf dem Gebiet der Philosophie und der Geisteswelt der Einfluß Asiens sehr viel geringer. In Europa fand man, es sei viel wichtiger drucken zu können als etwas über den Buddhismus zu wissen. Und natürlich ist da die große Barriere der Sprache. Erst seit dem 19. Jahrhundert gibt es eine nennenswerte Zahl von Europäern, die sich die chinesische und überhaupt ostasiatische Sprachen aneignen.

EM: Sie haben immer wieder erklärt, das gegenseitige Verständnis zwischen den Kulturen verbessern zu wollen. Welchen Weg sehen Sie dazu?

Ledderose: Ja, das ist meine Mission, das Verständnis zu wecken und zu vergrößern. Insbesondere zwischen Europa und China. Ideal wäre es, China von innen heraus zu verstehen, es so zu sehen, wie die Chinesen selbst. Da machen wir auch große Fortschritte. Bei mir im Institut lehren jedes Semester chinesische Professoren. Die sprechen in ihren Vorlesungen chinesisch, wie zu Hause in Schanghai oder Peking. Und die Studenten hier müssen das genau so verstehen, wie ihre heimischen Zuhörer. Das sind chinesische Vorlesungen, die in Heidelberg stattfinden. Umgekehrt müssen sich chinesische Studenten in den deutschen Vorlesungen zurechtfinden.

Gute kulturelle Beziehungen zwischen Ländern haben einen Selbstwert

EM: China und Europa sind heute durch vielfältige Handelsbeziehungen verbunden, die sicher noch weiter zunehmen werden. Die Kulturbeziehungen seien stattdessen in den letzten 20 Jahren vernachlässigt worden, sagte der neue deutsche Botschafter in China, Volker Stanzel, vor einem Jahr im Eurasischen Magazin. Welche Bedeutung haben solche Beziehungen?

Ledderose: Als Kulturwissenschaftler meine ich, daß gute kulturelle Beziehungen einen Selbstwert haben. Je besser wir die Kulturen Asiens verstehen, um so eher verstehen wir im Kontrast dazu unsere eigene. Und natürlich hat ein ausgeprägtes kulturelles Verständnis auch eine enorme wirtschaftliche Bedeutung. Das gilt auch für strategische politische Beziehungen.

EM: Aber es gibt ja die bereits angesprochenen Verständigungsprobleme. Ist denn die Mauer der so unterschiedlichen Schrift- und Sprachkultur überhaupt zu überwinden?

Ledderose: Schrift und Sprache wirken in der Tat wie eine Mauer. Europäische Sprachen sind in kürzester Zeit zu erlernen. Die Buchstaben sind ohnehin gleich. Für das Erlernen der chinesischen Schrift braucht man viele Jahre. Sie ist für einen Europäer reichlich undurchdringlich und sie ist Teil der chinesischen Identität.

Chinesen haben mit ihrer Schrift das komplizierteste System von Formeln geschaffen

EM: Welche Bedeutung haben die 50.000 Schriftzeichen der Chinesen für ihre Kultur. Ein solches Werk ist ja  gar nicht vergleichbar mit unseren gerade einmal 25 Buchstaben?

Ledderose: Das ist in der Tat unvergleichbar. Um Zeitungen lesen zu können, braucht man zwar nur etwa 2.000 Schriftzeichen zu kennen. Wissenschaftler beherrschen bis zu 5.000 solcher Bilder. Aber es gibt tatsächlich 50.000 davon, die auch im Lexikon nachzuschlagen sind. Das ist eine der größten Leistungen der Chinesen. Sie haben das komplizierteste System von Formeln geschaffen, das die vormoderne Menschheit je hervorgebracht hat. Chinesische Kinder lernen viele Jahre lang, bis sie genügend Zeichen kennen. In europäischen Schulen geht das alles wesentlich rascher. Daß junge Chinesen ungleich mehr lernen müssen, erzieht sie aber zu äußerster Disziplin. Und das ist ein großer Vorteil für weiteres Lernen und für Erfolg im Leben.

EM: Hat Zeichenschrift der Chinesen einen mythischen Ursprung?

Ledderose: Dieser Aspekt ist nicht endgültig geklärt. Aber das Verhältnis von Realität und Schrift ist im Chinesischen ein anderes als in Europa. Wenn zum Beispiel das Zeichen für Buddha irgendwo in den Felsen gemeißelt oder aufgeschrieben ist, dann erweist man diesem Zeichen seine Referenz, als sei es eine Statue, ein Gottesbild. Wenn man bei uns Gott oder Jesus hinschreibt, denkt niemand daran, sich so zu verhalten. Im Chinesischen verkörpern und repräsentieren die Schriftzeichen ihren Gegenstand – im Falle Buddha ist das Zeichen auch Buddha. Ein anderes Beispiel ist der Titel der täglich erscheinenden chinesischen Volkszeitung. Er besteht aus vier Zeichen und ist geschrieben in der Handschrift von Mao Tse-tung. Und damit ist der große Führer noch jeden Tag präsent und autorisiert das, was publiziert wird. – Dies zeigt die suggestive Kraft, die den chinesischen Schriftzeichen innewohnt.

EM: Stimmt es, daß nicht nur chinesische Schönschreiber, also Kalligraphen, die Zeichen unterschiedlich ausprägen, sondern daß viele Anwender, im Grunde vielleicht jeder schreibende Chinese, eine Art Schriftkünstler ist?

Ledderose: Nachdem Chinesen so viele Jahre üben und lernen müssen, bis sie ihre Schrift beherrschen, trainieren sie dabei ganz besonders ihren Sinn für ästhetische Gestaltung. Die Zeichen müssen ja eine gewisse Balance in sich haben, müssen schön untereinander stehen, das ganze Schriftbild muß harmonisch sein. Das hat eine enorme Bedeutung für die Entwicklung der Persönlichkeit. Insofern ist natürlich jeder Chinese ein Gestalter, ein Künstler vielleicht im Sinne von Josef Beuys, der ja gesagt hat, daß jeder gestalten kann und damit jeder ein Künstler ist. Für China trifft das wirklich zu.

Durch den Gebrauch der Schriftzeichen wird ein modulares Denken entwickelt

EM: Wie sehr prägt dieses komplexe System, von dem Sie gesprochen haben, das chinesische Denken überhaupt?

Ledderose: Der Einfluß des Systems der chinesischen Schriftzeichen ist von enormer Bedeutung für das Denken der Menschen dort. Neben der Disziplin und der Kreativität wird vor allem das exakte Kopieren gelernt. Chinesen lernen die Anwendung der Zeichen von Kindesbeinen an durch jahrelanges Kopieren. Das prägt ungeheuer. Meine Lieblingstheorie ist, daß durch die Erlernung der Schriftzeichen, eine Art modulares Denken entwickelt wird. Ich halte das für ein Grundmuster im chinesischen Denken. So wie bei den Zeichen Einzelelemente immer neu kombiniert werden, so entwickeln Chinesen auch in der Gestaltung von Kunst und bei der Produktion von  Gütern eine modulare Technik.

EM: Wie ist das zu verstehen?

Ledderose: Man muß sich vor Augen führen, wie es den Chinesen seit frühester Zeit gelingt, große Mengen von Produkten bei sehr hoher Qualität herzustellen. Nehmen wir die 7.000 Figuren der berühmten Terrakottaarmee des Kaisers Qin. Oder die Millionen von Porzellangegenständen, die China in alle Welt exportiert hat. Das war alles nur möglich, weil die Chinesen Produktionssysteme entwickelt haben, bei denen sie Gegenstände und Produkte aus Einzelteilen zusammensetzten.

EM: Könnten Sie das am Beispiel erläutern?

Ledderose: Es handelt sich um arbeitsteilig hergestellte Kunst. Bei den Terrakottakriegern gibt es sechs Typen von Beinen, vier Typen von Händen, sechs Typen von Augen, zwei Typen von Ohren und drei Typen von Schnurrbärten. Ein Künstler stellt nur jeweils seinen Körperteil für die Figuren her. Am Ende werden diese in verschiedenen Kombinationen zusammengesetzt, je nach Kriegertyp. Dadurch entsteht eine unglaubliche Vielfalt an Einzelfiguren. Auch in der Architektur gibt es standardisierte, vorgefertigte Holzteile, aus denen sich Türme oder flache Häuser bauen lassen. Dieses Denken, daß man Einheiten aus Teilen zusammenfügt, ist in der chinesischen Schrift vorgegeben. Das ist exakt das Prinzip der chinesischen Schriftzeichen.

Das Erlernen ihrer Schrift macht Chinesen zu den genialsten Kopisten weltweit

EM: Aber wie ist es möglich, ein solches System auswendig zu lernen?

Ledderose: Auch dafür ist das modulare Baukastensystem der Grund. Nur mit seiner Hilfe können wir die Zeichen überhaupt im Kopf behalten. Kein Mensch kann sich 50.000 oder auch nur 5.000 Zeichen merken. Aber die 200 Einzelmodule, aus denen sie bestehen, kann man sich merken. Und daraus werden dann die Kombinationen gebaut. Wenn zum Beispiel das Schriftzeichen auf der linken Seite das Symbol für Erde oder Wasser, König oder Jade darstellt, lassen sich auf der rechten Seite daraus unzählige Bedeutungen dazukombinieren. Originalität und Massenhaftigkeit sind in China nur zwei Seiten derselben Medaille – und diese heißt Kreativität.

EM: Läßt sich aus der lebenslangen Beschäftigung von Chinesen mit kopierten und neu kombinierten Schriftzeichen auch erklären, warum sie im Technikbereich, in der Wirtschaft derart begnadete Kopisten sind – so genial, daß sich das Original nicht mehr von der Kopie unterscheidet?

Ledderose: Ganz sicher hat diese Fähigkeit ihren Ursprung im Umgang mit den Schriftzeichen. Chinesen, Japaner und andere Asiaten, die Schriftzeichen verwenden, sind in der Tat begnadete Kopisten. Wir Europäer kopieren auch – aber die Asiaten können es besser.

EM: Karl Pilny sagt in seinem neuen Buch „Das asiatische Jahrhundert“ bereits mittelfristig eine Überlegenheit asiatischer Wirtschaftskraft über die europäische und US-amerikanische vorher. Andere Autoren sehen es ähnlich. Fast alle begründen ihre Prognosen mit einer kulturellen Überlegenheit der Asiaten. Wie ist Ihre Einschätzung?

Ledderose: Die große wirtschaftliche Dynamik der asiatischen Länder, insbesondere der Chinesen, hat ganz sicher eine kulturelle Grundlage. Sie liegt in ihrer Disziplin, in ihrer Produktionsweise. Aber ich glaube nicht, daß Europa verlieren oder gar aufgeben muß. Asien wird uns nicht niederwalzen. Wir haben durchaus unsere Traditionen und unsere Stärken. Aber wir müssen uns wieder mehr anstrengen. Und außerdem sollten wir verstärkt die Zusammenarbeit suchen und auf das eurasische Tandem setzen.

EM: Sie haben immer wieder sehr attraktive und hoch dotierte Angebote aus den USA bekommen, mit denen man Sie  bewegen wollte, von Heidelberg wegzugehen und an eine amerikanische Universität zu wechseln. Bisher haben Sie alle solche Berufungen nach Übersee abgelehnt. Bleiben Sie auch künftig in Deutschland?

Ledderose: Ganz sicher. Das letzte Angebot aus den USA, kam von der Universität Princeton, wo ich studiert habe. Ich bin aber nach langem Nachdenken zum Entschluß gekommen hierzubleiben. Und das bereue ich nicht. Ich würde wieder so entscheiden.

EM: Herr Professor Ledderose, haben Sie herzlichen Dank für dieses Gespräch.

China Interview Sprache

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