07.11.2013

Zäune und Grenzverhaue haben wieder Konjunktur

EM - Nach der Wende von 1989 haben wir uns in Deutschland darüber gefreut, dass dem von den Kommunisten erdachten Spuk einer Mauer mitten durch Berlin sowie Stacheldraht und Schießbefehl an der deutsch-deutschen Grenze endlich ein Ende bereitet wurde. Kaum 20 Jahre ist all dies her. Inzwischen zeigt die Idee des Baus von Grenzverhauen zur Markierung von Konfliktzonen neue Blüten.

Die Israelis begannen schon wenige Jahre nach dem Mauerfall noch in den neunziger Jahren mit der Errichtung von hunderten von Kilometer langen gigantischen betonierten Sperranlagen im Gazastreifen und im Westjordanland. Die Regierungen in Bulgarien und Griechenland kam erst später auf die Idee, an ihren Südgrenzen Zäune gegen den sozial kaum zu verkraftenden Flüchtlingsstrom zu errichten. Russland schürte den Ärger der Georgier nach dem unglückseligen Krieg von 2008 durch den Bau von Grenzverhauen zum Schutz der abtrünnigen Regionen Abchasien und Südossetien.

Zaun durch den Kaukasus?

Bei einem Fernsehauftritt verstieg sich kürzlich der exzentrische Führer der russischen „Liberaldemokraten“ Vladimir Schirinowski zu der Forderung, die Problemzone des Nordkaukasus, einschließlich Tschetschenien, von Russland durch einen Zaun abzuriegeln. Außerdem sollten die Familien ab dem dritten Kind mit Geldstrafen belegt werden, um der sozialen Folgen Herr zu werden. Seine Forderung zog eine Welle von Protesten und Drohungen nach sich, so dass sich der russische Präsident Wladimir Putin einschaltete und Schirinowski mit den Worten zur Rede stellte, seine Forderungen schadeten dem Ansehen Russlands. Dabei stimmte er aber dem Parteiführer durchaus zu, Migranten und andere Problemgruppen müssten sich an die Gesetze Russlands halten.

Der Kaukasus ist den Russen schon lange ein Dorn im Auge als Unruheherd und Brutstätte von Terroristen, die sich mit Anschlägen in Moskau und in anderen Städten und Regionen Russlands und neuerdings sogar in den USA (Boston-Massaker) ins Bewusstsein der Weltöffentlichkeit bomben. Zudem gelangt auch ein unablässiger Flüchtlingsstrom vornehmlich von Tschetschenen über die Ukraine und Polen nach Deutschland.

Die Russen verbergen nicht ihre Vorbehalte gegenüber dieser unruhigen Kaukasusregion und ihren Bewohnern: Während der „Russischen Märsche“ und der Massenproteste der Opposition mit dem Kremlkritiker Alexei Nawalny an der Spitze erschallten warnende Rufe wie „Hört auf den Kaukasus zu füttern“! Die aufwendigen milliardenschweren Programme im Umfeld der Olympischen Spiele von Sotschi würden im Nordkaukasus ins Leere gehen.

Ein erster Schritt zur Abstoßung des Pulverfasses?

Nicht wenige Russen forderten sogar, die undankbare und ineffektive Nordkaukasusregion abzustoßen, womit sie ungewollt den Forderungen vieler Kaukasusvölker nach Unabhängigkeit und Beendigung der hundertjährigen Besetzung durch Russland seit der Zarenzeit entgegenkommen. Doch diesen Verlust kann sich der Kreml nicht leisten, so heißt es, um nicht den Zusammenhalt seines gesamten Imperiums zu gefährden. Schirinowskis Abschirmungsvorschlag würde aber gerade dies bewirken, er wäre ein erster Schritt zur Abstoßung dieses Pulverfasses, das die südliche kaukasische Konfliktregion mit Armenien, Aserbaidschan und Georgien um eine nördliche erweitern würde.

Wo auf dem Planeten überall gemauert,eingezäunt und an Grenzverhauen gestorben wird, darüber gibt es keinen wirklichen Überblick. Aber die neue Konjunktur der Stacheldrahtmonster wäre einseitig, würde nicht auch das Land der "unbegrenzten" Möglichkeiten angeführt, die USA: An der amerikanisch-mexikanischen Grenze (über 3000 Kilometer lang) wurde seit 2006 der US- Grenzzaun auf eine Länge von 1200 Kilometer ausgedehnt, der gegen illegale Übertritte, Gewalt und Schmuggel abschirmen soll. Der mexikanische Präsident Felipe Calderón verglich den Ausbau der Grenzanlagen mit der Berliner Mauer und auch Amnesty International kritisierte den Bau. Die Zahl der Menschen, die jedes Jahr sterben beim Versuch diese Grenze illegal zu überschreiten,wird auf 250 bis 500 geschätzt.

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