25.06.2013

Ungereimtheiten bei albanischen Parlamentswahlen

EM - Die Wahlen in Albanien vom 23. Juni 2013 werden überschattet von einer merkwürdigen Ungereimtheit. So verzeichnet die Zentrale Wahlkommission (ZWK) die relativ hohe Zahl von 3.271.885 registrierten Wählern, wobei das Statistische Amt der Republik Albanien 2012 aber nur 2,8 Millionen Einwohner aufweist. In Enzyklopädien einschließlich der Wikis, in Mediendarstellungen und in Länderberichten renommierter Institutionen variieren die Zahlen zwischen 2,8 Millionen und 3,2 Millionen. Selbst bei der in einer Quelle genannten Zahl von 3,6 Millionen Einwohnern ist die von der ZWK genannte Ziffer von 3,2 Millionen potentiellen Wählern relativ unwahrscheinlich. Auch die OSZE (www.osce.org/odihr/elections/102474OSZE) hat wohl bemerkt, dass die ZWK auf der Basis von „outdated population statistics“ arbeitet.

Ansonsten teilte die ZWK mit, dass in Albaniens 12 Provinzen 5508 Wahllokale eingerichtet wurden. Es stünden bis zu 66 (?) Parteien zur Wahl, die Wahlbeteiligung liege bei knapp über 50 Prozent. Die Zählungen sind immer noch nicht abgeschlossen. Zum Stand der Zählung siehe die Seite der Zentralen Wahlkommission Albaniens (http://result.cec.org.al/Results.aspx?UnitID=1&IsPS=0&Turnout=0&LangID=2).

Trotz Gewalt, Unregelmäßigkeiten und vermuteten Manipulationen ist der Trend eindeutig: Nach ersten Hochrechnungen und zahlreichen Zwischenergebnissen kann die in der Opposition stehende Koalition der Sozialisten mit einer großen Mehrheit (ca. 55 Prozent) rechnen und wird höchstwahrscheinlich die bisherige Regierung der Demokraten ablösen.

Die Sozialisten werden von dem teils in Frankreich lebenden Künstler und Ex-Bürgermeister von Tirana (2000-2011) Edi Rama, Jg. 1964, geführt, der auch Kandidat seines Linksblocks für das Amt des Premiers ist. Gegenwärtig ist Sali Berisha, Jg. 1944, Regierungschef. Ursprünglich ein verdienter Kardiologe hat Berisha als Parteiführer der Demokraten, als Staatspräsident (1992-1997) und Premier (2005-2013) im Wechsel mit sozialistischen Politikern Albaniens Entwicklung entscheidend geprägt. Der jetzige Staatspräsident Bujar Nishani (1966) ist ebenfalls ein Demokrat, er wurde im Juli 2012 vom Parlament auf fünf Jahre gewählt. Albanien feierte 2012 den 100. Jahrestag seiner Staatsgründung.

Nach 40 Jahren totaler Isolation und einem Betonkommunismus (vergleichbar Nordkorea) unter Enver Hoxha (1944-1985) und dessen teils gemäßigteren Nachfolger Ramiz Alia erlebte Albanien ab 1992 eine verspätete Wende unter schwierigen Bedingungen. Die letzten beiden Jahrzehnte sind von wirtschaftlichen Krisen, von Korruption und politischer Instabilität geprägt. Außenpolitisch war Albanien in der Ära des Kommunismus (1944-1991) abwechselnd auf Jugoslawien, Russland und China und am Ende auf sich selbst (!) ausgerichtet. Seit der Wende hat es sich schrittweise in das westliche Bündnis weitgehend integriert.

Die jetzigen Wahlen sollen ein Test für Albaniens Kandidatur für den Beitritt in die Europäische Union sein. Allein schon die Ungereimtheiten in der Statistik lassen Bedenken aufkommen. Auch die sonstigen Beitrittsbedingungen zu erfüllen, wird für Albanien nicht leicht sein. Die kommende Regierung wird es schwer haben, die durch die finanzielle Abhängigkeit von den Krisenländern Griechenland und Italien verstärkten eigenen Strukturprobleme zu bewältigen.

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