18.06.2013

Kopfgeld für Migranten bei der Einreise nach Russland

EM - Ein Blick hinter die Kulissen der Migrationspolitik der Russischen Föderation (RF) offenbart für westliche Begriffe Ungewöhnliches. So hatten zwei Abgeordnete der russischen Staatsduma vor kurzem folgenden Änderungsvorschlag zum „Föderalen Ein- und Ausreisegesetz“ und zum „Rechtsstatus ausländischer Bürger in der RF“ eingebracht: Ausländer aus der GUS ohne Visapflicht sollen demnach bei der Einreise nach Russland einen kostenpflichtigen „Migrationswechsel“ vorweisen müssen, also quasi Eintrittsgeld bezahlen. Diese Maßnahme dient nach Ansicht der Parlamentarier der „Wahrung der nationalen Einheit Russlands“, senkt die Kriminalität und bringt dem Staatsbudget zusätzliche Einnahmen in Höhe von 225 Milliarden Rubel (5,6 Milliarden Euro).

Die Zunahme der Arbeitsmigranten sei eines der gravierendsten Probleme in Russland. 2012 sind demnach 15,88 Millionen Menschen eingereist, davon wurden 1,34 Millionen, also einem knappen Zehntel, Arbeitsgenehmigungen erteilt. Im vorhergehenden Jahr 2011 waren es nur 13,8 Millionen Einreisende, also zwei Millionen weniger, von denen 1,19 Millionen Arbeitsgenehmigungen erhielten. Nach Schätzungen befinden sich auf dem Territorium der RF drei bis sieben Millionen illegale, niedrig qualifizierte Arbeitsmigranten. Diese Entwicklung stellt nach Ansicht der Abgeordneten eine Bedrohung der nationalen Sicherheit dar und verschärft das kriminogene Umfeld.

2012 wurden aus der RF 35 134 Menschen in ihre Herkunftsländer „deportiert“, 2011 waren es 28 585. Die Durchschnittskosten für eine „Ausschaffung“ von Migranten aus Mittelasien betragen 30.000 bis 40.000 Rubel (750-1000 Euro) pro Person. Deshalb werde nun eine Summe in etwa gleicher Höhe bei der Einreise verlangt, um die Zahlungsfähigkeit des Migranten im Falle der Deportation zu garantieren – kurz, die Gebühr dient sozusagen als „Kaution“. Die Maßnahme erfordere zwar zusätzliche Verwaltungskosten, rechne sich aber durch die eingenommenen Gebühren. Bei 7,5 Millionen Menschen und einem Wechsel von 30.000 Rubel pro Person bringe die Maßnahme eben zusätzliche Einnahmen von 225 Milliarden Rubel jährlich.

Menschenrechtler halten ein derart radikales Vorgehen für Diskriminierung und fragen, wie denn Russen reagieren würden, wenn ihnen z.B. bei der Einreise in die Europäische Union Ähnliches abverlangt würde? Das Migrationsproblem müsse mit anderen Mechanismen gelöst werden – durch Weiterbildung der Migranten mit Beteiligung der Botschaften, Konsulate und der Agentur für Kooperation mit den GUS-Ländern, für Sprachbildung und humanitäre Zusammenarbeit, kurz „RosSotrudnichestvo“, einer Untergliederung des Außenministeriums der RF.

Die findigen Abgeordneten werden aber gerade dies im Umgang mit schwierigen Migrantengruppen für illusorisch darstellen, um die schwierigen Probleme mit den Einreisenden zu lösen („Kommersant“, 17. Juni 2013).

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