14.12.2014

Bau der Brücke von Kertsch verzögert sich: Ist eine Seilbahn die (Not-) Lösung?


Computermodell einer möglichen Variante der Brücke über die Straße von Kertsch, die Russland und die Krim miteinander verbinden soll
Computermodell einer möglichen Variante der Brücke über die Straße von Kertsch, die Russland und die Krim miteinander verbinden soll

EM 14.12.2014  - Langsam verlieren Russen und auch die übrigen Krim-Bewohner die Geduld: das Projekt eines Übergangs über die Meerenge von Kertsch, sei es eine Brücke oder ein Tunnel oder beides in Kombination, zieht sich immer länger hin. Nicht einmal das auf Anfang Dezember diesen Jahres terminierte Gutachten ist fertig. Nach neuesten Erkenntnissen soll es Ende 2014 endlich fertig sein. Aber auch dies ist nicht gewiss. Die Experten, die die Machbarkeitsstudie in Arbeit haben, sind unsicher, wie sie entscheiden sollen. Präsident Putin hat schon festgelegt: in jedem Fall soll eine Brücke gebaut werden. Erd- und Meereserkundungen haben aber ergeben, die Infrastruktur und die natürlichen Gegebenheiten sind so widrig, dass der Bau eines Übergangs fast unmöglich ist. 

Vor lauter Ungeduld überschlagen sich die Russen mit Phantasien. Einige besonders erfinderische Fachleute schlagen vor, anstelle einer Brücke oder eines Tunnels eine Hochseilbahn zu bauen. Diese soll von der Krim zur gegenüberliegen  den Nehrung und dann zum Festland am Kuban führen.

Seilbahn der Wehrmacht als Vorbild?

Eine Seilbahn über dem Meer zu bauen, ist entgegen einiger Behauptungen im Grunde keine neue Idee: vor 70 Jahren während des Zweiten Weltkrieges hatte die deutsche Wehrmacht ein solches Projekt nicht ohne Erfolg versucht. Über eine provisorische Seilbahn wurden Soldaten, Waffen und schweres Gerät über die Meerenge geschafft.

Diesmal - aufgrund des Konflikts mit der Ukraine - sind die Russen daran interessiert, so schnell wie möglich, Zivilisten und Militärs, Automobile, Waffen und schweres Gerät einschließlich Panzern über die Meerenge auf die Krim und weiter in Richtung Donezk in die Ostukraine zu befördern. Die Fähren sind bereits überlastet, also müssen andere Möglichkeiten gefunden werden. Denn mit dem Baubeginn einer Brückenanlage werde, wenn er laut Gutachten überhaupt möglich ist, nicht vor  Ende 2018 zu rechnen sein.

Der Leiter der Handels- und Industriekammer der Krim, Aleksandr Basov, meint dazu, das Hauptproblem für die Wirtschaft und die Bevölkerung der Krim sei die Logistik. Der traditionelle Weg, die Überfahrt mit Schiffen zwischen Krim und Kavkaz sei der hohen Zahl an Passagieren und Fahrzeugen nicht gewachsen. Mit einer Brücke und/oder einem Tunnel kann man erst 2019-2020 rechnen. Bis dahin müsse man nach neuen Transportmöglichkeiten suchen.

Die Handelskammer der Krim hielt denn auch eine Sitzung mit Fachleuten ab, bei der nach Möglichkeiten gesucht wurde. Man wies darauf hin, dass es neben Kertsch auf der Krim noch weitere fünf Häfen gebe. Außerdem gebe es auf der Krim zwei Flughäfen, Sewastopol und Dschankoje, die nicht ausgelastet seien.

Gerät aus Sotchi für den Übergang bei Kertsch?

Daraufhin wandte sich der Professor der Nowotscherkassker Technischen Universität, Anatoliy Korotky, an die Handelskammer mit dem Vorschlag, eine provisorische Seilbahn für Passagiere und leichtes Gut zu bauen. Es handele sich um eine vier Kilometer lange Seilbahn in 70 Metern Höhe über dem Meeresspiegel der Kertscher Meerenge. Ein Teil des erforderlichen Materials, so der Professor, liege schon parat: auf dem Gelände der Olympischen Spiele in Sotschi stünden viele Anlagen, darunter auch Seilbahnen für den Wintersport, ungenutzt und verrotteten. Von dort brauche man nur den Hochlift im Bergdorf „Rosa Hutor“ auf die Krim zu schaffen und im Meer neu aufzubauen.

Der Bau der Seilbahn werde ein bis zwei Jahre dauern. Man erwartet, dass der Lift 500 Menschen und 45 Automobile pro Stunde befördern kann. Für die Überfahrt braucht er ca. 40 Minuten. Die Kosten der Überfahrt seien niedriger als die mit der Fähre – 100 Rubel (2,50 Euro) pro Person und 600 Rubel (15 Euro) pro Wagen. Auf der Fähre kostet das Ticket für Passagiere 130 Rubel (drei Euro), pro Wagen 700-1600 Rubel (17-40 Euro).

Ein derartiges Projekt gibt es bereits, nämlich in Vietnam: Dort wurde immerhin die längste Meeres-Seilbahn der Welt errichtet, die die beliebte Touristenstadt Nha Trang mit der malerischen Insel Hon-Tre (Bambusinsel) verbindet. Die Vinpearl Cable Car genannte Seilbahn ist drei Kilometer lang, steht auf 65 m hohen Seilbahnstützen, deren Fundamente über 50 Meter in den Meeresgrund gehen. Die Hauptsache aber: sie halten hohem Wellengang und großen Windlasten stand und sind erdbebensicher ausgelegt. All diese Bedingungen müsste auch eine Seilbahn über der Meerenge von Kertsch erfüllen.

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