30.01.2014

Erforschung des menschlichen Mikrobioms wird immer wichtiger

EM 30.01.2014 - Der Europäische Forschungsrat ERC fördert in den kommenden fünf Jahren ein Projekt zur Erforschung des menschlichen Mikrobioms mit einem „ERC Starting Grant“ in Höhe von insgesamt 1,5 Millionen Euro. Dr. Till Strowig vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig und Kollegen vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf wollen der Frage nachgehen, wie sich Bakterien, die Darmoberfläche und das Immunsystem im menschlichen Organismus gegenseitig beeinflussen. (Als Mikrobiom bezeichnet man die Gesamtheit der Mikroorganismen, die auf und in einem mehrzelligen Wirt leben, in dem Fall des Menschen).

Neben Ich: Das riesige Konglomerat aus Mikroben ist prägender als unsere Gene

Hintergrund: Der Mensch ist ein Kollektiv. Neben unserem sogenannten Ich gibt es ein riesiges Neben Ich. Unser Organismus ist zusammengesetzt aus Billionen Körperzellen und zehn Mal so vielen Mikroben, die in und auf uns leben. In jeder einzelnen Körperzelle produzieren noch einmal Hunderte bis Tausende von Ex-Bakterien – sie werden als Mitochondrien bezeichnet – aus Nahrung und Sauerstoff in winzigen Hochleistungskraftwerken unsere Lebensenergie. Und zwar täglich in etwa die Menge unseres eigenen Körpergewichts. Billiarden solcher Kraftwerke arbeiten in uns. Wenn sie plötzlich ihre Arbeit einstellen würden, wären wir auf der Stelle tot.

In diesem Körperkonglomerat, dem Neben Ich, gibt es viele Interaktionen und gegenseitige Abhängigkeiten. Darüber ist das meiste noch unbekannt. Erstaunlich, dass im 21. Jahrhundert die wenigsten wissen, was kürzlich zum Beispiel die „Tageszeitung“ (taz) in einem Wissenschaftsbeitrag so formulierte: „Der Mensch ist die Summe seiner Gene, verkündeten Forscher einst. Der Mensch ist die Summe seiner Mikroben, erklären Wissenschaftler jetzt. Der Mensch ist viele.“ Unser menschlicher Organismus wird vom gesamten Mikrobiom in einer Weise beeinflusst, von der man bis vor kurzem kaum etwas ahnte.

Das Neben Ich bestimmt den Verlauf unseres Lebens

Das Neben Ich aus Billionen und Billiarden von Lebewesen in uns und auf uns hat uns geformt und bestimmt über den Verlauf unseres Lebens. Und es verändert sich ununterbrochen: „Unsere Körperzellen werden ständig neu gebildet, mindestens eine Million Zellen ‚vergehen‘ pro Stunde und werden erneuert. Alle fünf Tage bekommen wir eine frische Magenschleimhaut, und die Leber wird innerhalb von zwei Monaten ausgetauscht. Die Haut erneuert sich alle sechs Wochen. Jedes Jahr werden 98 Prozent der Atome in unserem Körper ersetzt! Wir werden ungefähr alle 20 Jahre komplett erneuert“, heißt es in der Buchneuerscheinung „Neben Ich – wie viele sind wir wirklich?“ (Alles über diese spannendsten Fragen zu unserem Menschsein überhaupt finden Sie hier).

Die Ergebnisse der von der EU geförderten Untersuchung sollen u. a. neue Erkenntnisse über die Entstehung von Darmkrebs und chronischen Darmkrankheiten liefern. Denn das individuelle „Mikrobiom“ im Darm eines Menschen reguliert die Funktion der Darmschleimhäute und beeinflusst deren Immunantwort und entscheidet auf diese Weise über gesund oder krank.

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