09.08.2023 13:11:56
IRAN-ASERBAIDSCHAN
Von Behrooz Abdolvand, Michael Liesener, Nima Feyzi Shandi
m 21. Februar berichtete die britische Radiostation BBC von einem bewaffneten Zwischenfall an der iranisch-aserbaidschanischen Grenze. Dabei seien aserbaidschanische Grenzsoldaten mit einer Gruppe ungenannter bewaffneter Rebellen, die vom Iran aus in aserbaidschanisches Territorium eindrangen, in ein Feuergefecht verwickelt worden. Im Gefolge dieses Gefechtes habe ein junger aserbaidschanischer Offizier sein Leben gelassen, weitere Soldaten seien verletzt worden.
Ein knappes Jahr zuvor, Anfang März 2007, hatten iranische Nachrichtenagenturen vom Besuch des aserbaidschanischen Verteidigungsministers in Teheran berichtet. Sie priesen damals in blumigem Stil die Brüderschaft und die gutnachbarschaftlichen Beziehungen der beiden Völker. Diese gespielte Harmonie kann jedoch nicht über die tiefen Interessengegensätze hinwegtäuschen, wie sie jetzt wieder ganz unverblümt sichtbar werden.
Der Zusammenstoß des aserbaidschanischen Militärs mit terroristischen Gruppierungen ist jedoch kein Einzelfall gewesen. Am 27. Oktober 2007 fand eine Spezialeinheit bei Hausdurchsuchungen in den Ortschaften Mashtaga und Ismayilli nahe Baku zwei Waffenlager. Den aserbaidschanischen Sicherheitskräften zufolge gehörten sie einer fundamentalistischen Terrorgruppe. Während der Operation wurde ein Terrorist getötet.
Nach dem Einsatz verkündeten aserbaidschanische Sicherheitsbehörden, dass die Waffen einer „wahabitischen Terrorgruppe“ gehörten, die Angriffe auf westliche Ölfirmen und Botschaften, sowie staatliche Einrichtungen geplant hatte. Durch die erfolgreiche Razzia seien die Pläne vereitelt worden. Wie der aserbaidschanische Geheimdienstsprecher Arif Babajew damals mitteilte, seien mehrere Mitglieder dieser terroristischen Gruppierung festgenommen worden. Agenten identifizierten die führenden Köpfe der Gruppe als aserbaidschanische Armeeangehörige: die Offiziere Kamran Asadov, Farid Jabbarov und Bakhtiyar Orujov. Diese Gruppe hatte vorher in einer anderen Aktion eine Lukoil Tankstelle in Baku ausgeraubt und die Tageseinnahmen zur Finanzierung weiterer Aktivitäten in ihre Gewalt gebracht.
Informationen des Ministeriums für Nationale Sicherheit zufolge, hatte Leutnant Kamran Asadov in einer Nacht- und Nebelaktion Waffen, darunter vier Maschinengewehre, Mörser und 20 Handgranaten aus Beständen seiner Armeeeinheit gestohlen, um seine „Wahhabitische Gruppe“ mit der nötigen Feuerkraft zu versorgen.
Der Fernsehsender ANS berichtete außerdem, dass etwa 10 Offiziere und Kadetten in einer aserbaidschanischen Militärschule, die im Verdacht stehen, militante Wahabiten zu sein, in Verbindung mit dem Vorfall verhört würden. Der Pressedienst des Verteidigungsministeriums spielte eine mögliche Verbindung zwischen Asadov und der Militärschule herunter. Allerdings wiesen Strafverfolgungsbehörden darauf hin, dass Asadov Verbindungen zu den inhaftierten Offizieren und Kadetten der Militärschule hatte.
In der schiitisch geprägten Republik Aserbaidschan am Kaspischen Meer hat es bisher keinerlei Gewalttaten militanter Islamisten gegen Ausländer gegeben. Die neuesten Entwicklungen zeigen jedoch, dass gewaltbereite, religiöse Fundamentalisten nicht nur in der Gesellschaft an Rückhalt gewonnen haben, sondern ebenfalls in die Reihen der aserbaidschanischen Armee eingesickert sind.
Es ist jedoch zu bezweifeln, ob diese militante Gruppe wirklich den Wahhabiten nahe steht, wie die Sicherheitsbehörde in Aserbaidschan von Zeit zu Zeit behauptet. Der Wahhabismus ist eine puritanische Form des Islams, mit Wurzeln im Sunnitentum und der herrschenden Schicht in Saudi-Arabien. Die Voraussetzung der Mitgliedschaft in einer wahhabitischen Gruppierung ist somit die Zugehörigkeit zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islams. Jedoch gilt in vielen Staaten der ehemaligen Sowjetunion der Begriff „Wahabbi“ als ein verbreitetes Synonym für den militanten Islam, unabhängig davon, ob von schiitischen oder sunnitischen Gruppierungen gesprochen wird.
In Aserbaidschan sind die Persisch sprechenden Talischen im Süden des Landes Sunniten. Sie sind die einzige Volksgruppe, die theoretisch für den klassischen Wahabbismus empfänglich sein könnte. Allerdings gab es bisher keine Meldungen bezüglich fundamentalistischer oder militärischer Aktionen seitens der Talischen. Diese stellen lediglich vereinzelt ethno-politische Ansprüche an die aserbaidschanische Regierung, wie die BBC berichtet, zeigen dabei jedoch keinerlei religiös-fundamentalistische Tendenzen.
Seit der Zeit der Safawiten, einer alten aserbaidschanischen Dynastie, gilt das Schiitentum im Iran als Staatsideologie. Die Mehrheit der iranischen Gelehrten, die gegenwärtig im Lande den politischen Islam vertreten, ist aserbaidschanischer Abstammung. Um nur ein paar Namen zu nennen: der politische Führer des Landes Khamenei, wie auch die Ajatolahs Lenkarani, Khalkhali, Ardabili, Meshgini, Hasani, Khoei, Tabrizi und andere.
Da die Mehrheit der Aserbaidschaner Schiiten sind und sich religiös nach dem Iran orientieren, erscheint es nicht verwunderlich, dass aserbaidschanische Offizielle dem Iran seit Jahren immer wieder vorwerfen, religiöse Organisationen dazu nutzen zu wollen, Aserbaidschan zu destabilisieren oder gar seine derzeitige Führung unter den Alijews zu stürzen. Obwohl die aserbaidschanische Regierung sich bewusst ist, dass der Iran erheblichen Einfluss auf religiös-fundamentalistische Gruppierungen ausübt, feilte diese lange Zeit an einem imaginären Feindbild von den Wahhabiten, um nicht offiziell zugeben zu müssen, dass die iranischen Kleriker einen massiven Einfluss auf die aserbaidschanische Gesellschaft ausüben. Seit geraumer Zeit allerdings räumt Baku offiziell ein, dass der Iran immense Geldmittel aufwendet, um in Aserbaidschan proiranische religiöse Führer und Politiker zu unterstützen, Moscheen zu bauen usw.
Insbesondere die in der Devichi Region angesiedelten religiösen Stämme sind des Öfteren Gegenstand von Beschuldigungen seitens der aserbaidschanischen Regierung geworden, die ihnen vorwirft, mit den fundamentalistischen Kreisen im Iran in Kontakt zu stehen. Diese Region gilt dabei seit dem Zerfall der UdSSR als schiitische Hochburg, in der in den letzten Jahren immer wieder fundamentalistische Aktivitäten registriert worden sind.
Nach der Razzia vom 27. Oktober 2007 führten aserbaidschanische Behörden Sicherheitskontrollen in und um Baku durch, in deren Rahmen mindestens 17 Personen festgenommen wurden. In der Devichi Region wurde der radikaler Umtriebe verdächtigte Mirza Alibekov, der bisher mehrfach wegen seiner Kontakte zu Teheran verhaftet worden ist, wieder in Gewahrsam genommen. Die Behörden hatten zum wiederholten Male radikale religiöse Literatur und gegen die Regierung gerichtetes Propagandamaterial in seinem Haus entdeckt.
Ilgar Mamedov, Politikwissenschaftler und Vorstandsmitglied der von George Soros finanzierten „Open Society Institute Assistance Foundation“ in Baku, bringt diese Aktivitäten der aserbaidschanischen Sicherheitsbehörde mit dem jüngsten Besuch des CIA Direktors General Michael Hayden in Aserbaidschan in Verbindung. Er hält es für möglich, dass die USA die nötigen geheimdienstlichen Informationen zur Durchführung der Aktionen gegen die Terroristen geliefert haben. „Höchstwahrscheinlich wurden bei dem Besuch des CIA Direktors Informationen über diese [radikalen] Gruppen an die aserbaidschanischen Sicherheitsdienste weitergegeben.“, sagte Mamedov.
Er lenkte die Aufmerksamkeit auf die Tatsache, dass Haydens Besuch kurz vor dem geplanten Beginn der Gerichtsverhandlung gegen eine andere pro- iranische, extremistische Gruppe stattfand, die in Aserbaidschan einen religiösen Staat auf Grundlage der Shar'ia schaffen will. Tatsächlich hatte die aserbaidschanische Sicherheitsbehörde am 10. September 2007 einen jungen Kleriker mitsamt seiner Anhängerschaft verhaftet. Eine erste Anhörung der 15 Mitglieder der Gruppe, benannt nach ihrem Leiter, Said Dadashbeyli, fand Ende September in Baku statt, wie die Nachrichtenagentur Turan am 1. Oktober berichtete. Nach BBC-Angaben sind Mitglieder der Gruppe wegen Hochverrats, illegalen Waffenbesitzes, illegalem Kontakt mit dem iranischen Geheimdienst, Raub und anderen Verbrechen angeklagt.
Das Ministerium für Nationale Sicherheit ließ durchblicken, dass der Aserbaidschaner Dadashbeyli, mit noch nicht öffentlich benannten, radikalen islamischen Organisationen und iranischen Geheimdienstagenten zusammenarbeite, um einen Gottesstaat in Aserbaidschan zu errichten. Die Angeklagten werden von der Staatsanwaltschaft beschuldigt eine militärische Gruppe, genannt die „Nördliche Armee des Mahdi“, geformt zu haben. Außerdem behaupteten die Staatsanwälte auch, dass eines der Gruppenmitglieder, Jeihun Alijew, in die heilige iranische Stadt Qom reiste, wo ihm von iranischen Agenten Geld und Waffen angeboten wurden. Wie die BBC am 29.09.2007 berichtete, sollte das Geld verwendet werden, um durch eine Propagandakampagne den westlichen und israelischen Einfluss in Aserbaidschan zu unterbinden.
Der Untersuchung zufolge wurden die Gruppenmitglieder im Iran militärisch ausgebildet. In Baku trainierten sie getarnt im Sportzentrum des Innenministeriums und hielten, nach Medienberichten religiöse Diskussionen im Rahmen der Gesellschaft für Kriegsinvalide aus dem Karabach-Konflikt. Aserbaidschanische Behörden bezichtigen Dadashbeyli darüber hinaus, mafiaähnliche Auftragsmorde ausgeführt zu haben, um Geld für die Aktivitäten der Gruppe zu sammeln. Dies war Berichten zufolge allerdings nicht das erste Mal, dass Gruppierungen verdächtigt wurden Spionage zu betreiben, bzw. als verlängerter Arm der iranischen Regierung zu operieren. Am 18.01.2007 wurde eine Gruppe von 16 Leuten aufgrund ähnlicher Anschuldigungen verhaftet. Auch 2005 wurden 12 Personen wegen eines Putschversuches eingesperrt. Nach Ansicht mancher Beobachter und Menschenrechtsgruppen instrumentalisiert Iljam Alijew Terroranschuldigungen auch gegen politische Gegner.
Weder die Gruppenmitglieder, noch die Regierung in Teheran haben sich bislang zu den Anschuldigungen geäußert. Der Prozess gegen die Gruppe wurde in Baku hinter verschlossenen Türen begonnen. Der vorsitzende Richter gab als Begründung für den Ausschluss der Öffentlichkeit an, dass „die Beziehungen mit den Nachbarstaaten Aserbaidschans nicht belastet werden sollten“ und vermied somit eine direkte Kritik am Iran.
Es scheint aber, dass die iranische Regierung nicht im gleichen Maße Wert auf Diskretion legt. Tabnak, eine den iranischen Diensten nahe stehende Nachrichtenagentur, berichtete kürzlich von der Solidarität der in Aserbaidschan ansässigen, so genannten „Islamischen Bewegung Nordirans“ unter der Führung von Aliakram Alijew. Dieser forderte nach dem Tod des libanesischen Hisbolla-Anhängers Moghnie, der vermutlich vom israelischen Geheimdienst getötet wurde, in einem Drohbrief an die aserbaidschanische Regierung unverblümt die diplomatischen Beziehungen zu Israel abzubrechen und deklarierte israelische Einrichtungen, falls diese nicht geschlossen würden, als potentielle Terrorziele.
Nach Angaben des Politologen Mammadov wird die aserbaidschanische Regierung im Kampf gegen den vom Iran angezettelten Terrorismus von den USA tatkräftig unterstützt. Er sagte diesbezüglich: „Normalerweise werden solche Fragen - Sicherheit, die Bekämpfung von Extremisten und terroristischen Gruppen - auf höchster Ebene zwischen beiden Regierungen diskutiert. Daher ist es möglich, dass Haydens Besuch irgendwie auch im Zusammenhang mit dem Prozess gegen diese religiöse Gruppierung steht“. Und weiter: „Es ist möglich, dass der Iran subversive Aktivitäten gegen Aserbaidschan betreibt und der CIA Direktor dieses Thema angesprochen hat.“
Die Differenzen zwischen dem Iran und Aserbaidschan lassen sich jedoch nicht einseitig auf die subversiven Aktivitäten des Irans reduzieren, vielmehr leistet Aserbaidschan durch eine subtile Annäherung an die USA und die damit untrennbar verbundene Einkreisung der Islamischen Republik einen großen Beitrag zu diesem Konflikt. Beispielsweise behaupten aserbaidschanische Medien und politische Analysten schon seit langem, dass Aserbaidschan als Basis für potentielle militärische Operation gegen den Iran dienen könnte. Die US-Regierung hat sich jedoch wiederholt geweigert, eine solche Möglichkeit zu kommentieren.
Zumindest die offiziellen aserbaidschanischen Behörden haben betont, dass sie kein Interesse daran haben, Teil einer Militäraktion gegen den Iran zu sein, einem Land, mit dem Aserbaidschan starke kulturelle und religiöse Beziehungen pflegt. Um dies zu bekräftigen, unterschrieben die Staatspräsidenten sogar in jüngster Vergangenheit, während des Gipfels der Anrainerstaaten des Kaspischen Meeres in Teheran, einen Vertrag, der besagt, dass keiner fremden Macht der militärische Zugang zu der Region gewährt werden dürfe.
Die Dementis überzeugen jedoch nicht alle Analysten. Musabekov schließt nicht aus, dass Hayden unter anderem deshalb nach Aserbaidschan reiste, um die Regierung in Baku durch neue geheimdienstliche Informationen zum Umdenken bezüglich eines möglichen Militärschlages gegen den Iran zu bewegen.
Diese Spekulationen wurden von regierungsnahen Politikern entschieden zurückgewiesen. Nach der Reise Haydens erklärte der Parlamentarier Aydin Mirzazade, Mitglied der regierenden Partei Yeni Aserbaidschan, dass er sich nicht an unangebrachten Spekulationen dieser Art beteiligen möchte. Ob diese Nachrichten nun Spekulationen sind oder der Wahrheit entsprechen – in Iran haben sie Reaktionen hervorgerufen.
Ungeachtet der Tatsache, dass sowohl Aserbaidschan als auch der Iran überwiegend von schiitischen Moslems bewohnt werden, unterstützt der fundamentalistische Iran aufgrund bestehender Probleme zwischen beiden Staaten, ganz pragmatisch den Gegner Aserbaidschans – Armenien. Der Iran will die US-Präsenz im Kaspischen Becken auf einem Minimalniveau halten, nimmt daher Aserbaidschan seine guten Beziehungen zu den USA und Israel übel und beschuldigt es, auch die NATO in die Region holen zu wollen.
Es ist daher nicht verwunderlich, dass der Iran seine militärische Zusammenarbeit mit Armenien gegen den ausdrücklichen Wunsch der Aserbaidschaner intensiviert. Ende 2007 hielt sich der iranische Verteidigungsminister Mustafa Mohammad Najar in Armeniens Hauptstadt Jerewan auf. Während seines Aufenthalts haben Armenien und der Iran einen Militärvertrag unterschrieben, in dem sich der Iran verpflichtet, die Logistik der armenischen Armee vollständig zu übernehmen. Dies deutet darauf hin, dass der Iran eine pragmatische und keinesfalls eine religiös bedingte Politik verfolgt.
Auch während der jüngsten Reise des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad nach Aserbaidschan kamen manche Differenzen zur Sprache, die die Gründe für das politische Verhalten Teherans erklären können. Eine dieser Diskrepanzen, die durch den iranischen Botschafter zur Sprache kam, ist das Problem der Radaranlage Gabala. Diese Radaranlage, die als Überbleibsel des sowjetischen Militärs in Aserbaidschan verblieben ist, wird zur Überwachung der Region vom Nahen Osten bis nach Nordafrika durch russische Raketenüberwachungseinheiten verwendet. In jüngster Zeit kam es im Verlauf der Verhandlungen zwischen den USA und Russland über die Aufstellung einer Radar- und Raketenabwehranlage in Polen und Tschechien zu einem Vorschlag von russischer Seite, dass Gabala gemeinsam mit den USA genutzt werden könnte.
Diesbezüglich hatte der iranische Botschafter in Baku in einem Interview mit einem Radiojournalisten des aserbaidschanischen Radiosenders Radio Asadlik, auf die Frage, ob diese mögliche Zusammenarbeit der Russen und Amerikaner die Iraner stört, gesagt: „Es müsste eigentlich die Aserbaidschaner stören, da Russland und die USA so tun, als wäre Aserbaidschan kein souveräner Staat. Wenn Aserbaidschan die Frage seiner Souveränität berücksichtigt, muss es sich auch über die politischen Konsequenzen solcher Aktionen seitens der USA und Russlands Gedanken machen.“ Er fuhr fort: „In der Geschichte der Beziehungen beider Republiken gab es immer Höhen und Tiefen. Wir betrachten die Frage der Radaranlage mit großer Sensibilität, weil wir den Frieden in Aserbaidschan und Iran erhalten möchten. Wir sind der Meinung, dass weder die aserbaidschanische Regierung, noch die aserbaidschanische Nation zulassen dürfen, unter dem Deckmantel der Sicherheit betrogen zu werden.“
Damit brachte der iranische Botschafter das Unbehagen seitens seiner Regierung in sehr diplomatischer Form zur Sprache. Weil aber die Diplomatie in solchen Fällen nur als Oberfläche substantieller militärischer Mittel betrachtet wird, unterstützt die iranische Regierung seit Jahren neben den Fundamentalisten auch andere gewaltbereite Regierungsgegner. Beispielsweise agiert der Dzhawadow-Klan, der Anfang Oktober 1994 in Baku einen Putschversuch unternommen hatte, seit Jahren vom Iran aus gegen Alijew und unterhält dort sogar eigene bewaffnete Formationen. Diese werden nach Angaben der „Österreichischen militärischen Zeitschrift“ vom iranischen Militär seit 2001 ausgebildet und für den Fall der Fälle in der Reserve gehalten.
Die iranische Aserbaidschan-Politik wird vor allem durch die Diskrepanzen zwischen dem Iran und den USA beeinflusst. Sie ist Bestandteil der iranischen US-Politik und fügt sich nahezu nahtlos ein in die Vorgehensweise gegenüber Afghanistan und dem Irak. Daher ist zu erwarten, dass die Spannungen zwischen Iran und Aserbaidschan weiter wachsen werden.
Die außenpolitischen Instrumente Teherans sind neben der Unterstützung Armeniens und der autonomen Republik Karabach, auch eine Subventionierung nationalistischer und fundamentalistischer Gruppierungen. Falls daher Aserbaidschan seine Neutralität aufgeben sollte, um als Militärbasis für die USA gegen Iran zu fungieren, wäre zu erwarten, dass die Spannungen neue Höhepunkte erreichen würden.
Die Alijews und ihr regierender Clan in Aserbaidschan wissen, dass sie nur mit Unterstützung seitens der iranischen Regierung aus der Republik Nahdzawan nach Baku gekommen sind. Dort setzten sie sich im innerstaatlichen Machtkampf gegen ihre Gegner durch. Das waren die anti-iranische Ilchibeji-Regierung, die von einem „Groß-Aserbaidschan“ geträumt hatte und Gebietsansprüche gegenüber den, von Aserbaidschanern bevölkerten Gebieten Nordirans erhob.
Die Frage lautet daher, warum der Iran im Falle wachsender Diskrepanzen nicht ihre Gegner unterstützen sollte. Insbesondere die in Aserbaidschan herrschende massive Vetternwirtschaft und Korruption, gelten als hervorragender Nährboden für eine gewaltorientierte Opposition, da unter solchen Umständen die Chancen für einen demokratischen Wandel nicht vorhanden sind. Die Zukunft der Republik Aserbaidschan steht daher unter dem Zeichen von Gewalt und eines zunehmenden religiösen Radikalismus.
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