Biennale für Moderne Kunst in Dakar ist wichtigstes Kunstforum in AfrikaBIENNALE

Überall und nirgends

Die 11. Biennale für Moderne Kunst in Dakar, die DAK Art, ist eines der wichtigsten Kunstforen in Afrika. Künstler, Kritiker, Käufer kommen hier zusammen. Der Markt für Moderne Kunst in Afrika ist sehr klein, deshalb ist der internationale Austausch für afrikanische Künstler lebenswichtig.

Von Tanja Hemme

Versteckt an einem Inselweg: Eine Sitzbank kreiert von Arielle Augry.
Versteckt an einem Inselweg: Eine Sitzbank kreiert von Arielle Augry.
Foto: Tanja Hemme

LKWs kommen an, es wird emsig gehämmert, Staub fliegt auf, überall liegen Bretter herum. Dakar, 8. Mai 2014 am frühen Morgen. Kein Schild deutet darauf hin, dass hier die bekannte westafrikanische Kunstschau DAK Art stattfindet. Genau an diesem Tag. Jetzt. Das „Village du Art“ gleicht einer ganz normalen Baustelle, kein Kunstwerk weit und breit – wäre dort nicht eine einsame junge Frau, die sich als Künstlerin herausstellt, und deprimiert berichtet, dass ihre Werke erst am heutigen Tag angekommen sind und nichts fertig ist.

Aber wir wären nicht in Afrika, wenn es hierfür keine Lösung geben würde. Anderorts käme es wegen dieser Umstände zu großer Aufregung und Schuldbezichtigungen aller Art, in Dakar wird die Eröffnung des Kunst-Dorfes einfach um einen Tag verlegt und da es verschiedene Ausstellungen über die Stadt verstreut gibt, wird die Eröffnung im Musée Théodore Monod um einen Tag vorgezogen.

Nichts geht heute mehr ohne Angela Merkel von Barkinado Bocoum.
Nichts geht heute mehr ohne Angela Merkel von Barkinado Bocoum.
Foto: Tanja Hemme

Nichts ist unmöglich

In diesem Jahr nehmen 61 Künstler an der bedeutenden Kunstschau teil. Die Zahl hat über die Jahre seit der erstmaligen Eröffnung im Jahr 1980 stetig zugenommen. Die diesjährigen Kuratoren sind Elise Atangana, Abdelkader Damani und Smooth Ugochukwu. Neben der Ausstellung im Village und im Monod Museum gibt es über die Stadt verteilt und an anderen Orten im Senegal weitere Ausstellungen. Das Konzept unterteilt sich so in zwei Teile, der „DAK IN“ und der „DAK OFF“, die offizielle Schau und die Veranstaltungen in der Umgebung. „OFF“-Orte sind teilweise nur sehr schwer oder gar nicht zu finden. Die Palette der Künstler ist breit gefächert und reicht von Malerei über Videokunst und Installationen bis hin zu Fotografie und Performance. Die Themen sind sowohl afrikanisch als auch globalisierter Natur.

Farbenfroh und kritisch kommt die Installation „Embouteillage“ von Momar Deck daher. Der Verkehrskollaps in afrikanischen Städten in Flaschenform. Sternenförmig fahren Hunderte von Miniaturautos auf ein Stadtzentrum zu, dargestellt durch umwickelte Flaschen. Die Straße wiederum hat auch die Form einer Flasche. Das pulsierende Leben geht im überbordenden Verkehr unter. Auch die Städte Afrikas kämpfen mit zunehmender Umweltverschmutzung. Die Materialien für das Werk sind Alltagsgegenstände: Flaschen, Plastik und Blech.

Verkehr total: Momar Seck“ Embouteillage“, 2013.
Verkehr total:  Momar Seck“ Embouteillage“, 2013.
Foto: Tanja Hemme

Aufregend und verstörend

Die amerikanische Künstlerin Simone Leigh beeindruckt mit der Videoinstallation „my dreams, my works must wait till after hell...“. Thema ist hier die Darstellung und Repräsentation des weiblichen Körpers – im Speziellen der schwarzen Frau. Gefilmt wird die Rückansicht eines auf dem Boden liegenden dunkelhäutigen Körpers einer Frau. Sie ist unbekleidet und der Kopf mit Steinen und Schutt bedeckt. Verletzlichkeit und Fragilität  prägen das Bild, ebenso Zerstörung und ein symbolhaftes Mundtot-Machen der weiblichen Stimme. Diese Videoinstallation kann man als Analogon zu Andy Warhols Film „Sleep“ aus dem Jahr 1963 betrachten. Dort wird auf einer Länge von fast sechs Stunden ein schlafender männlicher Körper gezeigt.

Die Kanzlerin ist auch im Bilde

Einer der angesagtesten senegalesischen Nachwuchskünstler ist Barkinado Bocoum.  „Pat, 2013“ heißt sein spannendstes Werk auf der Biennale. Diverse Staatsoberhäupter, darunter auch Angela Merkel, sind in einer Collage verwoben. Die geometrische Zerlegung der Realität in seinen Bildern ist Bocoums Markenzeichen. Machtspiele und das enge Verwobensein aller Kontinente miteinander zeigen sich hier. Jeder ist abhängig von jedem in der Politik beim Verteilungskampf um Einfluss, Reichtum und Vorherrschaft. Seine künstlerische Ausbildung erhielt Bocoum unter anderem in Deutschland. 2007 bekam er ein Stipendium des DAAD und ist mittlerweile zurück in seiner Heimat und einer der Hoffnungsträger der senegalesischen Kunstszene.

Unweit von Dakar befindet sich die kleine, aber feine Insel Ngor. Mit dem Taxi 15 Minuten Fahrt vom Zentrum und dann noch einmal fünf Minuten vom Strand mit einem kleinen überfüllten Motorboot zur Insel. Auf Ngor ist auch ein Teil der DAK OFF Ausstellungsorte zu finden.  Eine Oase der Ruhe im Gegensatz zum umtriebigen und lauten Dakar. Zum ersten Mal nimmt die französische Künstlerin Arielle Augry an der DAK Art teil. Aufwendige und farbenprächtige Mosaike produziert sie. Als einzelne Bilder, aber auch als komplette Ausgestaltung von Räumen – oder als Sitzmöbel.

Weibliches Verstummen von Simone Leigh und Chitra Ganesh.
Weibliches Verstummen von Simone Leigh und Chitra Ganesh.
Foto: Tanja Hemme

Gemischte Gefühle

Die Biennale als alle zwei Jahre stattfindende Kunstschau war ursprünglich die Idee eines Bürgermeisters von Venedig, der ab1895 alle zwei Jahre eine Weltausstellung der Bildenden Kunst unter dem Titel La Biennale di Venezia veranstalten ließ. Inzwischen sind 120 Jahre in die Welt gegangen und Biennalen gibt es viele. Die Qualität der DAK Art ist alles in allem schwankend. Einiges, insbesondere in der Malerei in den „OFF“-Stationen, grenzt an Beliebigkeit und wird dem Anspruch nicht wirklich gerecht. Zuträglich wäre auch für die Zukunft, die Schau unter ein Gesamtkonzept zu stellen, ein Motto, eine Richtung vorzugeben. So entsteht ein immer neuer Blickwinkel, der jeder zukünftigen Biennale neue Spannung gibt. Für das nationale und internationale Publikum entsteht ein Anreiz für einen erneuten Besuch. Nichtsdestotrotz ist die DAK Art eines der wichtigsten Kunstforen in Afrika. Künstler, Kritiker, Käufer kommen hier zusammen. Der Markt für Moderne Kunst in Afrika ist sehr klein, deshalb ist der internationale Austausch für afrikanische Künstler lebenswichtig.

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