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Staatsmarihuana und ein regulierter Glücksspielmarkt – das machen die Niederländer anders

Das machen die Niederländer anders

Niederlande: Das Kiffen ist schon lange erlaubt, das Glücksspiel soll auch in die Regulierung, damit es besser kontrolliert werden kann.

Von EM Redaktion | 15.12.2019

Die sprichwörtliche Freundlichkeit und Offenheit der Niederländer hinterlässt bei vielen Besuchern einen besonderen Eindruck. Die Holländer müssen sich nicht hinter anderen Ländern verstecken, die als besonders gastfreundlich gelten, wie etwa Portugal, Taiwan, Mexiko oder Kambodscha, wenn es darum geht, Fremde aufzunehmen. Besonders geschätzt wird es, wenn man in den Straßen, auf den Fahrradwegen oder in den Dünen für die entgegen kommenden Personen ein Hoi oder Dag (wie Dach aussprechen) übrig hat.

In dieser Beziehung unterscheiden sich die Niederlande nicht von anderen, freundlichen Völkern, in dieser jedoch schon: Das Kiffen ist schon lange erlaubt, das Glücksspiel soll auch in die Regulierung, damit es besser kontrolliert werden kann. Denn was mit weichen Drogen gut funktioniert, kann für das Spielen ja nicht falsch sein. Wir werfen einen Blick auf die aktuellen Entwicklungen.

Was bedeutet „Staatsmarihuana“ in den Niederlanden?

In Bezug auf die Drogenpolitik fahren die Niederlande schon lange einen recht liberalen Kurs. Dieser diente unter anderem dazu, die Kontrolle zu behalten und Konsumenten von weichen Drogen nicht in die Illegalität zu drängen. Insgesamt kann man sagen, dass die Drogenpolitik recht erfolgreich war. Insgesamt wurden weniger Drogen konsumiert als in den Nachbarländern und auch der Konsum von Cannabis – jener weichen Drogen, die in den sogenannten Coffee Shops legal gekauft werden konnte – war nicht höher als im europäischen Durchschnitt. Die Infektionen mit HIV waren auf ein niedriges Maß zurückgegangen, denn der intravenöse Drogenkonsum hatte eine vergleichsweise niedrige Bedeutung. Das ändert sich jedoch seit einigen Jahren.

Änderungen der Drogenpolitik

Die Politik der Coffeeshops hatte jedoch auch Schwächen praktischer Natur. Zwar durfte Cannabis verkauft und konsumiert werden und auch der Besitz von bis zu 5 Gramm waren legal, doch der Anbau war weiterhin illegal. Die Betreiber der Coffeeshops waren also darauf angewiesen, mit Dealern zusammenzuarbeiten und an der Hintertür Geschäfte zu machen. Auch der Drogentourismus war vielen Verantwortlichen ein Dorn im Auge und sorgte als Hauptkritikpunkt dafür, dass demnächst alles anders laufen soll.

Zwar wurde der Kauf von Cannabis an Ausländer bereits 2011 eingeschränkt, als die niederländische Regierung ein Gesetz erließ, demzufolge nur noch Niederländer in Coffeeshops einkaufen dürfen – doch das genügte manchen Politikern noch nicht. Sie wünschen sich noch mehr Kontrolle über die Shops, die auch den Anbau und die Qualität des Stoffes umfasst.

Ein neues Projekt soll sich beweisen

Ab 2021 startet in zehn niederländischen Städten ein Pilotprojekt mit sogenanntem „Staatsmarihuana“, also staatlich und somit legal angebautem Cannabis. Insgesamt nehmen 79 der insgesamt 560 Coffeeshops teil, die ab dem Start nur noch das behördlich genehmigte Rauschmittel verkaufen dürfen. Die Regierung erhofft sich durch das Experiment, die Drogenkriminalität und gesundheitliche Schäden durch mangelnde Qualität des Cannabis weiter einzuschränken.

Was hat es mit der Glücksspiellegalisierung in den Niederlanden auf sich?

Auch in Bezug auf Glücksspiel könnten die Niederlande zu einem Vorbild für die Nachbarstaaten werden. Das Thema Online Glücksspiele ist vielerorts noch unreguliert. In Deutschland ist es etwa verboten, das Verbot wird jedoch durch europäisches Recht ausgestochen. Auch in den Niederlanden ist Online-Glücksspiel bislang illegal. Die meisten Online-Casinos sind in europäischen Staaten lizenziert, wie man auf dieser Seite nachlesen kann. In den Niederlanden soll sich das jetzt ändern. Bereits im Februar 2019 wurde der Remote Gambling Act verabschiedet. Das Ziel: Die Wett- und Glücksspielgesetze zu modernisieren und an die aktuellen Gegebenheiten anpassen. Immerhin ist es ein Fakt, dass das Online-Glücksspiel nicht verboten werden kann, weil die Spieler dann einfach auf andere Server ausweichen. Im Gegenteil steigen die Umsätze jedes Jahr, nur die Staatskasse bekommt von diesem Kuchen nichts ab.

Eigene niederländische Lizenzen sollen vergeben werden

Es sollen eigene Lizenzen vergeben werden, für die Anbieter sich bewerben können, sodass ab Januar 2021 ein regulierter Online-Glücksspielmarkt eröffnet werden kann. Der Vorteil wäre, dass sich die Betreiber, die eine Lizenz erhalten wollen, an strengere Auflagen halten und sich Kontrollen unterwerfen müssten. Damit können Spieler besser geschützt werden und der Staat könnte mit zusätzlichen Einnahmen rechnen. Das Online-Glücksspiel ist ein wachsender Markt, in dem jährlich mehrere Milliarden Euro umgesetzt werden.

Für welche Spiele sollen die Lizenzen vergeben werden?

Das Bewerbungsverfahren für die neuen Lizenzen soll voraussichtlich ab Juli 2020 beginnen. Betroffen sich vier verschiedene Arten von Spielen:

Schon der Antrag selbst ist eine kostspielige Angelegenheit, er schlägt nämlich mit 45.000 Euro zu Buche, die auch bei einer Absage nicht erstattet werden. Die Antragsteller sollen genau unter die Lupe genommen werden. Wer sich in der Vergangenheit strafbar gemacht oder Steuern hinterzogen hat, wird es schwer haben, eine Genehmigung zu bekommen.

Die Konzepte werden genau geprüft

Jeder Betreiber muss ein ausführliches Konzept vorlegen, in dem er etwa festgehalten hat, welche Schulungen seine Mitarbeiter rund um das niederländische Glücksspielgesetz bekommen, wie er Minderjährige vom Zugriff abhalten will und welche Präventionsmaßnahmen gegen Spielsucht geplant sind. Auch im Bereich der Werbung haben die Verantwortlichen das Vorgehen der Antrag stellenden Betreiber fest im Blick. Es darf keine irreführende oder aggressive Werbung eingesetzt werden, um Kunden in das Casino zu locken. Die Ansprache gefährdeter Gruppen mit der Werbung muss vermieden werden.

Die Niederlande als Vorbild?

2021 soll es so weit sein: Dann können die Niederlande zeigen, ob sie durch ihren neuen Weg zu mehr Kontrolle und Einfluss – und höheren Steuereinnahmen – gelangen können. Eventuell haben sie dann eine Vorreiterrolle etwa für Deutschland eingenommen, das seine Gesetze bisher nicht an die neuen, digitalen Gegebenheiten anpassen konnte.

Niederlande Wirtschaft Kultur

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