„Reisende in Arabien – 25 v. Chr. – 2000 n. Chr.“ Hrsg. von Ulrike KellerGELESEN

„Reisende in Arabien – 25 v. Chr. – 2000 n. Chr.“ Hrsg. von Ulrike Keller

Wien 2002, 239 Seiten mit 33 Berichten aus zwei Jahrtausenden, 17,90 Euro, Promedia Druck- und Verlagsgesellschaft Wien, ISBN 3-85371-193-6.

Von Eberhart Wagenknecht

 
Reisende in Arabien – 25 v. Chr. – 2000 n. Chr. 

EM – Es mutet eigenartig an, in diesen Frühlingstagen des Jahres 2003 Berichte zu lesen, die von historischen Geschehnissen auf der arabischen Halbinsel berichten. Dies vor allem deshalb, weil sie zwar 2000 Jahre zurückliegen, aber doch so viel Ähnlichkeit mit dem haben, was sich in unseren Tagen dort abspielt. Schon vor mehr als zwei Jahrtausenden ging es auswärtigen Mächten um wertvolle Schätze, mit denen das „Glückliche Arabien“ so reich gesegnet ist: Zum Beispiel Kupfer, Gewürze und wertvolle Steine. Von Erdöl war zu dieser Zeit, lange vor Erfindung des Verbrennungsmotors, noch nicht die Rede.

In den Jahren 25 bis 24 v. Chr. unternahm der römische Feldherr Aelius Gallus auf Geheiß von Cäsar Augustus einen Feldzug gegen die Araber. Ägypten war bereits erobert und Gallus sollte in die benachbarten arabischen Gebiete zwischen dem Hedschas und der Golfküste vorstoßen. Der Kaiser in Rom hatte beschlossen, sich die dort lebenden „Völker, die seit alter Zeit im Rufe großer Schätze standen [...] entweder zu Freunden zu machen oder zu unterwerfen“, wie der griechische Historiker und Geograph Strabo (auch Strabon, 63 v. Chr. bis 28 n. Chr.) schreibt. In seinem Bericht von den damaligen Ereignissen heißt es, die Araber seien keine großen Krieger, „sondern bessere Krämer und Kaufleute“. Aber sie hätten mit viel „Hinterlist“ die Römer „betrogen“, ihnen mit irreführenden Wegbeschreibungen durch die Wüste Mühsal bereitet und Verluste beigebracht. Was passierte, wenn es doch einmal zu einer Schlacht zwischen Römern und Arabern kam, schildert Strabo in folgender Szene: „Als sich die Barbaren auf Kampf einließen, fielen von ihnen gegen zehntausend, von den Römern aber zwei Mann; denn diese völlig unkriegerischen Menschen verstanden nichts vom Gebrauch der Waffen, nämlich Bogen, Lanzen, Schwerter und Schleudern.“

Geschichte wiederholt sich nicht? Natürlich nicht. Aber manchmal ähnelt sie sich schon ganz frappierend.

Am Ende des Sammelbandes steht ein Bericht mit dem Titel „Die Ölquellen brennen“. Er stammt aus dem Jahr 1991. Zwei Journalisten beschreiben, wie nach dem ersten Golfkrieg, der unter dem amerikanischen Präsidenten Georg Bush sen. geführt wurde, texanische Spezialisten in monatelangen Einsätzen von die von den Irakern unter Saddam Hussein in Brand gesteckten Ölförderanlagen in Kuwait löschten..

Zwischen dem arabischen Feldzug Roms und dem Golfkrieg der USA liegen rund 2000 Jahre. Und in all der Zeit wird immer wieder über Kriege gegen die Araber berichtet. Ibn Dschubair, ein spanischer Maure aus Valencia, schreibt im Jahre 1183 über eine Begebenheit zur Zeit der Kreuzzüge, in der am Ende ausnahmsweise einmal nicht die Araber die Unterlegenen waren. Der Kreuzritter Rainald von Chatillon hatte sich zu dieser Zeit einen Ruf als besonders grausamer Feind der Muslime erworben. Unzählige Pilgerkarawanen soll er überfallen und jeden Waffenstillstand gebrochen haben. „Als größte Missetat gilt den Muslimen sein Angriff über See auf Mekka und Medina“ (Ulrike Keller). Ibn Dschubair schreibt darüber: „Sie suchten den Hadsch-Pilgern den Seeweg zu verlegen [...], kamen ins Meer von Jemen und verbrannten dort 16 Schiffe [...]. Zu Lande bemächtigten sie sich ebenfalls einer starken [...] Karawane, deren Reisende sie alle töteten, ohne auch nur einen am Leben zu lassen [...] Das Schrecklichste, was man hören konnte, war, daß sie die Absicht hegten, in die Stadt des Propheten einzudringen und ihn aus seinem heiligen Grabe zu entführen.“ Doch es kam anders, wie der Chronist zu berichten weiß. „Allah züchtigte sie“: „Sie waren keine Tagesreise mehr von Medina entfernt, als er ihre Bosheit rächte.“ Die christlichen Kreuzfahrer wurden mit ihren eigenen Waffen geschlagen: Schiffe der Araber, bemannt mit Matrosen aus dem Maghreb, griffen sie erfolgreich an und nahmen sie nach einem Gemetzel gefangen. Sie wurden nach „Mekka und Medina gebracht“, schreibt Dschubair, „um dort hingerichtet zu werden. Allah hatte durch sein Eingreifen den Islam beschützt und durch diese Großtat die Gemüter der Muslime beruhigt; Lob ihm, dem Herrn der Welten!“

Rainald von Chatillon war nicht unter den Gefangenen. Sultan Saladin (siehe EM 02-03 DIE KURDEN), der damals an vorderster Front gegen die Kreuzritter kämpfte, schwor ihn in seine Gewalt zu bringen und eigenhändig zu töten. Dieses Gelübde hat er vier Jahre später bei der Rückeroberung Jerusalems durch die Muslime erfüllt.

Zwischen all den Berichten über kriegerische Auseinandersetzungen, bekommt man als Leser auch eine Fülle von Informationen über das Leben und die Kultur Arabiens. Zum Beispiel in einem Bericht von Carsten Niebuhr über die arabischen Kaffeegärten. Niebuhr, Bauernsohn und Vermesssungsingenieur aus Dithmarschen in Schleswig-Holstein „ist der berühmteste aller Arabienreisenden“, schreibt die Herausgeberin. „Seine lebendigen Berichte, mit Unvoreingenommenheit und trockenem Humor geschrieben“ würden auch heute noch geschätzt und immer wieder nachgedruckt. In den „Kaffeegärten“ (1763) schildert er zum Beispiel die bunte Kleidung der Araberinnen in den Bergen östlich Beit el-Fakih. Sie würden nicht so „eingeschränkt gehalten“ wie „Mohammedanerinnen in den Städten“ und hätten unverschleiert mit den Europäern gesprochen hätten.

In einem der längeren Beiträge (14 Seiten) aus dem Jahre 1877 schildert der Brite Charles Doughty das Leben der Beduinen. Immer dann, wenn die Frauen des Scheichs bei Tagesanbruch das Zelt abbrächen, sei dies das Zeichen zum Aufbruch für alle. Es beginne die „Rahla“. Das Nomadendorf ziehe weiter. „Die Frauen steigen mit ihrem Gepäck auf die Kamele“, schreibt Asad. Die Männer hätten statt dessen nur Schwert oder Flinte hinter sich am Sattel hängen und lange Lanzen in den Händen. So folgten sie dem Scheich.

1927 berichtet Muhammad Asad über eine Pilgerfahrt. Die bewegende Geschichte verrät den intimen Kenner des Islam. Asad (1900 – 1992) hieß eigentlich Leopold Weis und war gebürtiger Pole. Er ging als Journalist in den Nahen Osten, wurde pakistanischer Gesandter bei den Vereinten Nationen. Im Islam fand er schließlich „den geistigen Sinn des Seins“ und eine „Vernunft des Herzens“.

Wie es war, als 1962 die erste Schiffsladung Öl den Hafen von Abu Dhabi in Richtung Westen verließ, beschreibt Hugh Boustead. Er war Vertreter der britischen Regierung und schildert das neue Zeitalter in den Arabischen Emiraten unter dem Titel „Die Berater kommen“.

Was die Geographin Ulrike Keller zusammengetragen hat, „ist ein Buch zum Schmökern für Touristen und Daheimgebliebene, ein Buch für kulturhistorisch und politisch Interessierte mit einem Hauch von Abenteuer“. So der Klappentext - und ihm ist durchaus zuzustimmen.

Arabien Rezension

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