DIE GRIECHENEURASIEN HISTORISCH

DIE GRIECHEN

DIE GRIECHEN

Nach zweieinhalb Jahrtausenden kehren die Olympischen Spiele im August 2004 wieder nach Griechenland zuruck. Das EU-Mitglied ist heute nur eine unauffällige Mittelmacht auf dem Balkan. Seine wahre Bedeutung liegt in der Vergangenheit. Das antike griechische Erbe hat die abendländische Welt entscheidend geprägt und alle Zeiten uberdauert.

Von Hans Wagner

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Touristenattraktion Akropolis in Athen  

EM – Die Geschichte der Griechen ist im wahrstenSinne des Wortes sagenhaft. Wenn irgendwo dieses Attribut voll und ganz passendist, dann hier. Die „alten Griechen“ stammen der Sage nach voneinem Urahn namens Hellen ab. Als dessen Eltern gelten Deukalion und Pyrrah.Die beiden sollen die einzigen Überlebendender großen Sintflut gewesen sein, die von Göttervater Zeus überdie Menschen verhängt worden war. Deukalion, Sohn des an den Felsen geschmiedetenHalbgottes Prometheus, und seine Frau waren nach der großen, alles vernichtendenFlut beauftragt, die Erde wieder zu bevölkern.

Aus der Katastrophe der Sintflut, von der auch in anderen Mythen und Kulturenals Zäsur menschlicher Entwicklung berichtet wird, gingen in der griechischenSagenwelt die „Hellenen“ hervor. Das Land, in dem sie lebten, nanntensie Hellas. Hellen war mit der Nymphe Orseis vermählt. Von den Söhnendes Paars und deren Nachkommen leiten sich die drei griechischen Hauptstämmeab: Von Aiolos die Aioler, von Doros die Dorier und vom Enkel Ion die Ionier.

Von vielen Völkern weiß die Nachwelt nur durch Berichte der Griechen

Die Griechen waren in der Antike unbestritten das Land der Dichter und Denker.Sie schrieben und dichteten über sich und andere. Von vielen Völkernweiß die Nachwelt nahezu ausschließlich durch die Epen und Dramender Dichter Griechenlands. Das gilt zum Beispiel in ganz besonderem Maßefür die Skythen. Dieses Volk nomadischer Steppenreiter hat selbst keinerleischriftliche Aufzeichnungen hinterlassen.

Sie hatten sich selbst „Skoloten“ genannt, berichten die griechischenGeschichtsschreiber. Doch da alles, was man über sie weiß, vor allemin griechischer Zunge und Sprache überliefert ist, gingen sie nicht einmalmit ihrem eigenen Namen, sondern als „Skythen“ in die Annalen derGeschichte ein. Skythen wurden sie von den Griechen genannt, deren Gelehrte – vorallem Herodot und Hippokrates - über das Leben dieses Volkes in vielenEinzelheiten berichtet haben. Durch sie wissen wir, wo das Volk der Skythenherkam, welche Sitten es kannte und wie skythische Reiter kämpften. (SieheEM 01-04 DIE SKYTHEN).

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  Ein Traum von Griechenland: Die Vulkaninsel Santorini

Auch den Ruhm eines benachbarten indogermanischen Volkes, über derenfrühe Geschichte ebenfalls keine eigenen Überlieferungen vorliegen,haben Griechen der Nachwelt übermittelt. Dadurch wurden auch diese nichtunter ihrem Namen „Iranier“ populär und weltberühmt,sondern unter der Bezeichnung, die ihnen von den Griechen verliehen wordenwar: als Perser. Nachdem ihre Hauptstadt Parsa in den Perserkriegen 330 v.Chr. vom griechischen Heer Alexanders des Großen eingenommen und zerstörtworden war, nannten die Eroberer sie nur noch auf griechisch Persepolis – soheißt die Ruinenstadt im Iran bis auf den heutigen Tag. Griechische Dramatikerhielten die Erinnerung an die großen Perser der Antike lebendig. Dergriechische Dichter Aischylos widmete sich den geschlagenen Feinden und ihremKönig Xerxes in einem Stück „Die Perser“. Es steht alserste vollständig überlieferte Tragödie am Anfang der westlichenDramengeschichte.

Geschichte wird von den Siegern geschrieben

Geschichte wird immer von den Siegern geschrieben. Das mußten letztlichauch die Griechen erfahren. Seit dem achten Jahrhundert v. Chr. hatten siesich „Hellenen“ genannt und ihre Staatenwelt als „Hellas“ bezeichnet.Als das aufstrebende Rom in den letzten vorchristlichen Jahrhunderten allmählichdas Erbe des antiken Hellas antrat, nannten die Eroberer es Graecia und seineBewohner bezeichneten sie als Graeci. Unter diesen Namen, als Griechen undGriechenland, ist das Volk der Hellenen mit seiner Götterwelt und seinenHeldensagen heute der Welt bekannt.

Die Bedeutung der Griechen liegt nicht darin, wie das benachbarte Persien,wie Rom und andere imperiale Staaten nach ihnen, ein kollossales Weltreicherobert und beherrscht zu haben. Das war, wie die griechische Geschichte zeigt,ihre Stärke nicht. Aber der Einfluß der Griechen und Griechenlandsgeht weit über den vieler späterer Imperien hinaus. Griechenlandhat ein Imperium des Geistes geschaffen und hinterlassen, von dem die Weltnoch heute zehrt und erfüllt ist.

Ohne die herkulische Erscheinung des Pythagoras von Samos (er errang alserster zwölf Siege in Olympia) ist moderne Philosophie, Harmonielehreund Mathematik kaum denkbar. Und ohne Thales von Milet kann man sich die Geometrienicht vorstellen. Aber auch nicht die Philosophie. Platon zählte ihn zuden sieben Weisen des Altertums.

Allein wenn man die unzähligen bekannten Namen und Gestalten aus dergriechischen Geisteswelt Revue passieren läßt, wird sofort deutlich,wie tiefgehend das „Abendland“ durch diese alten Griechen geprägtist. Man denke an Hippokrates, den bekanntesten unter den Urvätern derMedizin, auf dessen Eid noch heute jeder Arzt verpflichtet wird. An Homer,Herodot, Platon, Aristoteles, Perikles, Aischylos, Sophokles, Euripides, Aristophanes,Sokrates.

Die griechischen Götter- und Heldensagen sind Kulturgut der ganzen Menschheit

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Beliebtes Fotomotiv: Götterstatuen in Olympia 

Wenn heute in der Sportwelt, vor allem im Boulevardjournalismus so gernevon einem X- oder Y-Titan die Rede ist, weiß kaum jemand, was er da zitiert.Er benutzt Begriffe aus der ältesten Schicht der griechischen Mythologie.Karl Kerényi, der wohl beste Kenner dieser Materie schreibt überdie Titanengeschichten der Griechen: „Der Name Titan [...] ist am längstenan der Sonne haften geblieben und scheint ursprünglich der hohe Titelvon Himmelsgöttern gewesen zu sein, doch von sehr alten, noch keinen Gesetzenunterworfenen, wilden Himmelsgöttern.“ Titanen seien in diesen Geschichtenkeine Sieger, sie trügen ganz im Gegenteil tragische Züge. Kerényi: „DieTitanen waren solche Götter, die nur in der Mythologie eine Rolle spielten.Ihre Rolle ist – selbst wenn scheinbare Siege dem endgültigen Schluß derGeschichten vorausgehen - immer die Rolle des Unterlegenen. Diese Unterlegenentrugen die Züge einer älteren männlichen Generation, Zügevon Ahnen, deren gefährliche Eigenschaften in den Nachkommen wiederkehren.“ -Die Titanin Rhea vermählte sich mit ihrem eigenen Bruder und gebar denspäteren Göttervater Zeus.

Doch nicht nur Götter- und Titanenkämpfe sind uns aus der griechischenMythologie überliefert. Wenn auch meist in anderem Zusammenhang, sprechenwir bis heute vom Chaos, mit dem die griechische Mythologie den Urzustand desblauen Planeten bezeichnete und aus welchem die Erdgöttin Gaia die Erdeerschuf. Der Liebesgott Eros ist griechisch und die Giganten sind es, die schlangenbekränztenUngeheuer der Gorgonen und der herrliche Adonis. Leda, Athene und der HirtengottPan haben auch in unserer Zeit immer Konjunktur. Wir verfilmen die Heroen desTrojanischen Krieges, und unsere Virusprogramme isolieren Computerschädlinge,die wir als Trojanische Pferde bezeichnen. Kentauren, Nymphen und Satyrn bevölkernesoterische Geschichten und Sience-Fiction-Texte. Politiker warnen bis zumheutigen Tag, die Gegenseite möge die Büchse der Pandora gefälligstverschlossen lassen. Und gegenseitig werfen sie sich vor, man müßteden sagenhaften Augeias-Stall ihrer fehlerhaften Entscheidungen endlich ausmisten.

Für den deutschen Sprachraum hat Gustav Schwab, ein jüngerer Zeitgenosseder Gebrüder Grimm, 1840 eine berühmte Sammlung antiker Sagen herausgegeben.Unter dem Titel „Die schönsten Sagen des klassischen Altertums“ (englische Übersetzung „Godsand Heroes“) blieb sie bis heute das umfangreichste und vollständigsteWerk dieser Art. Aus den verschiedensten antiken Quellen hat Schwab akribischdas gesamte überlieferte Sagengut zusammengetragen und eindrucksvoll nacherzählt.Sein Buch ist das deutschsprachige Standardwerk zur griechischen Mythologie.

Von Göttervater Zeus und seiner dritten Gattin Hera, vom Zeus-Sohn,dem bogenbewehrten Sonnen- und Musengott Apollon, vom Boten- und HändlergottHermes, von der „schaumgeborenen“ Liebesgöttin Aphrodite berichtendie griechischen Sagen. Und von der Unterwelt des Hades, von Prometheus, derauf Befehl von Zeus an den Kaukasus geschmiedet wurde, von den sagenhaftenArgonauten, von Herakles, Theseus, Ödipus, der schönen Helena, Achilles,sowie den bewegenden Irrfahrten des Odysseus.

Titanen, Götter, Helden und Dichter - die Religionder Griechen

Die Religion der Griechen entstand aus einer Verschmelzung von Mythen undKulten der ansässigen vorgriechischen Bevölkerung und denen der Einwanderer.Die Verehrung der Naturkräfte, wie sie typisch war für indogermanischeVölker, entwickelte sich bei den Griechen zu der bereits apostrophiertenpolytheistischen Götter- und Sagenwelt. Anders als die Christen, Judenund Muslime glaubten die Hellenen nicht an einen Gott, sondern an eine Vielzahlvon Göttern, die in ihrer Gesamtheit eine große Familie bildeten.

Sie umfaßte eine für heute lebende Menschen verwirrende Vielfaltvon persönlich gedachten Göttern, die man in vielerlei Form als Statuendarstellte. Dazu kamen scharenweise niederere Naturwesen, die zum Teil auchnur lokale Bedeutung hatten. Oft vermischte sich die Verehrung solcher lokalerGottheiten mit der von Halbgöttern, den sogenannten Heroen, den Helden.Hier ragt besonders Herakles heraus, ein Sohn des Zeus. Sein Name bedeutetauf Griechisch „Ruhm der Hera”. Auf Lateinisch heißt er Hercules,zu deutsch Herkules. Er ist der bekannteste und meistverehrte Held des Altertums.Er war göttlicher Abkunft, besaß übermenschliche Körperkräfteund Heldenmut. Außerdem war Herakles in sämtlichen Künstenzu Hause und mit einer enormen Zeugungskraft gesegnet. Er bestand unzähligeKämpfe, seine Fahrten führten ihn hinab in die Unterwelt (Hades),aus der er immer wieder glücklich zurückkehrte.

Eine ganze Reihe von griechischen Orten beanspruchen den Ruhm, sich auf Heraklesals ihren Gründer berufen zu können. Der griechische Dichter Varroberichtet von 44 lokalen Heldenfiguren mit dem Namen Herakles, die als Herosoder auch als Gott verehrt wurden. Herakles wird meistens mit Keule und Löwenfelldargestellt, in kniender Stellung, kämpfend mit dem Drachen Ladon.Seine Gestalt wurde schließlich vergöttlicht und in das griechischePantheon aufgenommen, den Tempel für die Gesamtheit aller Götter.

Die göttliche Familie der Griechen trägt sehr menschliche Züge

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  Griechenland

Sitz der griechischen Götter ist der schneebedeckte Olymp im NordenGriechenlands. Auf diesem Heiligen Berg bildeten sie in der menschlichen Vorstellungeinen Götterstaat. Die alten Griechen dachten sie sich als mächtige,unsterbliche Menschen. Das „Gemeinwesen“, das diese Gottgestaltenbildeten, ähnelte dem, das auch in der griechischen Realität vorherrschte – malvertrugen sich die Götter und lebten durchaus „demokratisch“ zusammen,mal herrschten einzelne als Tyrannen. In den Sagen, die sich die Menschen vonihren Göttern erzählten, sind List und Intrige an der Tagesordnung.Da geht es durchaus irdisch zu.

Das Oberhaupt der Götterfamile war Zeus. Er war nicht nur der Vateraller Götter, sondern auch der Vater aller Menschen. Daneben fungierteer als Gott des Schicksals, wozu ihm eine Waage als Symbol diente und als Beschützerder Stadt, der griechischen Polis. Auch für die Eigenarten des Wetterswar er verantwortlich. Seine unfehlbaren Waffen waren seine Donnerkeile. DerSage nach hatte Zeus das Licht der Welt auf der Insel Kreta erblickt. SeineEhefrau Hera war die Herrscherin des Himmels und die Beschützerin derEhe. Zu ihren wichtigsten Charaktereigenschaften gehörte die Tugendhaftigkeit.Ihr Ehemann Zeus hielt es damit nicht so genau. Er war in unzählige Liebschaftenverwickelt, weshalb Hera oft als zürnende oder verhärmte Ehefraudargestellt wird.

Athene war eine Tochter des Zeus. Wie der Name schon vermuten läßt,wachte sie als Schutzgöttin über die Stadt Athen. Sie war nebenbeiauch die Schutzgöttin des Krieges, der Weisheit und der Künste. Atheneerblickte nicht auf gewöhnliche Art und Weise das Licht der Welt. Sieentsprang der Sage nach erwachsen und kriegerisch dem Haupt des Zeus. Um siezu ehren, wurden zahlreiche Tempel errichtet, vor allem in Athen.

Das Chaos der griechischen Götterwelt entspricht dem auf Erden

In ihren Epen lassen die Dichter die Geschlechter der Götter aus demChaos entstehen. Sie besiegen die Titanen und sind einem bestimmten Schicksalunterworfen, ganz ähnlich sterblicher Menschen.

Einen geschlossenen Priesterstand, wie etwa den christlichen Klerus, gabes in Griechenland nicht. Jedes der Heiligtümer, ob es nun Apollon oderHera, Zeus oder Aphrodite geweiht war, hatte eigene Priesterinnen und Priester.Neben der Vielzahl solcher Weihestätten und Götter verwirrt die sichteilweise widersprechende Darstellung der mythischen Gestalten. Das ist erklärlich,denn - wie wohl überall -, wandelten sich über den langen ZeitraumMachtverhältnisse und Weltanschauung. Solche Veränderungen, die auchdurch Einflüsse aus der Berührung mit anderen Kulturen resultierten,gingen an der großen Götterfamilie nicht spurlos vorüber. MonotheistischeReligionen und Weltanschauungen sind demgegenüber weitaus beständiger.In der griechischen Götterwelt dagegen ging es oft sehr menschlich zu.

Es hat keineswegs alles mit den Griechen begonnen

Sehr vieles aus der altgriechischen Geisteswelt und ihren Mythen ist bisauf den heutigen Tag zumindest in unserem Sprachschatz präsent. Allerdingshat keineswegs alles mit den Griechen begonnen. Sie haben, wie Walter Burkertin seinem Buch „Die Griechen und der Orient“ überzeugend darlegt,die frühen Hochkulturen des alten Orients in Ägypten und Mesopotamienbeerbt und dem Abendland deren Schätze überliefert.

„Die frühesten Hochkulturen hatten sich östlich und südlichvon Griechenland gebildet, in Mesopotamien und Ägypten“, schreibtBurkert. Was diese Kulturen auszeichnete, sei eine „hohe gesellschaftlicheund wirtschaftliche Organisation mit selbstverständlichem Schriftgebrauch“ gewesenund ein „Macht- und Wirtschaftssystem, das seine Zentren in den Königenund Tempeln“ gefunden habe. In der mittleren und späten Bronzezeit,etwa im zweiten Jahrtausend v. Chr., habe das östliche Kultursystem nachEuropa übergegriffen. Burkert: „Mit der minoischen Kultur des altenKretas entstand die erste europäische Hochkultur, weithin in vergleichbaremStil mit Palästen als Zentren der Macht und der Wirtschaft“, undmit einer eigenen Silbenschrift. Das Festland sei mit leichter Verspätungdieser Entwicklung gefolgt, indem es die mykenische Kultur hervorgebracht habe.Diese habe eine weiterentwickelte Silbenschrift verwendet. Diese stündein ihrer Bedeutung für die Kultur der Griechen „weit über allenanderen Anregungen und Importen aus dem Orient“, schreibt Burkert. Ausden Aufzeichnungen der Mykener gehe hervor, daß diese bereits griechischgesprochen haben. Das Zentrum der Zivilisation habe sich nun vom Nahen Ostenin den mediterranen Bereich verschoben. „Die östlichsten im nahenWesten aber waren die Griechen; sie hatten ihre Chance, ihr Glück, ihrWunder.“

Die Griechen begannen „sich energisch am Mittelmeerhandel zu beteiligen“,schreibt Burkert, und natürlich seien dadurch auch Handwerker der östlichenKulturen nach Griechenland gelangt und hätten deren Errungenschaften mitgebracht,die „große Steinarchitektur, Bronzearbeiten, auch Elfenbeinschnitzereien,Terrakotta-Matrizen.“ Selbst das bis dahin unbekannte Liegen beim Gelagehabe sich vom kleinasischen Lydien über das nordgriechische Ionien inganz Griechenland ausgebreitet.

Platon sagte über die Einflüsse aus dem Osten, der den Griechenja als „barbarisch“ galt, weil man dort nicht in ihrer Sprachesprach: „Was immer die Griechen von den Barbaren übernehmen, arbeitensie in schönerer Weise aus.“ Das klingt einer Entschuldigung nichtunähnlich. Die Feststellung sollte aber wohl dazu dienen, den Eindruckdes bloßen Nachmachens erst gar nicht aufkommen zu lassen.

Kleinasien und die Balkanhalbinsel mit den Inseln des ÄgäischenMeeres sind die Brücke, über die den Völkern Europas das Erbeder altorientalen Kultur zuteil wurde. Vom Orient stammt u.a. die Kenntnisdes Getreidebaus, der Metalle Kupfer, Bronze, Eisen, der Typus des rechteckigenWohnhauses mit Vorhalle - griechisch: Megaron - , die Steinbaukunst, die Stadtals Siedlungsform und schließlich das Alphabet.

Die alten Griechen: wer sie waren, woher siekamen

Auch in der Realität sind aus den sagenhaftenStämmen der Hellen-Nachkommen,der Aioler, der Dorer und der Ionier, die Griechen hervorgegangen. Sie kamenallerdings nicht als Sagengestalten von einer mütterlichen Nymphe geborennach Griechenland, sondern als beinharte Eroberer aus den indogermanischenWanderungsströmen.

Um 2000 v. Chr. wanderten die indogermanischen Stämme in den Südender Balkanhalbinsel ein. Dort trafen sie auf das Volk der Karer, das vor denGriechen die Ägäis besiedelt hatte. Die Karer wurden von den späterenGriechen nach Kleinasien abgedrängt, wo sie bald unter persische Oberhoheitgerieten. In Nordgriechenland waren es die Pelasger, die den vorrückendenindogermanischen Stämmen nach Osten auswichen. Sie hatten nach Homer vorallem in Thessalien gesiedelt und zogen unter dem Druck der Neusiedler ebensowie die Karer nach Osten. Zum Teil vermischten sich die Einwanderer auch mitder vor ihnen hier lebenden Urbevölkerung. Kulturell bestimmend wurdejedoch die neue indogermanische Oberschicht.

Mit Mykene fing alles an – auf diese Steine konnten sie bauen

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Erste griechische Hochkultur in Mykene - das berühmteLöwentor 

Die erste indogermanische Hochkultur auf dem Boden Griechenlands bildetesich unter dem Einfluß der Herrscher auf der benachbarten Insel Kreta,wo der sagenhafte König Minos regierte. Das erste Zentrum der griechischenKultur war Mykene, zwischen südlichem Peloponnes und der Landenge Isthmusgelegen, mit seiner gewaltigen Burganlage, die noch heute jeden Besucher beeindruckt.Die erhabene Befestigung aus mächtigen Steinmauern steht bereits in schroffemGegensatz zu den unbefestigten kretischen Palästen, von denen die griechischenBaumeister zunächst beeinflußt waren. In die Ummauerung einbezogenwaren Häuser für Beamte, Gefolge und Leibwache. Unterhalb der Burglag die offene Siedlung der bäuerlichen Bevölkerung. Den Zug zumMonumentalen unterstreichen auch die gewaltigen Kuppelgräber, wie zumBeispiel das Schatzhaus des Atreus und das Löwentor der Burganlage. Indieser Mykenischen Kultur war der König unumschränkter Stammesführer,der im Einvernehmen mit Rat und Heeresversammlung regierte.

Faszination Troja – auch moderne Dichter erliegen ihr

In die Zeit der mykenischen Kultur fällt nach allgemeiner Lesart auchder sagenhafte Trojanische Krieg, dessen Ereignisse bis heute nichts von ihrerFaszination eingebüßt haben. Nach immer beschäftigen sie diePhantasie von Dichtern, Filmemachern und Publikum. Der Trojanische Krieg giltals eines der zentralen Ereignisse in der griechischen Mythologie. Die StadtTroja, die 1871 von dem deutschen Archäologen Heinrich Schliemann entdecktund ausgegraben wurde, liegt an der heutigen türkischen Westküste.Der Trojaner Paris soll Helena, die Frau des Spartanerkönigs Menelaosgeraubt haben. Die Griechen belagerten daraufhin Troja unter Führung vonMenelaos und ihrer Helden Odysseus, Ajax, Achilles, Diomedes und Agamemnon.Homers Ilias, die in der zweiten Hälfte des achten Jahrhunderts v. Chr.entstanden ist, schildert – allerdings gut 400 Jahre danach - einigeder entscheidenden Kriegsszenen während der Belagerung der Stadt. Durcheine List des Odysseus eroberten die Griechen schließlich nach vielenJahren das wehrhafte Troja: Sie zogen ab und hinterließen nur ein hölzernesPferd. Nachdem die Trojaner das Pferd jubelnd in ihre Stadt gezogen hatten,kamen die darin verborgene Helden heraus und öffneten die Stadttore. Dasgriechische Heer konnte ungehindert eindringen, Helena wurde befreit, die Stadtzerstört

Die Ionier und die Aioler rückten vor allem in den Süden der Balkanhalbinselein, die Dorier breiteten sich im Norden aus. In dieser frühen Phase derindogermanischen Besiedlung kannten die Griechen nur Stammesverbände,keine einheitliche Gesellschaft oder gar einen gemeinsamen Staat. Wenn alleStämme gemeint waren, sprach der große Dichter Homer deshalb von „Panhellenen“.

Im ausgehenden zweiten Jahrtausend eroberten die Dorier dann den Peloponnesund unterwarfen die Achäer. Der Zusammenbruch des Hethiterreiches um 1200v.Chr. ermöglichte ihnen schließlich auch die Besiedelung der ägäischenInseln und der Westküste Kleinasiens, die heute zur Türkei gehört.

Die Odyssee – ältestes Literaturdenkmal des Abendlandes

Nach 800 v. Chr. begann die Expansion der Griechen sowohl nach Osten alsauch nach Westen. Dies geschah durch Gründung zahlreicher Kolonien inUnteritalien, Sizilien, an den Küsten des Hellesponts, der Meerenge zwischendem Marmarameer im Osten und dem Ägäischen Meer im Westen. Auch amBosporus, der Meerenge zwischen Europa und Kleinasien, die das Schwarze Meermit dem Marmarameer verbindet – heute das Gebiet von Istanbul - und amSchwarzen Meer selbst siedelten sich die Griechen an. In dieser Zeit wurdenauch die Homerischen Epen Ilias und Odyssee schriftlich fixiert, die ältestenLiteraturdenkmäler Griechenlands und des Abendlandes überhaupt.

Wer nicht griechisch sprach, war „Barbar“

Die sich ihrer kulturellen Höhe überaus bewußten neuen griechischenHerren bezeichneten alle Menschen, die nicht wie sie griechisch sprachen undderen Sprache als Gekrächze (griechisch „bar-bar“) empfundenwurde, als Barbaren. Dabei machten sie keinen Unterschied zwischen den hochkultivierten Ägyptern,deren Land am Nil sie später eroberten oder der balkanischen Urbevölkerung – wernicht griechisch sprach, war Barbar.

Griechenland, von Gebirgen zerteilt und von den individualistischen Charakterenseiner indogermanischen Bewohner geprägt, fand nicht zu einer einheitlichenStaats- oder Reichsbildung. Während im benachbarten Persien die Treuezum König unter den Tugenden der Menschen ganz oben rangierte, hattendie Griechen dafür kein Verständnis. Sie hielten es lieber mit derindividuellen Freiheit.

Das sind die Hauptgründe dafür, daß sich in GriechenlandStadtstaaten entwickelten und nicht große Herrschaftsgebiete. Der Stadtstaat,griechisch Polis – hier hat das Wort Politik seinen Ursprung - regeltemit eigenen Verfassungen das Zusammenleben seiner Bürger. Daneben gabes aber auch die sogenannte Tyrannis, d.h. Städte, die von absoluten Herrschernregiert wurden, die bei den Griechen Tyrannen genannt wurden. Dazu zähltenbeispielsweise Korinth auf dem nördlichen Peloponnes und das benachbarteMegara.

Hochkultur entwickelte sich in der Polis

In Athen bildete sich Schritt für Schritt ein demokratisches Systemheraus. Die Demokratie erlebt hier ihre klassische Entfaltung und wird zurherrschenden Regierungsform fast im gesamten Bereich der griechischen Hochkultur.Berühmt wurden die Gesetzgebungen Drakons und Solons. Drakon war der Überlieferungnach der erste Gesetzgeber der Athener Polis. Sein Wirken wird etwa zwischen624 - 620 v. Chr. datiert. Die Überlieferungen sind allerdings ungenauund gelten als stark legendenhaft. Drakon soll die private Blutrache abgeschafftund statt ihrer die staatlich vollzogene Todesstrafe eingeführt haben.Insgesamt sollen seine Strafen sehr hart gewesen sein - daher der Ausdruck „drakonisch” imSinne harter Strafe.

Solon wurde um 640 v. Chr. als Sohn eines alten und edlen Geschlechts inAthen geboren. Er brachte die Athener dazu, den bereits verloren gegebenenKampf mit der Tyrannis von Megara um die Insel Salamis wieder aufzunehmen undsiegreich zu Ende zu führen. Er soll außerdem dem Wucher in derStadt ein Ende gemacht haben. Schließlich wurde er zum höchstenRegierungsbeamten Athens gewählt, zum Archon. In dieser Rolle gab er derPolis eine neue Verfassung. Die bestehende Kluft zwischen Adel und Volk wurdedarin weitgehend beseitigt, Standesvorrechte und Beamtenwillkür abgeschafft.Da Solon auch als Dichter brillant war, hat er seine Verfassung mit folgendemVers trefflich beschrieben:

So viel Teil an der Macht, als genug ist, gab ich demVolke,
Nahm an Berechtigung ihm nichts, noch gewährt' ich zu viel.
Für die Gewaltigen auch und die reicher Begüterten sorgt' ich,
Dass man ihr Ansehen nicht schädige wider Gebühr.
Also stand ich mit mächtigem Schild und schützte sie beide,
Doch vor beiden zugleich schützt' ich das heilige Recht.

Größter wirtschaftlicher Konkurrent der Griechen war das phönizischeKarthago, das den westlichen Ausgang aus dem Mittelmeer, die Meerenge von Gibraltar(im griechischen Verständnis die „Säulen des Herakles” )versperrte. Erst Rom konnte später Karthago besiegen und vernichten.

Persien, der Erzfeind Griechenlands

Erzfeind der Griechen und die größte Bedrohung für ihr Siedlungsgebietwar das Perserreich im Osten. Wiederholt stießen Perserheere nach Griechenlandund Kleinasien vor. Dabei kam es zu dramatischen Schlachten. Immer wieder besetztenund verwüsteten persische Heere Teile Griechenlands. Im Jahre 515 v. Chr. überschrittdas persische Heer unter Dareios den Hellespont. Die Perser eroberten Makedonienund Thrakien.

Als um 500 v. Chr. wieder ein persisches Heer zu einer „Strafexpedition“ inGriechenland einfiel, um die ionischen Städte an der kleinasiatischenKüste gefügig zu machen, kam es dort zum Aufstand. Die Athener sandtenden Ioniern eine Flottenabteilung zu Hilfe. Die Erhebung scheiterte dennochan der Übermacht der Perser. Sie siegten in der Seeschlacht bei der InselLade, vor der Stadt Milet. Die Stadt wurde von den Siegern zerstört.

490 v. Chr. erschienen die Perser in Griechenland zum Vergeltungsschlag fürden Aufstand und die Hilfe, die Athen den Ioniern gewährt hatte. Die Perserboten mehr als 1.200 Kriegsschiffe auf. Sie überquerten den Bosporus undstießen auf Athen vor. Der Perserkönig Xerxes eroberte zunächstdie Stadt, ließ die Tempel in Brand setzen und überführte zahlreichegriechische Statuen als Trophäen nach Persien. Doch die Griechen trotztenletztlich der persischen Eroberungslust in der legendären Schlacht beiMarathon, in der Schlacht an den Thermopylen, in den Seeschlachten von Salamisund bei Platäa. Damit war der Mythos von der Unbesiegbarkeit der Perser,der sich über Jahrhunderte verbreitet hatte, gebrochen. (AusführlicheDarstellung siehe EM 07-03 DIEPERSER).

Die ewigen Rivalen: Athen und Sparta

Die herausragenden Zentren Griechenlands waren über Jahrhunderte hinwegdie großen Stadtstaaten Athen und Sparta. Ihre Geschichte ist auch eineGeschichte immerwährender Rivalität.

In Athen, der im südwestlichen Teil der attischen Ebene gelegenen Hauptstadtdes modernen Griechenlands (seit 1830), wirkten viele der bereits genanntenbedeutendsten Denker des Abendlandes.

Athen war eine reiche Seehandelsstadt, die viele Güter und Nahrungsmittelfür ihre Bürger einführen konnte. Das attische Umland hingegenwar äußerst karg. Die heutige Touristenattraktion Akropolis stammt überwiegendaus der Zeit nach dem zweiten Perserkrieg, aus dem Athen als FührungsmachtGriechenlands hervorgegangen war und reichlich Beute einheimste.

In der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts v.Chr. geriet der bis dahinherrschende Stadtadel von Athen in Bedrängnis, als es wirtschaftlicheund soziale Spannungen gab. Der Olympiasieger Kylon versuchte 632 einen Staatsstreich,um eine Tyrannis zu errichten. Darauf reagierte Drakon, der von 624 bis 620regierte, mit seiner bereits erwähnten Gesetzgebung. Aber erst die Reformendes Solon, der 594 an die Spitze des Stadtstaates gelangte, konnte der Demokratieden Boden bereiten. Auch wenn sich 545 mit Peisistratos ein ehemaliger Soldat,Kämpfer bei der Eroberung Salamis, zum Tyrannen aufschwingen und die Herrschaftsogar noch seinem Sohn übertragen konnte: Im Jahre 510 wurde er gestürztund unter seinen Nachfolgern konnte sich wieder Demokratie entwickeln.

Zwischen den Jahren 510. und 508 v. Chr. versuchte der athenische StaatsreformerKleisthenes, die demokratische Staatsform wiederherzustellen und weiterzuentwickeln.Schließlich wurde in den Folgejahren der Stadtversammlung (Ekklesia)tatsächlich in allen Fragen des Gemeinwesens die Entscheidungsgewalt übertragen.Das war auch die Zeit des berühmten Atheners Perikles (493 v. Chr. – 429v. Chr.), der weitere Reformen durchsetzte, eine erste Form der Sozialhilfeund einen eignen Richterstand.

Als die Perser in Griechenland einmarschierten, nahm Athen an allen Schlachtenteil, die zur Niederlage der Eindringlinge führten. In der Folgezeit konntedie Seemacht Athen das vor allem als Landmacht agierende Sparta überflügeln.Athen führte den Attischen Seebund an, der 481 v. Chr. gegen die Persergegründet worden war. Die Kämpfe währten, bis schließlich449 v. Chr. der athenische Staatsmann und Soldat Kallias mit Persien Friedenschloß.

Unter dem Titel „Der Wille zur Macht: Die Entstehung des Ersten Attisch-DelischenSeebundes“ schreibt Michael Stahl in seinem Buch „Gesellschaftund Staat bei den Griechen: Klassische Zeit“ sehr anschaulich überdie Bedeutung dieses Bundes: „Im September 479 v. Chr. konnte das verbündetegriechische Heer am Mykale-Vorgebirge (am kleinasiatischen Festland der InselSamos gegenüberliegend) das noch verbliebene militärische Potentialdes persischen Königs vernichten, mit dem dieser die Griechen des Mutterlandesweiterhin hätte bedrohen können. Viele griechische Gemeinden an derionischen Küste nutzten daraufhin die Schwäche der Perser, um sichvon der persischen Oberhoheit loszusagen. Die Parole der Befreiung von denPersern verbreitete sich rasch im gesamten griechischen Siedlungsgebiet rundum die Ägäis und im östlichen Mittelmeer. Von ihr ging eineneue Dynamik militärischen Eingreifens aus.“

Sparta kam jahrhundertelangohne Stadtmauern aus

Sparta, die mit Athen rivalisierende Polis, liegt in einer Landschaft mitweit auseinander gezogenen Hügeln und Tälern. Im Osten begrenzt dasParnonmassiv das Land, im Westen das Taygetosgebirge. Die Stadt selbst liegtam Fluß Eurotas. Landschaft und Fluß bilden eine natürlicheGrenze für Sparta. Jahrhundertelang existierte die Stadt ohne Ummauerung.Die Ursprünge der Besiedlung Spartas liegen im dunkeln. Man vermutet dieAnfänge um das Jahr 900 v. Chr. Antike Autoren nennen Dorier als Einwanderer,die sich im südlichen Peloponnes ansiedelten.

Während sich um 800 v. Chr. viele griechische Städte an der Kolonisierungim Mittelmeerraum beteiligten, hielt Sparta sich dabei zurück. SpartasBewohner gründeten nur eine einzige Stadt außerhalb des Peloponnes,nämlich Taras, das heutige Tarent. Diese Stadt verfügte damals überden größten Hafen an der Küste Süditaliens. Die Spartanerwaren aber keine Seefahrernation. Ihre Kolonisation vollzog sich in der peloponnesischenNachbarschaft, wo sie Messenien unterwarfen.

Sparta wurde stets von zwei Königen regiert. Der genaue Grund fürdiese Regierungsform ist unbekannt. Wahrscheinlich stammte diese Traditionnoch aus der dorischen Wanderungszeit.
Beide Könige waren zugleich die obersten Priester des Staates und dieunumstrittenen Feldherren im Krieg. Ein König stammte immer aus der Familieder Agiaden und der andere König war ein Mitglied der Familie der Eurypontiden.

In Sparta standen die militärischen Tugenden im Vordergrund

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Griechischer Kämpfer mit Schwert und Schild  

Die jungen Männer wurden in der jährlichen Volksversammlung, derApella, in die Gemeinschaft der Erwachsenen aufgenommen. Sie tagte ein Malim Jahr und traf wichtige Entscheidungen über Verfassung und Zukunft derSpartaner. Die stimmberechtigten Mitglieder mußten mindestens 20 Jahrealt, Bürger oder Krieger sein.

In Sparta wurden militärische Tugenden in den Vordergrund gestellt,das leichte Leben war bei Spartanern verpönt. Das klassische Sparta giltals Paradebeispiel für die Gleichheit seiner Bürger. Der Adel hattebei den Spartanern wegen seiner Prunksucht und Unfähigkeit im Kampf seineMacht verloren. Als Messenien besiegt war, wurde das Land wie versprochen anArme und Sklaven verteilt.

In dieser Zeit, um 720 v. Chr. kapselte sich der ehemals weltoffene Staatder Spartaner zusehends ab. So wurde es den jungen Männern beispielsweiseverboten, ins Ausland zu reisen. Sparta befürchtete durch diese Besuchedas Eindringen von unliebsamen Vorstellungen, die die Sicherheit der Spartanerbedrohen könnten. Besucher aus dem übrigen Griechenland waren ausdiesem Grund ebenfalls unerwünscht.

Sparta herrschte mit dem Peloponnesischen Bund

Im 6. Jahrhundert v. Chr. folgten weitere Eroberungskriege. Die Spartanerbetrachteten sich in dieser Zeit als Nachfahren der Helden Homers, um damitihre Machtansprüche auf dem Peloponnes zu dokumentieren. Zahlreiche Städteauf dem Peloponnes wurden Bündnispartner der Spartaner. Schließlichentstand daraus der Peloponnesische Bund. Sparta beherrschte damit ein Gebiet,das dreimal so groß war wie der Machtbereich des Stadtstaates der Athener.

Um 435 v. Chr. eskalierten die stets vorhandenen Spannungen zwischen denbeiden rivalisierenden Staaten von Athen und Sparta. Athen unterstütztedamals eine Kolonie, die einen Aufstand gegen Sparta wagte. Als sich eine derattischen Kolonien von Athen lösen wollte, ergriff Sparta die Gelegenheit,gegen den Konkurrenten Athen vorzugehen.

Der Peleponnesische Krieg war unausweichlich

Die Folge war ein fast dreißigjähriger Krieg – der PeloponnesischeKrieg. Während Athen mit seinem Attischen Seebund agierte, stütztesich Sparta auf den Peloponnesischen Bund. Der Krieg begann im Jahre 431 v.Chr. und endete erst im Jahre 404 v. Chr. Athen besaß nur ein schwachesHeer. Eine von Perikles erdachte Strategie sah deshalb vor, einen Landkriegzu vermeiden und gleichzeitig mit der starken attischen Flotte die Küstenstädtedes Peolponnes anzugreifen. Zudem sollten die Seewege Spartas blockiert undso der Gegner langsam zermürbt werden.

Sparta dagegen fiel mit seinem starken Landheer in Attika ein und belagerteAthen. Angesichts der starken Stadtbefestigung gelang jedoch die Einnahme nicht.Nachdem Perikles im Jahr 429 v. Chr. an der Pest gestorben war, gewann derreiche Adelige Alkibiades großen Einfluß auf die Volksversammlung.Er begeisterte die Athener für einen Feldzug gegen Sizilien. Dort solltengroße Getreidevorräte erbeutet werden, die man in der Auseinandersetzungmit Sparta nötig zu haben glaubte. Schließlich zog eine Flotte von136 Kriegsschiffen mit 25.000 Mann Besatzung nach Sizilien. Alkibiades verlorjedoch bald seinen Einfluß undschlug sich auf die Seite des Gegners Sparta. Der Sizilienfeldzug geriet zumFiasko. Die Athener belagerten zunächst die Hafenstadt Syrakus, wurdenaber schließlich zum Rückzug gezwungen. Der Großteil der Truppengeriet 421 v. Chr. in Gefangenschaft, wo die meisten von ihnen starben.

Von der Katastrophe des Sizilienfeldzugs sollte sich Athen nie wieder wirklicherholen. Sparta ging nun endgültig in die Offensive und unternahm Raubzügein das attische Territorium. Hinzu kam, daß Persien in der letzten Phasedes Krieges Sparta mit aller Macht unterstützte.

Athen verfügte am Ende über keine intakte Flotte mehr, währenddie Spartaner unter ihrem General Lysander das Meer beherrschten. Die Stadtwurde eingekesselt und mußte ausgehungert im Frühsommer 404 v. Chr.kapitulieren. Die politische Macht Athens war endgültig dahin, kulturelljedoch blieb die Stadt noch jahrhundertelang führend.

Alexander der Große erobert ein riesiges Reich – aber das Endeist nahe

Eine entscheidende Wende nahm die griechische Geschichte mit Philipp II.von Makedonien. Sein von den Griechen als kulturlos und barbarisch angesehenesKönigreich im Norden Griechenlands erwies sich militärisch als überlegen.Nach einigen Kriegen erlangte Makedonien 337 v. Chr. die Hegemonie überganz Griechenland. Nachdem Philipp II. 336 v. Chr. ermordet wurde, folgte ihmsein Sohn Alexander I., später der Große genannt, auf dem makedonischenThron nach. Er eroberte weite Teile Eurasiens bis nach Indien.

Durch Olympia vom Barbaren zum Griechen

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Darstellung der olympischen Disziplinen Ringen,Speerwurf und Diskuswerfen 

An seiner Person läßt sich zeigen, wie bedeutend die im Jahre776 v. Chr. in Griechenland eingeführten Olympischen Spiele für dasLand waren. Ulrich Sinn schildert in seinem Buch „Das antike Olympia – Götter,Spiel und Kunst“, daß man es durch Teilnahme sogar vom Nichtgriechenzum Griechen bringen konnte.

Als im frühen 5. Jahrhundert v. Chr. erstmals eine Delegation aus Makedonienunter Alexander I. zu einem der alljährlich durchgeführten Kultfestenach Olympia reiste, bekam der König zunächst Ärger. Sinn: „DasVorhaben Alexanders, aktiv am Wettkampf teilzunehmen, war im Grunde zum Scheiternverurteilt. Es waren ja nur Griechen als Athleten zugelassen und die Makedonenwurden damals noch den Nichtgriechen (Barbararoi) zugerechnet. Prompt scheiterteAlexanders Ansinnen an der Startverweigerung durch die Kampfrichter.“

Sogar dem Hegemon wurde also die Teilnahme verwehrt, weil er kein Griechewar. Doch der Makedonenkönig erklärte, daß die Urheimat derMakedonen die peloponnesische Stadt Argos sei. Er selbst könne seine Sippeauf einen Urenkel des Herakles zurückführen. Das hat die Kampfrichter überzeugt.Er durfte starten und kam im Wettlauf gleichzeitig mit dem Sieger ans Ziel.

Ulrich Sinn über die Bedeutung dieser Episode: „Der Auftritt inOlympia war Teil einer groß angelegten Kampagne Alexanders um die AnerkennungMakedoniens als Teil der griechischen Staatenwelt.“ – Der spektakuläreAuftritt in Olympia habe ihn an sein Ziel gebracht.

Nach dem Niedergang des Alexanderreiches steht Rom als neue Weltmacht bereit

Alexander der Große unternahm 334 v. Chr. einen Rachefeldzug gegenPersien. Ein Jahr später besiegte seine Streitmacht den PerserkönigDareios III. in der Schlacht bei Issos. Kleinasien und Syrien gehörtennun zum Reich Alexanders. Wenig später ergab sich Ägypten kampflos.Alexander wurde zum Pharao gekrönt und gründete die Residenz Alexandria.Auf einer Pilgerfahrt begrüßten Priester den Feldherrn als „Sohndes Zeus“, als den er sich dann auch selbst gern bezeichnete.

331 v. Chr. versetzte er Persien bei Gaugamela (heute die Ortschaft TellGomel, nordwestlich von Erbil im Irak)) einen vernichtenden Schlag, nahm Babylon,die Perserstädte Susa und Persepolis ein und wurde zum König vonAsien ausgerufen. Ab 326 v. Chr. wagte Alexander sogar mehrere Vorstößenach Indien, er überquerte den Indus und eroberte den Pandschab bis zumheutigen Fluß Beas. 323 v. Chr. erreichte er wieder Babylon. Dort starbAlexander der Große während der Vorbereitungen zu einer Flottenexpeditionum die Arabische Halbinsel. Eine Fieberinfektion raffte ihn im Alter von knapp33 Jahren dahin.

Unter seinen Nachfolgern, den sogenannten Diadochen, zerfiel nicht nur AlexandersReich, sondern eine neue Weltmacht betrat die Bühne: Rom. 148 v. Chr.wurde Makedonien römische Provinz, 146 v. Chr. auch Griechenland römischesHerrschaftsgebiet.

***

Olympia und die göttlichen Spiele

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  Olympia - Rekonstruktion der Bauten im Heiligtum

Der griechischen Überlieferung nach ist der Olymp im Norden des LandesSitz der ewigen Götter. Um keinen anderen europäischen Berg rankensich so viele Mythen. Der Legende nach sollen sich hier bereits die olympischenGötter im Wettkampf gemessen haben. Zeus habe dabei seinen Vater Kronosim Ringkampf besiegt. Gegen Ende der mykenischen Zeit, um 1100 v. Chr., eroberteder Stamm der Elier Olympia und die umliegende Region. Mit ihm kam auch derZeuskult auf die Halbinsel Peloponnes. Der Heros Herakles habe schließlichdie Olympischen Spiele begründet, indem er Ort und Abmessungen der erstenWettkampfarena festlegte.

Schriftlich belegt sind die Spiele seit 776 v. Chr. Dieses Jahr galt denGriechen fortan als Beginn der historischen Zeitrechnung. Die Wettkämpfewurden in den Arenen in der Nähe des Ortes Olympia ausgetragen. Um Athletenwie Zuschauern die gefahrlose Anreise zum Heiligtum zu gewährleisten unddie ungestörte Durchführung der Wettkämpfe zu sichern, wurdevor Beginn der Spiele die Heilige Waffenruhe verkündet. Einen Monat langmußten alle Feindseligkeiten zwischen den griechischen Stadtstaaten eingestelltwerden. Kriegshandlungen und sogar die Hinrichtung von Verbrechern waren untersagt.

Teilnahmeberechtigt an den Spielen waren nur Griechen. Frauen waren von denWettkämpfen ausgeschlossen. Bei den Spielen ging es um Ruhm, Einfluß,Geld, Macht und Sozialprestige. Die Athleten waren spezialisierte Profis, diemit eigenen Trainern, Köchen und Ärzten schon Monate vor Beginn derSpiele mit einem harten Training begannen. Die Teilnehmer an den Spielen maßenihre Kräfte im Fünfkampf: Laufen, Weitsprung, Diskuswurf, Speerwurfund Ringen. Sehr populär war der Allkampf (Pankration). Diese Disziplinverband Ring- und Faustkampf. Dabei waren alle Schläge erlaubt. Der Kampfendete erst, wenn einer der beiden Kontrahenten kampfunfähig war oderfreiwillig aufgab.

Wer siegte, war schon in der Antike ein „gemachter Mann“

Sparta führte die Sitte ein, daß die Athleten nackt zu ihren Kämpfenantraten. Die Sieger erhielten einen Kranz, geflochten aus Zweigen vom heiligen Ölbaumin Olympia. Wer in Olympia siegte, war ein „gemachter Mann“: Erwurde im Heimatort mit Geld- und Sachprämien überschüttet, erhielteine Rente, wurde von Steuern befreit und bekam Vergünstigungen allerArt. Athleten, die bei den Wettkämpfen den zweiten oder dritten Platzerreichten, gingen leer aus. – Viel hat sich seither nicht verändert.

Die Spiele wurden alle vier Jahre ausgetragen und dauerten fünf Tage.Den Zeitraum von vier Jahren zwischen den Spielen nannte man „Olympiade“.Der genaue Termin, zu dem die Wettkämpfe jeweils stattfanden, ist nicht überliefert.Fest steht jedoch, daß er um den ersten Vollmond nach der Sommer-Sonnenwendelag, das heißt zwischen der letzten Juliwoche und der ersten Augusthälfte.

Nach der Eroberung Griechenlands durch die Römer, ging es mit den Spielenzu Ende. Im Jahr 393 n.Chr. verbot der christliche Kaiser Theodosius II. jeglicheheidnische Verehrung und somit auch die olympischen Spiele. Er ließ allegriechischen Tempel zerstören, auch das Zeus-Heiligtum in Olympia.

Rund 1500 Jahre danach hat es der französische Baron de Coubertin zusammenmit dem Griechen Dimitrios Vikelas geschafft, die olympischen Spiele im Jahr1896 neu zu beleben. Coubertin hat auch die fünf Ringe als olympischesSymbol entworfen. Der Olympische Fackellauf wurde 1936 zu den Spielen in Berlineingeführt. Die Wettkämpfe der Neuzeit finden, wie schon in der Antike,alle vier Jahre statt – jeweils in einem anderen Land und unter Teilnahmevon Sportlern aus aller Welt.

Die Eröffnungsfeier der XXVIII.. Olympischen Sommerspiele der Neuzeitin Athen am 13. August 2004 wird im Zeichen Apolls, des altgriechischen Gottesfür Dichtkunst, Musik und Weissagung, stehen. Die Schlußzeremonieam 29. August ist Bacchus, dem Gott des Weines und der ausgelassenen Feierngewidmet.

Literatur:

Walter Burkert, „Die Griechen und der Orient“, 2003, C.H. BeckVerlag, 176 Seiten, 19,90 Euro ISBN: 3-406-50247-4.

Michael Stahl, „Gesellschaft und Staat bei den Griechen: KlassischeZeit“, 2003, Schöningh UTB, 280 Seiten, 18,90 Euro, ISBN: 3-506-99001-2.

Karl Kerenyi, „Die Mythologie der Griechen – Die Götter-und Menschheitsgeschichten“, 2003, dtv, 243 Seiten, 8,50 Euro, ISBN:3-423-30030-2.

Karl Kerenyi, „Die Mythologie der Griechen – Heroen–Geschichten“,2002, dtv, 340 Seiten, 9,50 Euro, ISBN: 3-423-30031-0.

Ulrich Sinn, „Das antike Olympia – Götter, Spiel, Kunst“,2003, C.H. Beck Verlag, 276 Seiten, 29,90 Euro, ISBN: 3-406-51558-4.

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