Eurasien-Ticker

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Europas Laserzentren rücken näher zusammen · In Syrien ausgegraben: Der Wettergott von Aleppo · Europäische Satelliten für den Schutz der Umwelt · Spanien ist Spitzenreiter bei der Gewaltkriminalität in der EU · Afghanisches Opium überschwemmt Europa · Die Kurdenpartei PKK will ihr Terroristenimage abschütteln · Der Internationale Gerichtshof in Den Haag erklärt den USA das Völkerrecht · Kontakte nach Südosteuropa

Von EM Redaktion

EM – Mitte November haben siebzehn nationale Laserzentren das „Laserlab Europe“ feierlich aus der Taufe gehoben. Ziel des Projektes ist es, die interdisziplinäre Laserforschung in Europa zu stärken. Hierfür haben sich sowohl große nationale Laserzentren als auch kleinere, hochspezialisierte Einrichtungen aus neun Ländern zusammengetan. Deutschland und Frankreich sind mit je fünf beteiligten Einrichtungen am stärksten an dem Projekt beteiligt. Die anderen Forschungseinrichtungen kommen aus Großbritannien, Griechenland, Italien, Schweden, Tschechien, Litauen und den Niederlanden. Laserlab Europe wird von der EU mit insgesamt 14 Millionen Euro über vier Jahre hinweg gefördert.

Der Festakt zur Gründung von Laserlab Europe fand in Prag statt. Die Fäden für die Koordination laufen in Berlin zusammen, wo die führenden deutschen Institute ansässig sind: das Fachinformationszentrum (FIZ) Chemie, die Helmholtz-Gemeinschaft, die Max-Planck-Gesellschaft und das Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie (MBI). Der fünfte deutsche Partner ist die Universität Jena. In Berlin wird die virtuelle Infrastruktur entwickelt, mit der die Forscher kommunizieren und an gemeinsamen Projekten arbeiten können. So soll ein Internet-basiertes Laserlabor entstehen. „Mit Laserlab Europe stärken wir Europas führende Rolle in der Laserforschung“, sagt Wolfgang Sandner vom Berliner Max-Born-Institut. Er ist der Koordinator der Berliner Aktivitäten.

In Syrien ausgegraben: Der Wettergott von Aleppo

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Der Wettergott von Aleppo 

EM – In der hoch über der alten syrischen Stadt Aleppo gelegenen Zitadelle wurden aufsehenerregende Funde ausgegraben. Prof. Dr. Kay Kohlmeyer von der Berliner Fachhochschule für Technik und Wirtschaft (FHTW) ist Leiter der deutschen Seite der gemeinsam mit syrischen Experten durchgeführten Expedition. Er zeigte sich von den Funden begeistert. Man habe eine über zwei Meter große Darstellung des Wettergottes von Aleppo und eines ihn grüßenden Königs zutage gefördert. Wie Kohlmeyer nach seiner Rückkehr in Berlin berichtete, werden die beiden Figuren von Mischwesen in Gestalt sogenannter Stiermenschen und von Scheinfenstern flankiert. Die Reliefs schmückten die östliche Innenfront eines dem Wettergott geweihten altorientalischen Tempels. Seitlich des Königs sei außerdem eine lange Hieroglyphen-Inschrift in luwischer Sprache angebracht, die Name und Titulatur des Stifters nennt und Opferanweisungen gibt. Sie stamme aus dem 11. vorchristlichen Jahrhundert. Diese Reliefausstattung gelte unter Experten als herausragend.

Der aktuelle Fund bringt nach Darstellung von Prof. Kohlmeyer wieder etwas Licht in das sogenannte Dunkle Zeitalter, wie die Epoche nach dem Zusammenbruch des hethitischen Großreiches um 1200 vor Christus genannt wird. Die entdeckten Reliefs würden zu einer völlig neuen Bewertung dieses Zeitraums führen. Der bis in das 3. vorchristliche Jahrtausend zurückgehende Tempel wird seit 1996 vom Studiengang Restaurierung / Grabungstechnik der FHTW-Berlin freigelegt. Dafür werden sukzessive rund acht Meter Kulturschutt von darüberliegenden Bauschichten abgegraben und dokumentiert.

Aleppo ist heute mit 1,6 Millionen Einwohnern die zweitgrößte Stadt Syriens nach Damaskus und die größte Oasenstadt der Welt.. Sie liegt am Ostfuß des syrischen Küstengebirges (Nordsyrien) und gilt als eine der ältesten Städte des Orients. Das heutige Aleppo hat griechische Wurzeln. Auf der einstigen Agora, dem Marktplatz im Mittelpunkt der Stadt, steht jetzt die große Omayadenmoschee und unweit davon die größte Karawanserei Aleppos, die ‚Khan al Wazir‘, die im 17. Jahrhundert erbaut wurde. Früher kamen Wüstenscheichs mit ihrem Gefolge und den Kamelen in die Stadt, heute warten dort Esel und Kleinlieferwagen auf die Händler. Aleppo ist seit über viertausend Jahren ein Handelszentrum, heute auch ein beliebtes Touristenziel, das selbst mit Last-Minute-Flügen erreicht werden kann.

Europäische Satelliten für den Schutz der Umwelt

EM – Europa baut ein eigenes System für Satelliten gestützte Beobachtung von Umwelt und Sicherheit auf.: „Global Monitoring for Environment and Security“ (GMES). Es ist nach dem Satellitennavigationssystem „Galileo“ das zweite gemeinsame Projekt der Europäischen Kommission und der Europäischen Raumfahrtagentur (ESA). Ziel ist es, eine eigenständige europäische Beobachtungskapazität für globale Umwelt- und Sicherheitsfragen zu errichten. Anders als bei Galileo sollen auch Daten erfaßt werden, die von Flugzeugen, Schiffen oder terrestrischen Meßnetzen aufgenommen werden.

Damit bekommt Europa künftig jederzeit einen unabhängigen Zugang zu Umweltdaten, um auch bei Naturkatastrophen den Überblick zu behalten. GMES gilt als Beispiel dafür, wie die Raumfahrt den Schritt von der reinen Forschung in die Praxis gelingen kann. Margareta Wolf, Parlamentarische Staatssekretärin im deutschen Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) sagte: „Globale Erdbeobachtung ist ein Kernelement der internationalen Umweltpolitik. Wir schaffen damit ein wirkungsvolles Instrument, um Gefahren frühzeitig zu erkennen und mögliche Umweltschäden zu verhindern. Mit dem Projekt wird ein europaweites Alarmsystem für Meeresverschmutzungen, Hochwasser- und Waldbrandrisiken installiert.“

Rund 100 Millionen Euro stellt die Europäische Kommission im Rahmen des 6. Forschungsrahmenprogramms für den Aufbau von GMES zur Verfügung. Von der ESA kommen weitere 83 Millionen Euro.

Als erste konkrete GMES-Dienste wurden europaweit bereits die Routine-Überwachung von Waldgebieten, Flächenversiegelungen und Meeresverschmutzungen sowie Frühwarnsysteme für Hochwasser- und Waldbrandrisiken eingerichtet. Deutschland ist unter anderem an Projekten zur Beobachtung von Flächennutzungen beteiligt. Im Frühjahr 2004 sollen die Weichen für den weiteren Aufbau des eigenständigen Satelliten-Programms im Europäischen Parlament gestellt werden.

Spanien ist Spitzenreiter bei der Gewaltkriminalität in der EU

EM – Spanien hält in der Europäischen Union den Rekord für Mord und Totschlag. 3,3 Opfer kommen hier pro Jahr auf 100.000 Einwohner. Zum Vergleich: in Deutschland sind es 1,2. Auch bei Mißhandlungen innerhalb der Familien führt Spanien vor allen anderen EU-Ländern. So stieg die Zahl der bei den Behörden angezeigten Übergriffen zwischen 1998 und 2001 um fast fünfzig Prozent auf 30.000 pro Jahr. Vor allem Ehefrauen sind betroffen. Die Polizei geht davon aus, daß früher die Dunkelziffer bei Gewaltdelikten in der Familie sehr hoch war. Im Zeichen zunehmender Emanzipation sei jedoch die Bereitschaft vieler Frauen zu stummer Duldung deutlich zurückgegangen. Die grausige Zahl von 64 getöteten Ehefrauen oder Lebensgefährtinnen durch ihre Partner – im Vorjahr waren es 42 - gilt in Spanien inzwischen als ein nationales Problem, das zunehmend die Behörden beschäftigt.

Die Gewalt in spanischen Ehen ist auch Thema eines aufsehenerregenden Films, der in den vergangenen Monaten Hunderttausende in die Kinos gelockt hat. „Ich schenke dir meine Augen“ lautet der Titel. Er erzählt die Geschichte von Pilar und Antonio. Der Ehemann liebt seine Frau und trotzdem schlägt und mißhandelt er sie aus den nichtigsten Anlässen. Psychologen, die Antonio bereitwillig aufsucht, können nichts dagegen ausrichten. Die Mißhandlungen werden immer brutaler. Der Mann traktiert Pilar mit Tritten in die Leber. Sie ist nur noch ein wimmerndes Bündel, als Antonio ihr schließlich auch noch fast eines ihrer Augen ausschlägt, so daß sie kaum mehr etwas damit sehen kann. So beklemmend endet der Film, der seinen Titel von einer hinreißenden Liebsszene am Beginn der Beziehung hat: In einem Augenblick voller Zärtlichkeit haucht Pilar dabei Antonio ins Ohr: „Ich schenke dir meine Augen.“

Afghanisches Opium überschwemmt Europa

EM – Fast zwei Millionen Bauern, weit über sieben Prozent der afghanischen Bevölkerung, bauen nach dem jüngsten Bericht des UN-Büros für Drogen und Kriminalität (UNODOC) in Afghanistan Schlafmohn an, aus dem die Droge Opium gewonnen wird. 75 Prozent der gesamten Welterzeugung an Opium kommen aus Afghanistan. Der Umsatz, der damit jährlich auf der Welt erzielt wird, beläuft sich auf umgerechnet etwa 30 Milliarden Euro. Das ist dreizehnmal so viel, wie an internationaler Hilfe nach Afghanistan fließt.

In Afghanistan selbst werden durch die Opiumproduktion 2,4 Milliarden Euro erzielt. Das sind 50 Prozent des gesamten Bruttoinlandsprodukts des Landes am Hindukusch. Und ziemlich exakt dieser Betrag wird auch von Staaten und internationalen Organisation an Hilfsgeldern für Afghanistan bereitgestellt. Diese Zahlen zeigen die absurde Situation, in der sich dieses Land befindet.

Die Bekämpfung des Drogenanbaus und des Drogenhandels in Afghanistan hat sich die EU zur Aufgabe gemacht. Viel erreicht wurde bislang nicht. „Wenn wir das Drogenproblem nicht sehr schnell in den Griff bekommen, werden kolumbianische Verhältnisse entstehen“, mahnte der CDU-Außenpolitiker und Europaabgeordnete Armin Laschet Mitte November am Rande eines Treffens des EU-Außenministerrates. „Dann wird das Land implodieren und der internationale Einsatz in der Katastrophe enden“, warnte Laschet.

Aus dem Bericht der UNODOC geht auch der Verlauf der Drogenrouten hervor. Sie führen von Afghanistan durch die zentralasiatischen Staaten und die Kaukasusregion nach Moskau sowie durch den Iran, den Irak, die Türkei und den Balkan nach Amsterdam. Auf diesen Transportrouten werden auch Menschenhandel und Waffenschmuggel abgewickelt, und sie dienen den Netzwerken der verschiedensten Terrororganisationen.

Die Kurdenpartei PKK will ihr Terroristenimage abschütteln

EM – Die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK, die 15 Jahre lang einen bewaffneten Kampf gegen die türkische Regierung geführt hat, will sich demokratische Strukturen geben. Gemäß einer Erklärung ihrer Nachfolgeorganisation „Freiheits- und Demokratiekongreß Kurdistans“ (Kadek) möchte sie auf diese Weise dazu beitragen, eine friedliche Lösung des Kurdenproblems herbeizuführen. Es werde angestrebt, dazu „Verhandlungen“ mit allen Staaten zu führen, in denen es ein Kurdenproblem gibt: Mit der Türkei, dem Irak, dem Iran und Syrien

Unmittelbar nach dieser Erklärung gab die Kadek am 11. November ihre Selbstauflösung bekannt. Nun werde sich die Partei neu und demokratisch organisieren. Der Beschluß dazu sei bei einem Parteitreffen Ende Oktober im Nordirak einstimmig gefaßt worden. Auf diese Weise solle einer Reorganisation der Kurdenpartei der Weg bereitet werden, hieß es. Wie die Organisation heißen soll, die an die Stelle der Kadek treten soll, ist noch nicht bekannt.

Mit ihrem Schritt versucht die Organisation, sich von ihrem Terroristen-Image zu lösen und international Anerkennung zu finden. Die Ankündigung der Auflösung erfolgte zeitgleich mit Aktionen von US-Truppen, die erstmals gewaltsam gegen kurdische Guerilla-Nester im Nordirak vorgingen.

Der Internationale Gerichtshof in Den Haag erklärt den USA das Völkerrecht

(Zitat aus der taz)

EM – „Die Selbstherrlichkeit der USA, nach eigenem Gusto vermeintliche Schurkenstaaten anzugreifen, hat den Amerikanern nun einen Verweis eingetragen: Der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag hat das Gewaltverbot der UN-Charta bekräftigt. Die USA hatten in den Jahren 1987 und 1988 drei iranische Bohrinseln angegriffen. Dafür hat der Iran zwar nicht den gewünschten Schadenersatz bekommen. Doch das ist am IGH-Urteil von Donnerstagabend zweitrangig. Entscheidend ist, daß sich das UN-Gericht nicht scheute, die USA eindeutig darauf hinzuweisen, daß ihre Angriffe gegen die UN-Charta verstoßen haben. [...]

Anlaß für die US-Strafaktionen waren zwei Vorfälle. Im Oktober 1987 traf eine Rakete im Hafen von Kuwait den kuwaitischen Tanker „Sea Isle City“, der unter dem Schutz der US-Flagge fuhr. Außerdem wurde das US-Kriegsschiff „Samuel B. Roberts“ im April 1988 in internationalen Gewässern in der Nähe von Bahrain von einer Mine beschädigt. Draufhin sprengten die USA jeweils iranische Bohrinseln.

Der IGH hat nun klargestellt, daß dies in fast jeder Hinsicht gegen das Völkerrecht verstieß. Im Fall der Rakete auf die „Sea Isle City“ war unklar, ob diese überhaupt vom Iran abgefeuert wurde. Außerdem liege kein „bewaffneter Angriff“ auf die USA vor, so die Richter, wenn eine Rakete aus rund hundert Kilometer Entfernung abgefeuert wird und dabei wohl eher zufällig ein Schiff mit US-Flagge trifft.

Ganz ähnlich argumentierten die Richter beim zweiten Vorfall. Hier lag es zwar nahe, daß die Mine, die das US-Schlachtschiff traf, vom Iran gelegt war, doch konnte die US-Regierung dies nicht beweisen. Jedenfalls, so die Richter, habe auch dieser eher zufällige Minentreffer die Schwelle zum „bewaffneten Angriff“ auf die USA nicht überschritten. Und selbst wenn Selbstverteidigung gerechtfertigt gewesen wäre, so der IGH weiter, hätten nicht die Bohrinseln Nasr und Salman angegriffen werden dürfen. Denn dort war kein Militär stationiert. Außerdem wäre die Versenkung einer Ölplattform eine unverhältnismäßige Reaktion gewesen, da das US-Schiff nur beschädigt und dabei niemand getötet wurde.

Wie sehr die USA eine Einzelmeinung vertreten, zeigt das Abstimmungsergebnis in Den Haag: Die Entscheidung fiel mit 14 zu 2 Richterstimmen. Die Gegenstimmen forderten eine noch deutlichere Verurteilung der USA.“

(Aus: taz Nr. 7204 vom 10.11.2003, Seite 12, 98 Zeilen (Kommentar), CHRISTIAN RATH)

Kontakte nach Südosteuropa

EM – Im Fibre-Verlag ist soeben ein „Handbuch Südosteuropa-Kontakte“ erschienen. Mit der Publikation soll ein Beitrag zur Stärkung der Beziehungen Deutschlands und Österreichs mit den Ländern des Balkans (Albanien, Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Kroatien, Makedonien, sowie Serbien und Montenegro) geleistet werden. Im Stile der „Gelben Seiten“ sind deutsche und österreichische Institutionen und Initiativen aufgeführt die sich mit den Balkan-Ländern befassen. Analog sind auch die wichtigsten Informationen von Einrichtungen in Südosteuropa zusammengetragen. Behandelt werden staatliche bzw. politische Einrichtungen, sowie die Bereiche Kultur, Wirtschaft und Wissenschaft. Angeführt sind Adressen, Telefon- und Faxnummern, Netzseiten und E-Post-Adressen. („Handbuch Südosteuropa-Kontakte“, Osnabrück 2003, 94 Seiten, ISBN 3-929759-79-9, Fibre-Verlag)

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