Eurasien-Ticker

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Kasachstan will eine moderne Ölindustrie aufbauen · Israelische Studie sieht starkes Europa als Gefahr · Rußland tritt der Volksrepublik China lange umstrittene Inseln im Amur-Fluß ab · Mazedonien bereitet seinen EU-Beitritt vor · Die neuen Beitrittsländer müssen auf den Euro weiter warten · Deutsche Bratwüste erobern Vietnam · Wo der Stier brüllte – Archäologen entdecken das „Panionion“ · Südkoreas Verfassungsgericht entscheidet gegen die Verlegung der Hauptstadt

Von EM Redaktion

EM – Kasachstan investiert bis zum Jahr 2007 insgesamt 3,88 Milliarden Dollar in den Ausbau seiner Raffinerie-Kapazitäten. Dies sieht ein „Programm zur Entwicklung der Petrochemie in Kasachstan 2004-2010“ vor, das kürzlich in der Hauptstadt Astana verabschiedet wurde. Anlaß für die Stärkung der Ölindustrie des Landes ist der weltweit größte Ölfund der letzten 30 Jahre. Im Jahr 2000 waren Petrologen bei Bohrungen in Kaschagan vor der kasachischen Küste auf eine ungeheure Erdölblase mit rund einer Milliarde Tonnen gesicherter Reserven (über 50 Milliarden Barrel) Rohöl gestoßen.

Zurzeit gibt es drei Ölraffinerien in Kasachstan mit einer Kapazität von 18,6 Millionen Tonnen pro Jahr. Das verabschiedete Entwicklungsprogramm für die Ölindustrie des Landes sieht u.a. einen eigenen Petrochemie-Komplex in der Nähe des Kaschagan-Ölfelds vor. Das Programm zielt darauf ab, die petrochemische Industrie in Kasachstan zu einer „unabhängigen, export-orientierten und technologisch hochgerüsteten Industrie zu entwickeln“, wie der Minister für Wirtschaft und Budgetplanung, Kairat Kelimbetow, in Astana formulierte.

Kasachstan ist so groß wie Mitteleuropa und hat Ölreserven, die als die umfangreichsten außerhalb der Golfregion gelten. Nicht zuletzt deshalb ist die einstige Sowjetrepublik im Herzen Zentralasiens heute in Ost und West ein gefragter Handelspartner. (Vgl.: EM 04/04 „Kasachstan wird zum begehrten Partner in Europa und Fernost“).

Das Öl des Kaspischen Meeres gewinnt zunehmend an geopolitischer Bedeutung. Seine Vorkommen gehören zur „Strategischen Ellipse“, einem Terrain, das vom Persischen Golf über den Kaukasus und Zentralasien bis an die sibirische Barentssee reicht. Die Strategische Ellipse ist die Brennstoffkammer der Erde. Fast drei Viertel aller Öl- und Gasdepots weltweit stecken hier im Boden. Wer die Versorgungsventile innerhalb dieser Ellipse kontrolliert, entscheidet über die Entwicklung ganzer Regionen.

Die wachsende Militärpräsenz der USA in Georgien, Kirgisien und Usbekistan ist der Versuch, die Ölströme der Ellipse zu kontrollieren. Regionalstaaten und Großmächte versuchen einander in Schach zu halten und sich den Ressourcenzugang zu erschweren. Dies ist auch der Grund für den Poker um die Pipelinerouten.

Israelische Studie sieht starkes Europa als Gefahr

EM – Israel befürchtet ein außenpolitisch erstarkendes Europa. Je größer der weltpolitische Einfluß der Europäischen Union werde, um so schlechter sei dies für Israel. Dies geht aus einem Geheimbericht des israelischen Außenministeriums hervor, den die größte Tageszeitung des Landes, die „Yedioth Ahronoth“ kürzlich veröffentlichte. Darin heißt es: „Europas Ringen um eine führende Rolle in allen internationalen Entwicklungen könnte die dominante Stellung der USA untergraben.“

Die Fortsetzung des israelisch-palästinensischen Konfliktes „könnte Israel in eine Konfrontation mit der Europäischen Union führen“ zitiert „Yedioth Ahronoth“ aus der Studie. Der Konflikt könnte sogar eines Tages zu Sanktionen durch die EU führen.

Initiator der Studie ist dem Zeitungsbericht zufolge Verteidigungsminister Schaul Mofas. Die Ergebnisse, die in dem Papier zusammengefaßt sind, sollen die Grundlage für Israels künftige außen- und verteidigungspolitische Strategie der kommenden zehn Jahre bilden.

Rußland tritt der Volksrepublik China lange umstrittene Inseln im Amur-Fluß ab

EM – Vierzig Jahre hatten Rußland und China um anderthalb Inseln im Amur-Fluß gestritten, der über weite Strecken die Grenze zwischen Sibirien und der Volksrepublik bildet. Während seines jüngsten Besuches in Peking hat Rußlands Präsident Putin nun teilweise nachgegeben und den Streit damit nach Ansicht von Experten beider Seiten wohl beigelegt.

Die Chinesen hatten die Tarabarow- und die Große Ussuri-Insel für sich gefordert. Putin hat zugestimmt, daß die Tarabarow- und die Hälfte der Großen Ussuri-Insel zu China kommen. Er habe damit 337 Quadratkilometer „urrussischen Bodens“ preisgegeben, warfen ihm prompt die kommunistischen Duma-Abgeordneten vor, wenn gleich auch sie wissen, daß dieser Boden weitgehend aus Sumpf und Wiesen besteht.

Konstantin Kossatschow, Vorsitzender des Komitees für internationale Fragen, verwies darauf, daß allen die Informationen über Putins Initiative rechtzeitig vorgelegt worden seien. Die neue Grenze verlaufe nun „in der Mitte der umstrittenen Inseln“. Von einem einseitigen Zurückweichen Rußlands könne daher keine Rede sein.

Jahrzehntelang hatten beide Seiten um diese Inseln einen Prinzipienstreit ausgefochten, der zeitweilig zu einem militärischen Konflikt auszuarten drohte. 1991 konnte der damalige sowjetische Präsident Michail Gorbatschow zwar bereits eine weitgehende Einigung herbeiführen, die das Fahrwasser des Amurs zur Grenze erklärte. Doch die beiden Inseln blieben umstritten, weil sie zwischen zwei Amur-Armen liegen, von denen jeder - abhängig vom Standort des Betrachters - als Grenze angesehen wurde.

Präsident Putin hat mit seinem Einlenken jetzt für ein Ende des Konflikt gesorgt. Moskau rechnet damit, daß sich infolge der endgültigen Festlegung der Grenze Milliardengeschäfte mit dem südlichen Nachbarn eröffnen. Sie würden den Wert der Inseln, der von Ökonomen in Sibirien mit drei Milliarden Dollar beziffert wurde, ohne weiteres wett machen.

Mazedonien bereitet seinen EU-Beitritt vor

EM – EU-Kommissionspräsident Romano Prodi hat Mitte Oktober Mazedonien einen Fragebogen zu den politischen und wirtschaftlichen Beitrittskriterien sowie zum Stand der Rechtsanpassung an EU-Standards überreicht. Damit laufen die Vorbereitungen für den EU-Beitritt des Landes offiziell an. Anhand der Antworten aus Mazedonien wird die EU-Kommission beurteilen, ob Mazedonien bereit und in der Lage ist, die Pflichten eines EJU-Mitglieds zu erfüllen.

Den offiziellen Antrag auf die Aufnahme seines Landes in die EU hatte der mazedonische Präsident Branko Crvenkovski im März in Dublin beim Treffen des Europäischen Rates gestellt. Der amtierende irische EU-Ratspräsident Ahern sagte damals, der Weg Mazedoniens in die EU werde „lang und schwierig“ sein. Es gebe aber keine Alternative.

Mazedonien war im Jahre 1991 als selbständige Republik aus dem früheren Jugoslawien hervorgegangen. Neben Slowenien, das am 1. Mai der EU beigetreten ist, und Kroatien, das auf eine Aufnahme im Jahr 2007 hofft, ist Mazedonien die dritte ex-jugoslawische Republik, die sich nun in der Vorbereitung auf eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union befindet.

Die neuen Beitrittsländer müssen auf den Euro weiter warten

EM - Die zehn am 1. Mai 2004 neu beigetretenen EU-Staaten erfüllen noch nicht die Kriterien für den Euro. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung von Europäischer Zentralbank (EZB) und EU-Kommission, die am 20. Oktober vorgestellt wurde. Vor allem bei der Gesetzgebung und der Wechselkursstabilität gibt es noch großen Nachholbedarf: Bisher erfüllt keines der zehn neuen EU-Mitglieder Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn und Zypern die geforderten Voraussetzungen.

Die neuen EU-Länder streben die Einführung des Euro spätestens zum Ende dieses Jahrzehnts an. Sie versprechen sich davon vor allem sinkende Kapitalmarktzinsen. Als Vorbild gelten die ehemaligen Hochzinsländer wie Griechenland, Irland oder Italien. Dort waren die Renditen vor der Euro-Einführung deutlich gesunken, weil der Beitritt als Stabilitätsgewinn angesehen wurde.

Die großen Neumitglieder wie Polen, Ungarn und Tschechien müßten zudem die Unabhängigkeit ihrer Notenbank verbessern. Überprüft wird hier, ob Preisstabilität formell als Ziel der Zentralbank verankert ist und Notenbanker nicht einfach von der Politik abgesetzt werden können. Analysiert wird zudem, ob die nationalen Gesetze mit der EZB-Satzung vereinbar sind.

Deutsche Bratwüste erobern Vietnam

EM – Die Deutsche Bratwurst entwickelt sich zum Verkaufsschlager in Vietnam. Ein deutsch-vietnamesisches Gemeinschaftsunternehmen produziert seit Herbst 2000 Bratwürste nach Thüringer Rezept. „Wir haben schon über 20 Millionen Bratwürste hergestellt, die Produktion hat sich von Jahr zu Jahr verdoppelt“, sagt der vietnamesische Inhaber der Duc-Viet- Bratwurstfabrik, Tan Mai. Neben den 120 vietnamesischen Beschäftigten arbeitet ein Thüringer Metzger in dem Unternehmen. Abnehmer sind Supermärkte, Schulen, Restaurants, Hotels, Biergärten und die Fluggesellschaft Vietnam Airlines. Vietnamesische Bratwurstinformationen im Netz.

Wo der Stier brüllte – Archäologen entdecken das „Panionion“

EM - Einen sensationellen Fund haben Archäologen der Ruhr-Universität Bochum (RUB) gemacht: Im türkischen Mykale-Gebirge entdeckten Prof. Dr. Hans Lohmann und seine Mitarbeiter das Panionion - das Zentralheiligtum der griechischen Bewohner an der kleinasiatischen Westküste. Zwölf ionische Städte, darunter so bedeutende wie Milet, Ephesos und Priene, waren in archaischer und klassischer Zeit im „Panionischen Bund“ vereint und begingen in ihrem Heiligtum, dem „Panionion“ , den Kult des Poseidon Helikonios, dem uralten ägäischen Gott des Meeres und des Landes.

Im Panionion brachten die Ionier dem Gott Poseidon Opfer. Dabei wurde ein Stier von jungen Männern zum Altar geschleppt. Es galt als günstiges Omen, wenn der Stier möglichst laut brüllte und stöhnte, wie aus verschiedenen Überlieferungen hervorgeht.. Den Namen „Mykale“ für das Gebirge leitete man später lautmalerisch aus dem Gebrüll der Stiere („Müühkale“) ab. Tatsächlich dürfte er jedoch, so die Forscher, vorgriechisch sein. Das Mykale-Gebirge (heute Dilek Daðlarý) liegt ca. 100 Kilometer südlich der Hafenstadt Izmir. Lohmann und sein Team vom Institut für Archäologische Wissenschaften der RUB haben die Gegend im September 2004 systematisch erforscht. Mit ihrem Fund konnten sie nun das jahrhundertealte Rätsel lösen, wo das Panionion liegt. Erste Hinweise auf den Kult des Poseidon Helikonios finden sich bereits bei Homer (8. Jahrhundert vor Christus).

Südkoreas Verfassungsgericht entscheidet gegen die Verlegung der Hauptstadt

EM - Die Pläne der südkoreanischen Regierung, die Hauptstadt des Landes zu verlegen (EM 09-04), sind vom Verfassungsgericht in Seoul überraschend gestoppt worden. Präsident Roh Moo-hyun hatte dieses Projekt im Jahr 2002 in sein Wahlkampfprogramm aufgenommen, wollte die Machtkonzentration in Seoul brechen und eine gleichmäßigere Entwicklung der Regionen forcieren. Diese Pläne wurden nun von höchster Instanz für nicht verfassungskonform erklärt.

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