Eurasien-Ticker

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Fatah verhandelt mit Hamas über palästinensische Einheitsregierung · EU-Handelsabkommen mit Staaten Asiens rücken näher · US-Präsident Bush will Soldaten für den Irak-Krieg zwangsrekrutieren · Indien wehrt sich gegen „Coca-Colonisierung“ · In Russland entsteht der größte Aluminium-Konzern der Welt · Computer soll Sprachbarrieren überwinden · Klaus Töpfer wird Umweltbotschafter · Sein Wachstum macht Spanien zum Einwanderungsland

Von EM Redaktion

Fatah verhandelt mit Hamas über palästinensische Einheitsregierung

EM - Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas ist von seiner Fatah-Partei zu Gesprächen über die Bildung einer nationalen Einheitsregierung mit der islamistischen Hamas-Organisation ermächtigt worden. Dies berichtete die Tageszeitung DIE WELT am 28. August 2006. Nach den von der Hamas gewonnenen Wahlen im Januar hätte die Fatah dies stets abgelehnt, weil die Islamisten die Anerkennung des Existenzrechtes Israels verweigerten. Hamas-Sprecher Sami Abu Suchri machte umgehend den Führungsanspruch seiner Partei geltend. „Dass Hamas diese Regierung anführen wird, ist unverhandelbar, weil sie die Mehrheit im Parlament hat“, sagte er laut WELT. Auch die radikal-islamische Untergrundorganisation Islamischer Dschihad unterstützte die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit, wolle sich an ihr aber nicht beteiligen.

Lesen Sie dazu auch das EM-Interview in dieser Ausgabe: „Naher Osten- Israel führte im Libanon einen Stellvertreterkrieg für die USA“, mit Prof. Dr. Helga Baumgarten.

EU-Handelsabkommen mit Staaten Asiens rücken näher

EM - Nach der Unterzeichnung einer Handels- und Investitionsvereinbarung zwischen den USA und dem südostasiatischen Staatenbündnis Asean sei der Druck auf die Europäische Union gestiegen, sich in Asien ebenfalls um regionale Abkommen zu bemühen. Das Thema beschäftige Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) bei seinen derzeitigen Gesprächen in Malaysia und Indien. Dies berichtete die FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND (FTD) in ihrer Ausgabe vom 29. August 2006. Das Blatt berichtet, dass die EU parallel über Abkommen zum Abbau von Handelshindernissen sowohl mit Asean als auch mit Indien verhandeln wolle.

Bilaterale Abkommen in der Region benachteiligen bislang europäische Firmen. Sie müssen zum Beispiel bei Exporten nach Thailand hohe Zölle entrichten, während die japanische Konkurrenz von einem bilateralen Freihandelsabkommen profitiert.

Auch die US-Regierung sei in der Region nach vorne geprescht. Mit der Unterzeichnung einer Absichtserklärung vergangene Woche habe Washington den ersten Schritt zu einem umfassenderen Abkommen mit Asean getan. Auch mit Südkorea würden die USA den bilateralen Abbau von Handelshindernissen verhandeln – zum Schrecken mancher Europäer. „Es gibt klare ökonomische Hinweise darauf, dass Unternehmen aus der EU in Regionen, in denen die USA solche Abkommen verhandelt haben, schnell ins Hintertreffen geraten“, zitiert die FTD einen Handelsbeamten in Brüssel.

US-Präsident Bush will Soldaten für den Irak-Krieg zwangsrekrutieren

EM – Der US-Armee gehen die Freiwilligen für ihre Kriege aus. Deshalb hat der amerikanische Präsident George W. Bush jetzt einem Aufruf des US-Marinekorps zugestimmt, 2500 nicht aktive Soldaten per Zwangsrekrutierung in den Irak und nach Afghanistan zu entsenden. Dies berichtete der US-Sender CNN Ende August 2006. Die Marine habe schon seit geraumer Zeit nicht mehr genug Freiwillige, heißt es in dem Bericht.

Die zwangsweise ausgehobenen Soldaten sollen ab Frühjahr 2007 auf nicht besetzte Posten abkommandiert werden, wie CNN berichtete. Sie könnten für zwölf bis 18 Monate verpflichtet werden - und zwar auch für Kampfeinsätze.

Eine Höchstgrenze für die Zwangsrekrutierungen wurde nicht festgelegt, es könnten künftig also noch mehr als die bisher einberufenen 2500 Soldaten werden. In der betroffenen Reserveeinheit sind rund 59.000 Soldaten. Bereits in den ersten Tagen des Irak-Krieges waren 2600 Marines zwangsrekrutiert worden.

Die US-Bevölkerung insgesamt steht der amerikanischen Militärpräsenz im Irak immer kritischer gegenüber, wie die „New York Times“ ebenfalls im August berichtete. Laut einer Umfrage finden mehr als 51 Prozent der Amerikaner, der Irak-Krieg habe nichts mit dem „Kampf gegen den Terror“ zu tun. Im Juni waren es noch 41 Prozent gewesen. Außerdem sei knapp die Hälfte der Befragten der Meinung, Bush habe sich in seiner Politik zu sehr auf den Irak und zu wenig auf andere Bedrohungen konzentriert. 53 Prozent sind der Meinung, der Krieg sei generell ein Fehler gewesen. 62 Prozent sagen, die Bemühungen um eine Stabilisierung des Iraks drohten zu versagen oder hätten bereits versagt.

Indien wehrt sich gegen „Coca-Colonisierung“

EM – „Vor laufenden Kameras verbrennen oder zerreißen wütende Inder Cola-Plakate, sie kippen die Softdrinks auf die Straße oder trichtern sie demonstrativ Eseln ein. Über 60 Jahre nach Beginn der Unabhängigkeitsbewegung erlebt Indien eine neue ‚Verlasst Indien’-Kampagne. Aber diesmal sind nicht die britischen Kolonialherren gemeint, sondern die US-Brausegiganten Coca-Cola und Pepsico.“

Dies berichten die Korrespondenten Christine Möllhoff und Jo Johnson aus Delhi in mehreren  deutschen Blättern. Der kleine, marxistisch regierte Bundesstaat Kerala habe sich an die Spitze der Bewegung gesetzt. Als erster wolle er komplett colafrei werden – er habe den Verkauf der US-Cola ganz verboten. Fünf andere Bundesstaaten haben den Berichten zufolge US-Brausen aus Schulen, Hospitälern und Unis verbannt.

Auslöser sei eine neue Studie des Zentrums für Wissenschaft und Umwelt (CSE) in Neu-Delhi gewesen. Danach enthielten die untersuchten Proben Pestizidwerte, die im Durchschnitt bis zu 30fach über dem Grenzwert gelegen hätten. In Anzeigen hätten die Hersteller dies bestritten, aber die öffentliche Empörung schwappe dennoch hoch, berichten die Autoren. Das oberste Gericht habe die Firmen außerdem dazu verdonnert, binnen vier Wochen die geheimen Zutaten ihrer Rezepte offen zu legen.

Von den Verboten sind den Berichten zufolge nur die Produkte der US-Töchter, nicht aber heimische Cola-Hersteller betroffen. Verglichen mit dem Westen würden in Indien noch vergleichsweise wenig Softdrinks konsumiert. Giftstoffe im Essen und Trinken seien eigentlich auch nur sehr selten ein Thema, das die Nation erregt diskutiere. .Die Autoren vermuten deshalb auch weniger gesundheitliche, als vielmehr grundsätzliche Aspekte des Verhältnisses zu dem US-Brausekonzernen. Sie schreiben: „Der jüngste Feldzug dürfte daher nicht allein der Gesundheit der Konsumenten geschuldet sein. Die US-Hersteller sind vielen Indern ein Dorn im Auge. 1977 hatte Indien Coca-Cola schon einmal aus dem Land geworfen, weil sich die Firma weigerte, ihr streng gehütetes Rezept offen zu legen. Erst 1993 kehrte sie zeitgleich mit dem Rivalen Pepsi zurück.“ Während die junge Generation gerne zu den süßen Sprudeln greife, sähen Altlinke und rechte Hindunationalisten in Cola und Pepsi vor allem Symbole eines US-Konsumimperialismus. Die Angst vor einer „Coca-Colonisierung“ gehe um.

In Russland entsteht der größte Aluminium-Konzern der Welt

EM – Die russische Alu-Firma Russkij Aluminii (Rusal) soll mit dem Branchenzweiten des Landes, SUAL, fusionieren und zum größten Leichtmetall-Konzern weltweit verschmelzen. Dies berichtete die russische Wirtschaftszeitung „Kommersant“ Mitte August 2006.

 Nach seiner Fusion würde das Unternehmen, Finanzanalysten zufolge, einen Marktwert von 16 bis 22 Milliarden Dollar besitzen. Seine Produktionskapazität läge bei rund vier Millionen Tonnen jährlich. Die derzeitige Nummer eins, der US-Konzern Alcoa, bringt es auf einen Ausstoß von 3,5 Millionen Tonnen. Offiziell soll die Firmenverschmelzung Ende Oktober vollzogen werden.

Als Gründe für die Fusion nennen Wirtschaftsexperten des britischen Beratungsunternehmens CRU den gescheiterten Einstieg des russischen Stahlgiganten Severstahl beim luxemburgischen Konzern Arcelor. Jetzt versuche man eben die Weltmarktführerschaft bei Leichtmetall zu erringen. Die Zustimmung von Kremlchef Wladimir Putin soll laut „Kommersant“ bereits eingeholt sein. Es gehöre zur Politik des Kremls, international dominierende russische Großkonzerne zu schaffen.

Computer soll Sprachbarrieren überwinden

EM - Die Länder der Europäischen Union wollen politisch und wirtschaftlich immer enger zusammenwachsen. Doch während die Zollgrenzen längst gefallen sind, gibt es eine Barriere, die nicht so einfach zu überwinden ist: die Vielsprachigkeit. In der Europäischen Union werden offiziell 20 Sprachen gesprochen. Die Verständigungsprobleme behindern vor allem die internationale Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen. Während die Politiker meist auf ihre Dolmetscher zurückgreifen können, verzichtet so mancher Geschäftsmann aus Kosten- und Zeitgründen auf die Übersetzung einer ausländischen Internetseite oder scheut den Telefonanruf mit seinem ausländischen Partner.

Die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen (RWTH) forscht nun verstärkt an einer maschinellen Simultanübersetzung, damit diese sprachlichen Hindernisse beseitigt werden. Derzeit arbeiten zwölf internationale Partner gemeinsam an dem europäischen Projekt TC-STAR (Technology and Corpora for Speech to Speech Translation). TC-STAR forscht an der Entwicklung eines maschinellen Simultandolmetschers, der das gesprochene Wort in eine andere Sprache übersetzt. Dazu wird zum Beispiel gesprochenes Spanisch per Spracherkennung verschriftet und maschinell übersetzt, um schließlich als gesprochenes Englisch wieder ausgegeben zu werden. Neben international führenden Technologieunternehmen wie IBM, Siemens, Nokia und Sony sind in Deutschland die RWTH Aachen und die Universität Karlsruhe an dem 18-Millionen-Euro-Projekt, das mit 11 Millionen von der EU gefördert wird, beteiligt.

Das Ziel ist nicht die Ersetzung menschlicher Übersetzer, dafür hat der maschinelle Simultandolmetscher derzeit noch eine zu geringe Qualität. Vielmehr soll die Kommunikation über die Sprachgrenzen vor allem schneller und günstiger werden. Zum Stand der computerisierten Simultanübersetzung wurde kürzlich der Report „Human Language Technologies for Europe“ herausgegeben. Der Report, der demnächst außer in Englisch auch noch in deutscher, französischer und italienischer Sprache erscheint, gibt Einblicke in den internationalen Übersetzungsmarkt und verdeutlicht vor allem die wirtschaftlichen und politischen Chancen, die maschinelle Übersetzung ermöglicht.

Weitere Informationen über das TC-STAR-Projekt gibt es unter www.tc-star.org und www-i6.informatik.rwth-aachen.de. Den Report gibt es zum Herunterladen unter http://europa.eu/languages/en/document/88.

Klaus Töpfer wird Umweltbotschafter

EM - Er war Bundesumweltminister und Direktor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen und damit ranghöchster Deutscher bei den VN. Nun ernennt die Deutsche Auslandsgesellschaft (AgD) Prof. Dr. Klaus Töpfer zum Umweltbotschafter. Damit erhält der Politiker am 25. September im Zentrum für Umweltkommunikation (ZUK) der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) die erste Auszeichnung dieser Art.

Sein Wachstum macht Spanien zum Einwanderungsland

EM – Vier Millionen der über 44 Millionen in Spanien lebenden Menschen sind heute Ausländer, berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung, FAZ Ende August. Das Blatt schreibt: „Das sind neun Prozent der Bevölkerung. Das ist zwar nicht der höchste Ausländeranteil in den Ländern der Europäischen Union, doch sind in den vergangenen beiden Jahren mehr Einwanderer nach Spanien gekommen als in jedes andere europäische Land. 2004 lag die Einwandererzahl in Spanien mit knapp einer Million nur wenig unter der in den Vereinigten Staaten. An der Zunahme der Einwohnerzahl innerhalb der Europäischen Union ist Spanien mit 30 Prozent beteiligt, obwohl die Geburtenrate eine der niedrigsten in Europa ist.“

Für die Beliebtheit Spaniens als Einwanderungsland gäbe es mehrere Gründe. Einmal habe Spanien mit drei bis vier Prozent im Jahr das höchste Wirtschaftswachstum innerhalb der EU. Die beiden wichtigsten Säulen des Wachstums - Bauwirtschaft und Fremdenverkehr - könnten viele nicht besonders qualifizierte Arbeitskräfte gebrauchen. Zudem sei Spanien mit den Kanarischen Inseln und den in Nordafrika gelegenen Enklaven Ceuta und Melilla Südgrenze der EU und damit für arme Auswanderer aus Afrika das am nächsten gelegene Tor zu Europa. In Spanien erhielten auch illegal Zugereiste Zugang zur Gesundheitsfürsorge und die Möglichkeit, ihre Kinder in Schulen zu schicken. Die staatliche Gesundheitsfürsorge sei großzügig und akzeptiere auch Kranke, die nie in die spanische Sozialversicherung eingezahlt haben.

Die größte Gruppe unter den in Spanien lebenden Ausländern seien die Marokkaner mit etwa 600 000, gefolgt von den Ecuadorianern (400 000) und den Rumänen (300 000). Nach Umfragen glaubten zwar immer noch viele Spanier, die Immigration sei eines der großen Probleme des Landes. Regierung und Wirtschaftsführer meinten hingegen, dass die Zuwanderung Spanien mehr Vor- als Nachteile bringe. Willkommen sei auch die demographische Verjüngung der Bevölkerung. Die Zuwanderer bekämen mehr Kinder als die Einheimischen. Solange Spaniens Wirtschaft weiter so schnell wachse, seien die Zuwanderer willkommen.

Aus der Serie „Migration“ der FAZ: www.faz.net/Migration.

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