Mehr als nur FußballEM-QUALIFIKATION

Mehr als nur Fußball

Slowenien und Kroatien trafen in den Ausscheidungsspielen zur EM-Qualifikation aufeinander, Kroatien setzte sich durch. In der EU-Qualifikation stand dagegen Slowenien bereits als Sieger fest. Die Auslosung der entscheidenden Fußballspiele fiel in eine Phase der erhöhten Spannungen zwischen den Nachbarländern.

Von Nico Lange

EM – Die Beziehungen zwischen Slowenien und Kroatien sind angespannt – und dafür gibt es viele Gründe. Zum Einen hat Kroatien in der letzten Woche die EM-Träume seines Nachbarn Slowenien zunichte gemacht. Die kroatische Mannschaft setzte sich mit 1:1 und 1:0 gegen die Slowenen durch. Damit steht fest, daß Kroatien zur Fußball-Europameisterschaft fahren darf und Slowenien zu Hause bleiben muß. Zum Anderen könnte ein wirtschaftlicher und politischer Streit zwischen beiden südosteuropäischen Ländern dazu führen, daß Kroatiens EU-Beitritt in weite Ferne rückt. Anders sieht es da bei Slowenien aus, die im Mai 2004 dem vereinten Europa beitreten werden.

Streit um die Wirtschaftszone in der Adria

Ausgangspunkt der aktuellen Streitigkeiten ist der offensiv vertretene Anspruch Zagrebs auf eine exklusive Wirtschaftszone in der Adria. Wenn alle betroffenen Nachbarn in der Region zustimmen, ist die Errichtung einer solchen Zone völkerrechtlich problemlos. Doch eben diese Zustimmung verweigert Slowenien, aus einem relativ einfachen Grund: Die Ausweitung der kroatischen Jurisdiktion bis nach Savudria schnitte Slowenien faktisch von den internationalen Gewässern ab. Durch polemische Äußerungen auf beiden Seiten eskalierte die Auseinandersetzung schnell soweit, daß der slowenische Außenminister Dimitrij Rupel den kroatischen Botschafter in Ljubljana zu Konsultationen einbestellte, was in Diplomatenkreisen die letzte Drohstufe vor dem Abbruch der Beziehungen darstellt.

Alte Rechnungen und ein Atomkraftwerk

Und natürlich kochen nun auch alte ungelöste Probleme wieder hoch, wie etwa der kroatische Vorwurf an die Bank von Ljubljana, beim Zerfall Jugoslawiens die Guthaben der kroatischen Kunden eingestrichen zu haben. Auch beim gemeinsamen Atomkraftwerk Krško streitet man sich schon seit langem um Geld. Aufgrund der Miteigentümerschaft steht Kroatien die Hälfte der erzeugten Energiemenge zu. Slowenien kann jedoch nicht liefern, weil Krško nicht funktionsfähig ist. Das Kraftwerk steht auf erdbebengefährdetem Gebiet und ist mit einer Kühlung ausgestattet, die den tropischen Temperaturen des letzten Sommers nicht standhielt. Die kroatische Regierung verlangt zur Kompensation die Zahlung von 53 Millionen US-Dollar. Geld, das Kroatien bitter nötig hat. Viele Beobachter diagnostizieren mittlerweile den kroatischen Staatsbankrott. Außenhandelsdefizit und Auslandsverschuldung Kroatiens haben Rekordhöhen erreicht, Export, Industrieproduktion und sogar der Tourismus stagnieren. Ganz anders Slowenien. Das Land wurde kürzlich offiziell von der EU zum Primus der zehn Beitrittsländer gekürt.

Keine weiteren Ausscheidungsspiele

Der Sieg der rechtsnationalistischen HDZ bei den Parlamentswahlen am 23. November wird die Auseinandersetzungen nun möglicherweise noch verschärfen und vielleicht sogar neue Konflikte in der Region heraufbeschwören. War es doch vor allem die HDZ, die im Jahr 2001 eine bereits vorliegende Kompromißlösung im Streit um die adriatische Wirtschaftszone in letzter Minute im kroatischen Parlament scheitern ließ. Geplant war damals die Wirtschaftszone um fünf Grad zu verlegen, um Slowenien so einen Zugang zum Meer zu ermöglichen.

Ausscheidungsspiele um die Fahrt zur Fußball-Europameisterschaft tragen nicht gerade zur Beruhigung erhitzter nationaler Gemüter bei, da naturgemäß nur ein Gewinner übrig bleiben kann. Dennoch sollte die schnelle Beilegung der Konflikte um die kroatische Jurisdiktion in der Adria und die Intensivierung des Dialogs über das Atomkraftwerk Krško im primären Interesse beider Staaten liegen.

Balkan EU

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