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Mit dem Reisemobil von Europa bis an den Pazifik

30 000 Kilometer auf den Spuren von Marco Polo – 130 Tage Fahrt nach Singapur – der Kontinent lockt mit seiner Weite und unerschöpflichen Vielfalt zum großen Abenteuer

Von Hans Wagner

EM – Im August 2003 brechen sie auf: Eine Kolonne von 20 Reisemobilen aus Europa. 130 Tage später, kurz vor Weihnachten, werden die Hochhäuser von Singapur vor ihnen am Horizont auftauchen. Sie haben nun eine Reise quer durch Eurasien hinter sich, die ihnen neben den überwältigenden Eindrücken von Ländern und Menschen auch einen Begriff von der Größe des Kontinents vermitteln konnte und von seiner unglaublichen kulturellen Vielfalt.

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St. Petersburg, Erlöserkirche „auf dem Blute“ 

Der Aufbruch des Konvois erfolgt im Sommer, um Rußland und Sibirien vor Wintereinbruch zu durchqueren. Durch die Mongolei und die Wüste Gobi geht es weiter nach China. Im „Reich der Mitte“ führt die Route über Peking nach Shanghai, am Pazifik entlang in die einmalige Hügel- und Flußlandschaft von Guilin mit ihren Tropfsteinhöhlen, uralten Parks und Kanälen. Sie nimmt einen besonderen Platz in der chinesischen Kultur und Geschichte ein.

Über Vietnam, Kambodscha, Thailand und Malaysia erreicht die Reisegruppe mit ihren Fahrzeugen nach über vier Monaten und rund 20.000 Kilometern Fahrt das südostasiatische Wirtschaftszentrum Singapur. Hier sind gute zwei Wochen zur Regeneration eingeplant für Strandvergnügen, Einkäufe und kulturelle Entdeckungen. Danach werden die Reisemobile verschifft für die Fahrt zurück nach Westeuropa. Alternativ kann eine Weiterreise nach Australien gebucht oder die Rückfahrt auf dem Landweg über Burma, China, Tibet etc. angetreten werden.

Auf eigene Faust wären solche Reisen kaum möglich

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  Am Grenzübergang nach Rußland

Die Strecke der Singapurfahrer wäre mit dem Flugzeug locker in einem Tag (24 Stunden) zurückzulegen und würde nur einen Bruchteil dessen kosten, was für die Reisemobil-Expedition auszugeben ist. Aber das Erlebnis, den Kontinent, seine kulturelle Vielfalt die unendliche Weite und landschaftliche Vielgestaltigkeit im wahrsten Sinne des Wortes zu erfahren, kann eine Flugreise niemals ersetzen. Allerdings hat das Abenteuer auch seinen Preis: 8.900 US-Dollar pro Person kosten die Leistungen des Reiseveranstalters „Perestroika“, der mit diesem Angebot geführter Fernreisen im eigenen Fahrzeug vor zehn Jahren seine Marktlücke entdeckt hatte. Im Preis enthalten sind die komplette Organisation, Visabeschaffung für die Grenzübertritte (neun Länder), deutschsprachige Reiseleitung, Führungen zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten, Camping- und Übernachtungsgebühren, Insolvenz-, Reiserücktritts- und Abbruchversicherung, Teilverpflegung und Folkloreveranstaltungen.

Nicht enthalten: unkalkulierte Eintrittsgelder, evtl. verlangte Grenz-, Maut-, Transit- und Fährgebühren, Kraftstoff, zusätzliche Programme, Bahntransport, Flug, Verschiffung (ca. 2.500 - 3.000 USD bei 6 m Reisemobil), Seetransportversicherung.

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Am Ziel: Stadtbild Singapur 

Neben der Singapur-Reise werden von „Perestroika Tours“ weitere eurasienweite Fahrten angeboten. Die längste dauert 140 Tage und das Ziel ist erst nach rund 30.000 Kilometern erreicht. Sie läuft unter der Bezeichnung „Auf den Spuren Marco Polos“ und beginnt in dessen Heimatstadt Venedig. Über Griechenland, die Türkei und den Iran gelangen die Expeditionsteilnehmer in ihren Reisemobilen schließlich auf uralten Verbindungswegen bis nach China. Die Rückroute verläuft durch die Mongolei und Rußland wieder nach Westeuropa.

Außerdem organisiert „Perestroika Tours“ auch geführte Reisen nach Ägypten und Nordafrika, auf die schottischen Highlands und nach Siebenbürgen zu den dortigen Moldauklöstern, eine Kunstreise nach Moskau (Goldener Ring) und in die Tiefen der „Russischen Seele“, die der Veranstalter den Reisemobilisten u.a. auf der Wolga, an der Newa und auf der Halbinsel Krim offenbaren will.

Heimathafen der Eurasienfahrer ist der Hunsrück in Deutschland

„Perestroika Tours“. wurde 1990 in Minsk/Weißrußland als Joint Venture gegründet. Ihr Ziel war es, dem Campingtourismus das „Tor zum Osten“ zu öffnen. Heute ist der Firmensitz in Deutschland. Auf dem Campingplatz Schinderhannes in Hausbay/Pfalzfeld (liegt im Hunsrück, 30 Kilometer südlich von Koblenz) ist sozusagen der Heimathafen der Eurasienfahrer. Hier werden seit zehn Jahren die Expeditionen quer durch den Kontinent vorbereitet. Für jede Reise, an der maximal 20 Fahrzeuge teilnehmen können, findet etwa acht Wochen vor Abfahrt eine Teilnehmerbesprechung statt. Den genauen Termin erfahren die Mitglieder der Gruppen mit der Buchungsbestätigung.

Bei diesem Vorbereitungstreffen werden die Details der Fahrten bekannt gegeben, die Teilnehmer lernen ihren Reiseleiter kennen und erhalten ihre Reiseunterlagen mit Kartenmaterial und einer Teilnehmerliste. Es werden Fragen zur Reiseausrüstung besprochen und die verschiedenen Einreise- und Visaformalitäten geklärt.

Da die Langstreckenfahrten (ab 50 Tagen) Expeditionscharakter haben, stellen sie höchste Ansprüche an Menschen und Material. Aus diesem Grund können zum Beispiel nur Reisemobile mit Dieselmotor teilnehmen. Die Fahrzeuge sollten autark sein, da im wesentlichen Reiseentwicklungsländer durchquert werden, und sie sollten mit CB-Funk ausgerüstet sein, um in der Kolonne den Anschluß nicht zu verlieren, vor allem in den großen Städten.

Abenteuer in der Wüste Gobi und auf den Paßhöhen Kirgistans

Eine Gruppe, die mit Ihren Reisemobilen auf einer Perestroika-Tour durch die Mongolei unterwegs war, berichtete in der Zeitschrift „Caravaning Welt“ von einem Abenteuer der besonderen Art in der Wüste Gobi. Nach extrem langen Regenfällen hatte sich die Sandwüste in ein Schlammbad verwandelt. An einem Tag kam die Expedition nur noch gut 30 Kilometer voran. Dann versperrte ein riesiger See, der sich auf der Route überraschend vor ihnen auftat, den Weg und mit der Fahrt auf eigenen Rädern war es endgültig vorbei. Eine Senke, die voll Wasser gelaufen war, hatte ein Ausmaß von vielen Hektar. In dieser Situation half das mongolische Militär. Die Soldaten bauten eine Behelfsrampe an der Strecke der transmongolischen Eisenbahn und verfrachteten die Wohnmobile auf Güterwagen.

Die Fahrt von Kirgistan nach China führte die Wagenkolonne über einen 3.750 Meter hohen Paß. Vor dem Grenzübertritt in die Volksrepublik mußten die europäischen Fahrzeuge mit chinesischen Nummernschildern versehen werden.

Zwei-Wochen-Tour zu den „Weißen Nächten in St. Petersburg“

„Perestroika-Tours“ veranstaltet auch kürzere Wohnmobil-Reisen von bis zu 50 Tagen. Auch sie ermöglichen Reiseziele, die alleine nur beschwerlich oder gar nicht zu erreichen wären. Nicht selten wird die „Wagenburg“ bei Stadtausflügen, die vom Campingplatz aus mit dem Bus unternommen werden, inzwischen von bewaffneten Aufpassern mit Hunden geschützt. Zwanzig Reisemobile stellen schließlich einen Wert von über einer Million Euro dar.

Zu den kürzeren Touren gehört die Reise mit dem Titel „Weiße Nächte in St. Petersburg“. Sie dauert gut zwei Wochen und führt im wesentlichen an der Ostseeküste entlang, über Marienburg (Malbork) durch die baltischen Länder nach Königsberg (Kaliningrad) in Ostpreußen und schließlich an die Newa nach St. Petersburg. Rückreise über Helsinki und mit Fähren zurück nach Deutschland. Diese Reise kann auch mit einwöchiger Verlängerung gebucht werden und enthält dann eine Flußkreuzfahrt auf der Wolga.

Weitere solcher kürzeren Reisen führen über Moskau zur Halbinsel Krim und weiter nach Odessa am Schwarzen Meer. Sie dauert 34 Tage. In 42 Tagen werden die Türkei und Griechenland bereist.

Informationen: www.mir-tours.de

Eurasien Reise

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