Motorrad-Spaß bei der „Kroatien-Rallye“JOE DAKAR

Motorrad-Spaß bei der „Kroatien-Rallye“

Motorrad-Spaß bei der „Kroatien-Rallye“

EM-Lesern ist Motorrad-Abenteurer Joe Dakar bestens bekannt. Schon als er sich noch bürgerlich Jochen Stather nannte, hat er durch seine Geschichte „Mit dem Moped nach Sibirien“ die Leser begeistert. Diesmal ging es nach Kroatien, auf die Insel Krk, zum Nationalpark Paklenica und nach Opatia, dem ehemaligen Sankt Jakobi an der Kvarner Bucht. Dazu Dakar: „Geführte Touren passen ja so gar nicht in meine Vorstellung von Motorrad Reisen, aber wenn die Zeitschrift „ReiseMotorrad“ zur jährlichen „Kroatien Rallye“ ruft, bin ich natürlich wieder dabei, denn bei dieser Veranstaltung ist Spaß vorprogrammiert! Und um den ging es bei dieser Tour vor allem.

Von Joe Dakar

D ie Autobahn von Deutschland nach Kroatien ist wenig spektakulär, aber auf einen Abstecher in die nahen, kurvigen Alpenstraßen hatte auch keiner Lust. So schnurrten wir die Kilometer herunter, zahlten brav die diversen Mautforderungen der Österreicher und Slowenen und bekamen kurz vor dem ersten Tagesziel und Treffpunkt sogar noch einen guten Kilometer Schotter unter die Reifen.

Es war meine erste Tour mit der neuen 990 Adventure S von KTM. Noch nie war ich mit ihr auf losem Untergrund unterwegs und auch sonst standen erst wenige Kilometer auf der Uhr. Aber der Vorderreifen griff überzeugend auf den Schotter der Baustelle und der Spaß konnte beginnen. - Macht die KTM auf engen Straßen und schnellen Etappen schon sehr viel Spaß, auf losem Untergrund geht mit ihr erst so richtig die Post ab.

Breit grinsend erreichten wir das Hotel, vor dem schon einige andere Teilnehmer der Rallye in der Sonne saßen. Fast die komplette Gruppe aus dem letzten Jahr war wieder mit dabei. Als gegen Abend alle Teilnehmer - insgesamt fast 50 - eingetroffen warn, wurden die Geschenke der diversen Sponsoren verteilt, Aktionen besprochen und der grobe Plan der nächsten vier Tage erklärt. Bald zogen sich die Gruppen mit ihren Tourguides zurück und unser Tourguide Danijel (www.bluebiketours.de) hatte natürlich wieder einen Geheimtipp zum Abendessen für uns aufgetan.

Fotos: Copyright by Corinna Ziebart & Danijel Sedic.

Vorfreude auf schlechte Straßen, Kurven, rasante Fahrten, atemberaubende Ausblicke

Da sich bestimmte Dinge wohl nie ändern werden, sind wir mal wieder die letzte Gruppe, die am Morgen das Hotel verlässt. Weit kommen wir allerdings nicht, denn schon an der ersten Ampel macht die Maschine von Ilsedore Mucken. Mit etwas gutem Zureden spielt die F 650 dann doch wieder mit. Wir starten voller Vorfreude auf schlechte Straßen, enge Kurven, rasante Fahrten und atemberaubende Ausblicke, auf diverse Kaffee- und Restaurantstopps. Unser Tempo ist jedoch weit geringer als im letzten Jahr. Vor Verzweiflung fahre ich völlig untertourig im 4. Gang (nur um ihn mal benutzt zu haben), andere pflücken während der Fahrt Blumen oder üben artistische Einlagen auf den Motorrädern.

Beim ersten Stopp lässt sich der Frust nur schwer verbergen. Zwei in unserer Gruppe sind untermotorisiert, eine der beiden scheint auch an den Grenzen des fahrtechnisch machbaren zu sein. Wir kühlen die Gemüter bei einem entspannten Stopp an einem kleinen Bach und verspeisen bei der Gelegenheit auch noch ein paar frisch gefangene Forellen aus dem selbigen. Auf der letzten Etappe zum Tagesziel lassen wir die langsameren Maschinen vorausfahren und plaudern noch ein viertel Stündchen, bis wir uns dann auch auf den Weg machen.

Endlich! Eine enge Straße mit wechselndem Asphalt. Immer wieder Sand und Schotter in den Kurven. Hinter einer Kuppe windet sie sich durch das Tal und schließlich die Berge hinauf. Hurra, wir lassen es entsprechend krachen, denn der Frust des Tages muss ja weg gefahren werden. Erst als mir auf meiner Ideallinie in einer Kehre ein Auto entgegenkommt, nehme ich das Gas etwas zurück und gemeinsam mit Norbert schwinge ich die letzten Kilometer ganz entspannt durch die Kurven. Wir sind die ersten am Treffpunkt, nur der Begleitbus steht schon auf dem Parkplatz.

Nachdem auch die anderen Gruppen eingetroffen sind, gibt es ein gemeinsames Forellenessen in einem weitläufigen Lokal direkt am Fluss. Nach dem Essen kommt es zu der Diskussion, die schon den ganzen Tag in der Luft lag: Ilsedore und einige andere möchten die Gruppe wechseln, die meisten  allerdings nicht. Es werden heftige Worte gewechselt, aber letztendlich steht fest, dass die Gruppe zusammen bleibt und wir Wege suchen und finden werden, dass wir alle unseren Spaß haben.

Pannen, Öl und Slibovitz

Bei einem hausgebrannten Sliboviz unserer Zimmerwirtin klingt der Abend aus. Aber dann der nächste Morgen: Regen! Entsprechend schwer fällt uns das Aufstehen, Anziehen und Beladen der Motorräder. Beim gemeinsamen Frühstück ist die Stimmung ein bisschen „verregnet“, aber dann machen wir uns doch alle reisefertig.

Oli verpasst seine Gruppe. Als ich ihm winke, schert er aus und kann leider den Schreck in meinen Augen nicht erkennen: Mit seinen ausladenden Koffern reißt er Hans-Heinrich den Koffer von der Maschine. Ist aber nicht so schlimm, denn Hans-Heinrich hat in Passau seine Kofferinnentasche mit seinen ganzen Klamotten vergessen und so ist der Koffer eh leer (bis auf zwei neue Unterhosen und die diversen T-Shirts der Sponsoren).

Wir bekommen den Koffer wieder fixiert und machen uns auf den Weg. Kaum 100 Meter weiter auf einer Brücke steht Corinna mitten auf der Strasse und rettet einem kleinen Kätzchen das Leben. Auch das kann auf einer solchen Tour passieren.

Die nassen Straßen in Kroatien sind mit viel Vorsicht zu genießen, da sie sehr rutschig sein können - entsprechend verhalten sind wir unterwegs. Am Straßenrand steht Oli. Öl tropft von einer Ölleitung auf seinen Krümmer, was zu einer starken Rauchentwicklung führt. Sieht schlimmer aus als es ist, beschließen wir, und fahren weiter. Oli gibt Gas und bald sehen wir nur noch seine Rauchfahne über der Straße stehen. Als wir dann aber auf der nassen Straße eine Ölspur entdecken wir mir mulmig und schon wenige Kilometer später wird meine Ahnung zur Gewissheit: Oli steht am Straßenrand, unter seiner Maschine eine große Ölpfütze. Der Schlauch ist gerissen, das meiste Öl ist raus. Da haben er und die ganzen folgenden Gruppen eine Menge Glück gehabt.

Zahnbarsch-Essen nach Sonnenuntergang

Während ich mit Oliver versuche das Begleitfahrzeug zu erreichen, ziehen alle Gruppen an uns vorbei. Als ich mich dann auch wieder auf den Weg mache, hat es aufgehört zu regnen und ich verfolge mit einem gewissen Ehrgeiz, die Gruppen von hinten her wieder einzuholen. Leider sind die meisten aber irgendwann in Richtung der Plitwitzer Seen abgebogen und so wird es nichts mit meiner Aufhol- und Überholjagd. Irgendwann sehe ich dann meine Gruppe am Straßenrand auf mich warten und es kann gemeinsam weitergehen.

Danijel spielt seine Ortskenntnis voll aus und so kommen wir in den Genuss vieler kleiner, versteckter und vergessener Straßen. Mittagessen ist an einem kleinen Fluss irgendwo im Nationalpark Paklenica für uns vorbereitet. Zwei ganz Mutige aus der Truppe springen von der Brücke auch gleich in das kristallklare und sehr kalte Wasser.

Ein Regenschauer beschleunigt die Abfahrt und während ich mit einigen Teilnehmern direkt in Richtung Hotel aufbreche, machen Corinna und der Rest der Gruppe noch einen kleinen Ausflug in das Umland. Die Sonne hat sich längst imposant in einem roten Feuerwerk am Horizont verabschiedet, als wir beim großen Zahnbarsch-Essen bei einem Freund Danijels wieder zusammen sitzen. Heute Abend gibt es nichts zu diskutieren - Corinna hat Raik auf seiner F 650 Dakar unter ihre Fittiche genommen und nun weiß er, dass die Maschine nicht gedrosselt ist und kann super mithalten.

Eine Schlachtplatte für die Butterfahrtgruppe

Dass sich Corinna der langsameren Teilnehmer annimmt hat auch einen großen Vorteil für uns: Sie ist mit Abstand die beste Fahrerin in der Gruppe und würde uns wahrscheinlich kräftig um die Ohren fahren – in ihrem eleganten, zauberhaft leicht aussehenden Fahrstiel. Das bleibt uns also „erspart“.

Der nächste Tag ist schon halb um, und wir haben uns praktisch noch nicht vorwärts bewegt. Grund: Stopp am Geldautomaten, Besichtigungen, Fotostopp auf der Küstenstrasse, Kaffeetrinken. Dirk bezeichnet uns spöttisch als „Butterfahrtgruppe“. Trotz nahender Regenfront führt Danijel uns über einen stürmischen Pass und kaum warm gefahren hat er schon den nächsten Stopp eingebaut: Das Museum eines bekannten Physikers, der den Wechselstrom erfunden hat. Wir machen ein Foto und flüchten vor dem einsetzenden Regen.

Wieder fahren wir über kleine Straßen durch das Gebirge. Corinna hat sich heute Ilsedore auf ihrer F 650 angenommen und ich warte an den vielen kleinen Kreuzungen immer wieder, bis die beiden in meinem Rückspiegel auftauchen und somit auch wissen, wo es weiter geht. Die meisten Kilometer fahre ich ganz entspannt alleine durch die fast unberührte Bergwelt - die Gruppe ist weit voraus und meine kleinen Stopps als Wegweiser verhindern, dass ich wieder aufschließen kann. Der Regen und der teilweise sehr rutschige Straßenbelag fordern die volle Aufmerksamkeit - leider kann so mein Blick nur selten über die wilden Wälder der Umgebung schweifen.

Die Schlachtplatte zum Mittag füllt unsere Energiespeicher wieder auf und mit neuem Tatendrang ausgerüstet starten wir wieder in den Regen. Knackig geht es weiter, viele enge Kurven, Schotter im Kurvenscheitel, Waldarbeiter mitten auf der Straße - es bleibt spannend. Eine Bärenauffangstation ist unser letzter Stopp für heute, bevor wir endlich den Maschinen mal so richtig die Sporen geben können.

Dem Abgrund direkt in die Augen gesehen

Einer der kleinen kroatischen Pässe führt uns in endlosen Kurven an steilen Abhängen entlang in Richtung Küste. Einer der Teilnehmer, heute auf einer KTM Super Duke unterwegs, bekommt völlig neue Einblicke: Er sieht dem Abgrund direkt in die Augen, als ihm in einer Kurve die Straße ausgeht. - Eine geile Maschine die Super Duke, aber Charakterstark muss man sein!

Corinnas Fahrschule zeigt bei Ilsedore die bekannte Wirkung: keine zwei Minuten müssen wir am Abzweig zur Küstenstraße auf die beiden warten. Wir ballern über die Piste und auch ein ein mächtiger Regenschauer kann die Fahrt bis zu unserem Hotel in Krk nicht mehr bremsen. Dirk lächelt entspannt - der letzte Teil des heutigen Tages hat zum Glück noch zeigen können, dass wir keine Butterfahrtgruppe sind. Erschöpft, nass und schmutzig wie wir sind fallen wir in die bequemen Sessel des hoteleigenen Wintergartens und bestellen die erste Runde Bier. Zu Faul uns umzuziehen oder gar uns in das Restaurant zu bewegen, bleiben wir einfach Sitzen, ernähren uns von flüssigem Brot (und einem großen Stück Sahnetorte) und haben jede Menge Spaß. Als wir endlich in die Betten wollen, müssen wir über die Terrasse den Wintergarten verlassen - das Hotel ist schon abgeschlossen.

Mit der Fähre nach Opatija

Für den andern Tag steht eigentlich Inselhopping auf dem Programm, aber der einsetzende Nieselregen und die Nachwirkungen des gestrigen Abends sorgen in der Gruppe schnell für eine einstimmige Entscheidung: Auf direktem Weg nach Opatija! Den größten Teil der Strecke erledigt die Fähre für uns und auf den letzten Kilometern Küstenstraße bis zur Stadt kann man deutlich merken, dass es uns alle in das Hotel zieht. Wir beschließen den Tag - an dem wir keine 100 Kilometer gefahren sind - bei einem ausgedehnten Mittagessen, bevor wir uns in die Hotels zurückziehen. Die Rallye ist schon wieder zu Ende und am Abend gibt es ein gemeinsames Abschlussessen, mir Urkundenverleihung. - Fast geschlossen machen wir uns nun auf den Heimweg. Danijel begleitet uns noch ein ganzes Stück zurück, fast wehmütig blickt er dem Haufen Chaoten hinterher.

*

PS: Obwohl nicht unsere bevorzugte Art des Motorradreisens hat diese Tour vor allem wegen der tollen Gruppe und unseres Tourguides Danijel eine Menge Spaß gemacht. Lachen müssen wir allerdings über die Tatsache, dass man für eine solche durchorganisierte Hoteltour mehr Gepäck mitnimmt als für sechs Wochen Russland …schließlich kann man eben bei einer solchen Veranstaltung nicht jeden Abend im gleichen T-Shirt auftreten.

Balkan Fotoausstellung Reise

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