Noch kein Fortschritt bei Kosovofrage und EnergiechartaEUROPA-RUSSLAND

Noch kein Fortschritt bei Kosovofrage und Energiecharta

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier traf in Moskau seinen russischen Kollegen Lawrow. Die Gespräche verliefen wie das Wetter: kühl bis frostig. Keine Fortschritte bei strittigen Fragen. Außenminister Lawrow sorgt sich vor allem um die Bürgerrechte der Russen in den baltischen Republiken und will ein vereinfachtes EU-Visa-Regime für Bürger Russlands.

Von Ulrich Heyden

D er deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier gab sich höflich, doch er wirkte irgendwie ziemlich zugeknöpft. An der Spitze der EU-Troika war er Anfang Februar nach Moskau gereist, um mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow über die Arbeitsschwerpunkte für 2007 zu sprechen. Auf der Tagesordnung steht ein neues Partnerschaftsabkommen mit der EU. Das alte läuft im Herbst aus. Auf dem Weg zu dem Abkommen gibt es ernste Hindernisse. Polen blockiert die Verhandlungen wegen des russischen Import-Verbotes für Fleisch aus Polen. Die EU möchte im neuen Partnerschaftsabkommen Elemente der europäischen Energie-Charta verankern. Russland überlegt noch, inwieweit es sich darauf einlassen kann.

Steinmeier wurde von EU-Außenminister Javier Solana und dem portugiesischen Außenminister Luis Amado begleitet. Im Juli übernimmt Portugal die EU-Ratspräsidentschaft. Während draußen die Schneeflocken fielen und eine dicke Wolkendecke die russische Hauptstadt in tiefgraues Licht tauchte, feilte man im Gästehaus des russischen Außenministeriums vor schweren Gobelins und neoklassizistischen Holzschnitzereien an den gemeinsamen Arbeitsschwerpunkten.

Schönwettermeldungen trotz Meinungsverschiedenheiten

Es gäbe „ Fortschritte in allen Richtungen“, vermeldete Lawrow in einer Pause gegenüber Journalisten. Insbesondere auf dem Gebiet der äußeren Sicherheit verfolge man zwischen der EU und Russland eine „sehr enge Zusammenarbeit.“ Die EU sei „Russlands größter Handelspartner“. Doch die Schönwetter-Meldungen passten nicht recht zu den Meinungsverschiedenheiten in der Frage der Energie-Charta, deren Ratifizierung Moskau nach wie vor verweigert, und der Frage des Kosovo, dessen Unabhängigkeit Russland aus Furcht vor dem latenten Separatismus im Nordkaukasus auf jeden Fall verhindern will.

Steinmeier erklärte, er hoffe, dass „die Hindernisse“, die einem neuen Partnerschaftsabkommen mit Russland im Wege stehen, „bald ausgeräumt sind.“ Der deutsche Außenminister spielte dabei auf das Veto aus Warschau an. Zwischen Polen und Russland gibt es in der Fleisch-Frage Verhandlungen. Am Montag fuhren russische Veterinärärzte nach Polen, um für den Export bestimmtes Fleisch zu prüfen. Lawrow erklärte, man solle den Konflikt „nicht dramatisieren“.

Die deutsche Ratspräsidentschaft wird gegenüber Russland keinen Umschwung bringen

Einen qualitativen Sprung in den Beziehungen zwischen Russland und der EU wird es wohl auch unter der deutschen Ratspräsidentschaft nicht geben. Moskau zeigt sich äußerst selbstbewusst. Von Euphorie war während des Treffens in  Moskau nichts zu spüren, eher von zäher Kleinarbeit. Fast kleinkrämerisch feilten beide Seiten an ihren Positionen. Der Westen möchte, dass Russland endlich die Energie-Charta ratifiziert, damit die Energieversorgung Europas sicherer und berechenbarer wird. Moskau drückt der Schuh ganz woanders. Außenminister Lawrow sorgt sich vor allem um die Bürgerrechte der Russen in den baltischen Republiken und will ein vereinfachtes EU-Visa-Regime für Bürger Russlands.

Die Prinzipien der EU-Energie-Charta lehne man nicht ab, erklärte Lawrow, im Gegenteil, man „arbeite nach diesen Prinzipien“. Einige Mechanismen der Energie-Charta seien für Russland aber „nicht annehmbar“, insbesondere was die Bereiche Investitionen und  Energie-Transit betrifft. Auf die Frage der Moskauer ZDF-Korrespondentin, ob Russland der Einrichtung eines Schiedsgerichts für Streitfragen im Energiebereich zustimmen könne, meinte Lawrow, für supranationale Organe gebe es „absolut keinen Bedarf“. Leicht gereizt drehte Lawrow den Spieß um. Den europäischen Staaten schlug er vor, Transitländer, welche russische Energielieferungen blockieren - gleichzeitig aber die Energie-Charta unterschrieben haben -, zu „disziplinieren“.

„Prinzipielle Unterschiede“ zwischen Russland und USA in der Kosovo-Frage

Mit kühlen Worten bedachte der russische Außenminister den von dem UN-Kommissar Martti Ahtisaari vorgelegten Plan für eine begrenzte Unabhängigkeit des Kosovo. Die Zukunft des Plans hänge „vor allem von Belgrad und Prischtina ab“, meinte Lawrow. „Man muss dafür sorgen, dass eine für beide Seiten annehmbare Vereinbarung ausgearbeitet wird.“

In einem Interview mit der russischen Nachrichtenagentur Itar-Tass betonte Lawrow, der gerade von Kosovo-Gesprächen in Washington zurückkam, die „prinzipiellen Unterschiede“ zwischen der russischen und der amerikanischen Position zum Kosovo. Der Kosovo sei „im Unterschied zum Iran, dem Irak und dem Nahen Osten, ein Thema, wo das Auseinandergehen der russischen und amerikanischen Position prinzipiellen Charakter hat.“ „Uns gefällt keine Variante, welche einer der beiden Seiten etwas Unannehmbares aufzwingt.“

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