Pionierarbeit zwischen Europa und AsienEURASIEN

Pionierarbeit zwischen Europa und Asien

Pionierarbeit zwischen Europa und Asien

Thomas Heinze (28) und Nico Dünkel (29) aus Rudolstadt in Thüringen haben in vier Monaten die imaginäre Linie zwischen Asien und Europa bereist, die man in der Neuzeit als „Grenze“ bezeichnet. Die Route führte sie entlang des Uralgebirges und des Uralflusses bis zum Kaspischen Meer, durch den Kaukasus und am Schwarzen Meer vorbei bis in die Türkei. Vom Kaspischen Meer aus hatten sie einen Abstecher durch Zentralasien unternommen. Mitte September fand die abenteuerliche Tour in der türkischen Metropole Istanbul ihr Ende. Im letzten von fünf Reiseberichten ziehen die Thüringer dieses Mal Bilanz und berichten von Istanbul und der Rückfahrt in die Heimat.

Von Thomas Heinze

N ach dem Abschied von unserem georgischen Freund Tschabuka ging es von Georgiens Schwarzmeer-Küste aus mit dem Reisebus weiter: Tausend Kilometer durch die Türkei, bis nach Istanbul. Die Zehn-Millionen-Metropole war unser letztes großes Etappenziel. Nach den Strapazen in den Wochen davor verbrachten wir hier einige entspannte Tage und hatten auch Gelegenheit, die Reise Revue passieren zu lassen. Wie viele tausend Kilometer wir in den vier Monaten nach der Abreise Mitte Mai zurücklegten, können wir überhaupt nicht genau sagen. 15.000 ist sicherlich nicht übertrieben. 15.000 Kilometer per Eisenbahn, Schiff, Flieger, Bus, zu Fuß und mit dem Auto auf eigene Faust. Wir überquerten Gletscher und durchstreiften Wüsten, schwitzten bei 50 Grad Celsius in Kasachstan, zitterten durchnässt im Tian-Shan-Gebirge bei Minusgraden und wurden vom russischen Geheimdienst festgenommen.

Das alles machte die Tour unverwechselbar und unvergesslich. Unvergesslich bleiben auch die Begegnungen mit tollen Menschen: Der Lokführer, der Mitten im Uralgebirge für uns einen Fotostopp einlegte, ein kasachischer Bahnhofwärter, der früher in der DDR Soldat war und mit uns unser Lieblingsspiel Skat spielte oder eben der Georgier Tschabuka, der uns erstklassig umsorgte - um nur drei Beispiele zu nennen.

„Man muss nicht unbedingt viel Geld haben, um große Abenteuer zu bestreiten“

Von den am Ende 14 durchreisten Ländern hat uns Georgien auch am besten gefallen, aus Russland dagegen wollten wir einfach nur noch raus. Viele Leute waren unfreundlich und standen uns mit Argwohn gegenüber, das Essen war oft unappetitlich und die Preise wegen des Gas- und Ölbooms maßlos überzogen. Dennoch kamen wir insgesamt recht günstig weg: Jeder von uns hat auf der gesamten Reise weniger als 4.000 Euro ausgegeben. Man muss nicht unbedingt viel Geld haben, um große Abenteuer zu bestreiten. Mit relativ wenig klappt es genauso gut mit schönen Reiseerlebnissen.  

Die Idee für die Tour war eine sprichwörtliche Schnapsidee, wir sind bei einem Kneipenbesuch darauf gekommen. Wir recherchierten und stellten fest, dass es offensichtlich  vor uns noch niemanden gab, der die komplette Kontinentgrenze bereiste. So gesehen leisteten wir echte Pionierarbeit.

„Die angenommene Kontinentgrenze Asien-Europa ist fiktiv“

Am Ende der Tour steht bei uns die Erkenntnis, dass die angenommene Kontinentgrenze Asien-Europa fiktiv ist und ohne soliden Hintergrund. Das wird schon allein daran deutlich, dass nur an ganz wenigen Punkten ein Grenzschild steht. Oder dass viele Einheimische noch nicht einmal gewusst haben, dass ganz in ihrer Nähe eigentlich ein neuer Kontinent beginnt. Wahrscheinlich ist eine kleine deutsche Landkreisgrenze mehr Grenze als die zwischen Europa und Asien.

In Istanbul querten wir auf der Bosporus-Brücke noch ein letztes Mal diese fiktive Linie. Die Stadt liegt in Asien und Europa zugleich, die Bosporus-Meerenge ist die Trennlinie. Zuvor hatten uns zwei Freunde aus der Thüringer Heimat empfangen.  Reiko Deutsch aus Preilipp und Markus Ulbrich aus Volkstedt waren mit einem Kleintransporter bis nach Istanbul gekommen. Dabei hatten sie einen Grill, Holzkohle, gutes deutsches Bier und leckere Grillspezialitäten. Als wir damit durch die Fußgängerzone von Istanbul marschierten, ernteten wir von den Einheimischen bereits leicht befremdliche Blicke.

Thüringer Rostbratwurst am Bosporus

Wir bauten den Grill am Bosporus-Ufer auf, ließen unsere Blicke gen Istanbul schweifen und verdrückten mit Wollust unsere Nationalspeise Thüringer Rostbratwurst. Die unzähligen Passanten schauten, stets verdutzt und belustigt, aber nie ablehnend, dem ungewöhnlichen Treiben zu. 

Wir blieben noch einige Tage in Istanbul, besuchten klassische Touristenziele wie Hagia Sophia, Blaue Moschee oder Chora-Kirche, schlenderten durch die Basare und genossen am Goldenen Horn ein wenig den „Abspann“ der abenteuerlichen Tour. Die 3.000 Kilometer mit dem Kleintransporter zurück ins thüringische Rudolstadt sind für andere eine kleine Weltreise – für uns waren sie jetzt nicht viel mehr als ein sprichwörtlicher Katzensprung.

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Die Netzadresse des Autors lautet: www.heinze-thomas.de

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