„Prag – mit Melnik, Karlstein und Böhmischem Bäderdreieck“ von Sabine HerreGELESEN

„Prag – mit Melnik, Karlstein und Böhmischem Bäderdreieck“ von Sabine Herre

„Prag – mit Melnik, Karlstein und Böhmischem Bäderdreieck“ von Sabine Herre

Die Liebe zur „ihrer“ Stadt, durch die sie den deutschsprachigen Besucher führt, spricht aus allen Zeilen. „Ihre“ Stadt ist Prag seit rund 30 Jahren. Mitte der 1980er Jahre kam Sabine Herre erstmals als Auslandskorrespondentin nach Prag. Jahrelang hat sie aus der tschechischen Hauptstadt berichtet. Ihre profunde Kenntnis kommt dem Reisenden zugute.

Von Hans Wagner

„Prag – mit Melnik, Karlstein und Böhmischem Bäderdreieck“ von Sabine Herre  
„Prag – mit Melnik, Karlstein und Böhmischem Bäderdreieck“ von Sabine Herre  

D er neue Prag-Reiseführer aus dem Trescher Verlag ist ein wirklich durchdachtes und äußerst praktisches Kompendium,  das Prag zum Genuss macht. Soviel vorab.

Es beginnt damit, dass die Autorin die Namen von Sehenswürdigkeiten und die der bekanntesten Straßen und Plätze zuerst auf Deutsch angibt. Sie kommt damit dem deutschen Prag-Reisenden entgegen, der in Prag sehr wahrscheinlich nach dem Wenzelsplatz suchen dürfte, aber kaum nach Václavské námesti, wie der Platz auf Tschechisch heißt. Die Namen von Städten und kleineren Straßen erscheinen dagegen zuerst auf Tschechisch und dann auf Deutsch. Das dient dem besseren Zurechtfinden auf den Stadtplänen und den Karten.

Kaiser Karl IV. und die Goldene Stadt

Das tausendjährige Prag, das von dem in ihren Mauern geborenen König von Böhmen und späteren römisch-deutschen Kaiser Karl IV. als „Goldene Stadt“ bezeichnet wurde, lockt jährlich über zwölf Millionen Besucher an. Damit zählt es zu den großen europäischen Touristenmetropolen wie Berlin (20 Millionen) oder Rom (18,5 Millionen).  Wer die Karlsbrücke über die Moldau einmal ohne Gedränge erleben möchte, müsse schon früh am Morgen, am besten vor sechs Uhr hingehen, schreibt Sabine Herre.

Das Adjektiv „golden“ ist in Prag reichlich vertreten, nicht nur im Gesamtprädikat des Kaisers. Sabine Herre führt z. B. in einen Straßenzug, der den Namen Neue Welt trägt. Die Straße sei schon im 16. Jahrhundert eines der Armenviertel der Stadt an der Moldau gewesen. „Die Namen der Häuser zeugen davon freilich nicht“, schreibt sie. „Eher im Gegenteil. In keiner anderen Gasse der Stadt“ gäbe es so viele „goldene Häuser“. Genannt werden das „Haus zum Goldenen Greif“, in dem der Astronom Johannes Kepler gewohnt habe, oder das „Haus zum Goldenen Pflug“. Besonders bekannt ist nach Herre das „Haus zur goldenen Birne“, im dem sich ein kleines Restaurant befindet, das zu sozialistischen Zeiten die Opposition um Václav Havel gern besuchte.“

Sogar eine kleine Straße ist mit dem Adjektiv „golden“ belegt: Das „Goldene Gässchen“. Hier wohnte zum Beispiel Franz Kafka in den Jahren 1916 bis 1917, erfährt man durch die Autorin.

Prag als deutsche Hauptstadt

Wie es zur ältesten Universität Mitteleuropas, der Karls-Universität in Prag kam und was es mit Prag als deutscher Hauptstadt auf sich hat, erfährt der Leser des Reiseführers von Sabine Herre ebenso, wie alles über den berühmten „Fenstersturz“, der zum Auslöser des Dreißigjährigen Krieges werden sollte. Und natürlich sind auch die Fakten über den „Prager Frühling“ und dessen Schauplätze erklärt und beschrieben. Im Kapitel über die Deutsche Botschaft erfährt man noch einmal wie das damals, im Spätsommer 1989 war,  als sich Tausende ausreisewillige DDR-Bürger in die Prager Botschaft geflüchtet hatten. Unter abenteuerlichen Umständen lebten bis zu 4.000 Flüchtlinge zeitgleich auf dem Gelände der Botschaft, während über ihr Schicksal verhandelt wurde. Am 30.9.1989 verkündete der damalige Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher schließlich die Zustimmung der Regierung der DDR zur Ausreise. Sabine Herre stellt in ihrem Beitrag über die Ereignisse auch klar, dass die Prager Deutsche Botschaft auch schon früher Zufluchtsort für Bürger der DDR war, und führt eine Reihe von Beispielen dafür an.

Handlich, äußerst informativ und praktisch

Auf 312 Seiten erfährt der Nutzer des Reiseführers alles Wissenswerte über die Stadt, ihre Geschichte, über Architektur und Sehenswürdigkeiten, über Gastronomie und Unterkünfte, über böhmisches Bier und böhmische Küche, über den Veitsdom (Veitskathedrale)  und wo in Prag „der Hund begraben liegt“ (Schwarzenberg-Palais). Dazu eine Reihe wertvoller Tipps zu Ausflügen in die Umgebung und in das böhmische Bäderdreieck.

Mit 16 Stadtplänen und über 250 Farbfotos lässt der neue Reiseführer  keine Wüsche in Sachen Information und Orientierung übrig. Ein außerordentlich empfehlenswertes Buch für alle, die Prag wirklich erleben und genießen wollen.

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Rezension zu: „Prag – mit Melnik, Karlstein und Böhmischem Bäderdreieck“ von Sabine Herre, Trescher Verlag Berlin 2011, 312 Seiten, 12,95 Euro, ISBN-13: 978-3897941991.

Osteuropa Reise Rezension

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