Putin setzt auf KadyrowTSCHETSCHENIEN

Putin setzt auf Kadyrow

Der Kreml-Chef will den Großteil der russischen Truppen aus Tschetschenien abziehen. Damit überlässt er dem 30-jährigen Ramsan Kadyrow die Macht, der 20.000 Polizisten und Soldaten des tschetschenischen Innenministeriums befehligt.

Von Ulrich Heyden

P räsident Putin unterzeichnete einen Ukas, nach dem in den nächsten beiden Jahren die Truppen des Verteidigungs- und Innenministeriums in Tschetschenien bis auf einen Restbestand von 24.000 Mann abgezogen werden sollen. Der Pressesprecher des russischen Innenministeriums, Wassili Pantschenko, erklärte gegenüber der Zeitung „Kommersant“: „Nach der Vernichtung von Schamil Basajew gibt es keine zum massiven Widerstand fähigen Banden in Tschetschenien mehr.“ Mit den noch verstreuten Gruppen werde die tschetschenische Miliz alleine fertig.

Unklar ist allerdings, wie viele russische Soldaten zur Zeit überhaupt in Tschetschenien stationiert sind. Die Behörden machen nur lückenhafte Angaben und in den Medien kursieren unterschiedliche Zahlen. Nach einem Bericht der Zeitung „Kommersant“ haben die Truppen des russischen Verteidigungs- und Innenministeriums in Tschetschenien eine Stärke von 50.000 Mann.  Nach einem Bericht der Zeitung „Wremja Nowostej“ sind in der Kaukasusrepublik dagegen nur noch 25.000 russische Soldaten und Polizisten stationiert. Insofern handele es sich bei der vom Kreml verkündeten Truppenreduzierung um einen „Scheinabzug“.

Mit dem Ukas Putins geht die Macht quasi an Ramsan Kadyrow über. Ihm unterstehen 20.000 Polizisten und Soldaten des tschetschenischen Innenministeriums, welche für die Sicherheit in der Kaukasusrepublik nun allein verantwortlich sein sollen.

In Tschetschenien gab es in der letzten Zeit keine größeren Anschläge mehr. Die islamistischen Gruppen sind vor allem in den Nachbarrepubliken Tschetscheniens, Inguschetien und Dagestan aktiv. Am Dienstag wurde der Staatsanwalt der dagestanischen Stadt Buinaksk mit einer Autobombe getötet. Der dagestanische Innenminister wurde verletzt, als sein Auto beschossen wurde. Am Donnerstag wurde auf den Staatsanwalt der inguschetischen Stadt Nasran ein Bombenanschlag verübt. Der Staatsanwalt überlebte, sein Bruder wurde getötet.

Tausende ehemalige Separatisten dienen jetzt in der tschetschenischen Miliz

Ramsan Kadyrow, der im ersten Tschetschenienkrieg - 1994 bis 1996 – noch mit seinem Vater und seinem Bruder auf der Seite der Separatisten kämpfte, kann sich bald rühmen, dass er die Kaukasusrepublik wieder unter tschetschenisches Kommando gebracht hat. Wenn Kadyrow auch noch die Kontrolle über die tschetschenische Ölgesellschaft „Grosneftegas“ bekommt – zur Zeit hält der russische Staatskonzern Rosneft noch 51 Prozent der Aktien –,  seien auch „die schärfsten Gegner des jungen tschetschenischen Politikers gezwungen, seine Führerschaft anzuerkennen“, schreibt der „Kommersant“. Im Oktober wird Kadyrow 30 Jahre alt. Damit erreicht er das Alter, in dem er für das Präsidentenamt kandidieren kann. Man geht davon aus, dass das tschetschenische Parlament den starken Mann der Republik im Herbst wählen wird.

Dass der Kreml dem jungen Politiker soviel Macht überträgt, scheint auf den ersten Blick riskant. Doch auch Kadyrow ist auf den Schutz von Moskau angewiesen. Er hat keine weiße Weste. Wie Menschenrechtler berichteten, gehen auf sein Konto Entführungen und sogar Morde. Da in Tschetschenien das Gesetz der Blutrache herrscht, hat Kadyrow viele Feinde. Er ist gefürchtet, aber nicht geliebt.

Für den Kreml hat sich die Unterstützung von Kadyrow auf jeden Fall bezahlt gemacht. Nach Angaben des derzeitigen tschetschenischen Präsidenten Alu Alchanow gaben in den letzten Jahren 7.000 Separatisten bei den Sicherheitsbehörden ihre Waffen ab. Ramsan Kadyrow hatte jedem Einzelnen persönliche Sicherheit versprochen. Tausende ehemalige Separatisten dienen jetzt in der tschetschenischen Miliz.

Kaukasus Russland

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