Trier feiert sich als KaiserresidenzKONSTANTIN

Trier feiert sich als Kaiserresidenz

Trier feiert sich als Kaiserresidenz

Zehn Jahre lang wurde Westrom von der Moselstadt Trier aus regiert. Im Jahr 307 soll der römische Caesar Konstantin hier geheiratet haben. 1700 Jahre Erinnerung. Aber der später von Konstantinopel – dem heutigen Istanbul – aus regierende Kaiser hat nicht nur das Gesicht Triers geprägt, sondern auch das Europas und großer Teile Eurasiens. Die bislang größte Schau über den spätrömischen Kaiser (ca. 275 bis 337 n. Chr.) und seine Zeit ist seit 2. Juni und noch bis 4. November 2007 in Trier zu sehen.

Von Eberhart Wagenknecht

W er heute den Namen der Stadt Trier vernimmt, wird wohl kaum in erster Linie daran denken, dass von hier aus zehn Jahre lang das weströmische Reich regiert wurde. Es ist auch lange her, sehr lange. Als „Augusta Treverorum“ wurde das heutige Trier im Jahr 16 v. Chr. von den Römern unter Kaiser Augustus gegründet. Der Name leitet sich von einem Stammesheiligtum der keltischen Treverer ab. Im Jahre ernannte Kaiser Diokletian die zu dem Zeitpunkt Treviris genannte Stadt zur römischen Kaiserresidenz und Hauptstadt des weströmischen Reiches. Der in Serbien geborene römische Caesar Konstantin verbrachte einen Teil seiner Amtszeit, die sich von 306 bis 337 erstreckte, in der Kaiserresidenzstadt Trier. Als Imperator Caesar Flavius Valerius Constantinus herrschte er vor rund 1.700 Jahren von dieser Stadt aus über Westrom. Erst nachdem Konstantin Alleinherrscher über das römische Imperium und Kaiser des gesamten Reiches wurde, verlegte er seine Residenz 316 in das später nach ihm benannte Konstantinopel, das heutige Istanbul.

Man sieht es Trier noch an: Eine Vielzahl römischer Bauten erinnert in der Stadt an der Mosel an die imperiale Vergangenheit. Und nun ist er selbst zurückgekehrt, hierher, wo er im Jahre 307 die Hochzeit mit seiner Frau Fausta gefeiert haben soll, der Tochter des römischen Kaisers Augustus, der die Stadt gegründet hatte. Konstantin hat seine ehemalige Residenzstadt Trier zurückerobert. Das Brot der Bäcker trägt eine Konstantin-Banderole, die Wurst in den Läden einen Konstantin-Anhänger und bezahlen kann man derzeit in Trier mit Konstantin-Talern.

Riesiger Konstantin - Kopie des kolossalen Kopfes

Anlass ist die Ausstellung über den Kaiser, der hierzulande „Konstantin der Große“ heißt. Sie wird in drei Trierer Museen gezeigt. Rund 1.500 Exponate aus 20 Ländern und 160 Museen sind zusammen getragen und in die Stadt geholt worden. Allen voran ein drei Meter hoher Marmorkopf des Kaisers. Er ist die Attraktion der Ausstellung. Der Sechs-Tonnen-Koloss ist eine originalgetreue Kopie des Kopfes einer zwölf Meter hohen Statue, die Konstantin selbst in Rom bauen ließ. Sie ist im Rheinischen Landesmuseum zu bestaunen, wo es in der Ausstellung thematisch um Konstantins Familie, um die Verwaltung und das Heer geht. Die weltweit einmalige Kopie des hohen kaiserlichen Kopfes aus den Kapitolinischen Museen in Rom ist im Atelier des Bildhauers Kai Dräger in Berlin entstanden.

Das Stadtmuseum zeigt unter dem Motto „Tradition und Mythos“ unter anderem die Verehrung Konstantins durch die Ostkirche, für die er bis heute ein Heiliger ist. Aber er war auch Vorbild für weltliche Herrscher: Unter anderem sah sich der italienische Diktator Mussolini als sein Nachfolger an.

Im Bischöflichen Dom- und Diözesanmuseum dreht sich alles um Konstantin als Wegbereiter für das Christentum. Konstantin I. ging als erster christlicher Kaiser in die Geschichte ein. Er beendete die Christenverfolgung und führte den Sonntag als Feiertag ein.

Die Bedeutung Konstantins d. Gr. für Eurasien

Historisch bedeutend ist Konstantins Regierungszeit vor allem wegen des von ihm eingeleiteten Siegeszugs des Christentums über weite Teile Eurasiens und später der Welt. Dieser Erfolg der christlichen Weltreligion hat das Gesicht Eurasiens von Rom über Byzanz bis ins Zarenreich hinein geprägt. Die Legende berichtet, dass die Verwendung eines Christusmonogramms in der Schlacht an der Milvischen Brücke im Jahr 312, Konstantin den Sieg gebracht hat. Aber natürlich war es sein überlegen kämpfendes Heer, auf das er sich auch während seiner gesamten weiteren Regierungszeit im Wesentlichen stützte. Der Sieg von 312 brachte ihm die Regentschaft über das gesamt römische Imperium zurück. Konstantin berief kurz darauf, im Jahr 325 das erste Konzil von Nicäa ein, um innerchristliche Streitigkeiten (arianischer Streit) beizulegen.

Verschiedene Germanenstämme wie die Franken, Alamannen und Goten sorgten im 3. Jahrhundert für Unruhe und bedrängten das Reich der Römer von Norden her. Im Osten war das Sassanidenreich der Perser entstanden, das sich als gleichwertiger Gegner Roms erweisen sollte. Im Inneren des Imperiums kam es wiederholt zu Unruhen, vor allem durch große Heeresverbände, die den gerade regierenden Kaiser stürzten und einen neuen einsetzten.

Im Jahre 330 endete die Rolle Roms als Machtzentrum des Reiches. Konstantin I. verlegte den Kaisersitz an den Bosporus, machte die alte griechische Kolonialstadt Byzantion (römisch Byzanz) 330 zur neuen Hauptstadt und nannte sie Konstantinopel. 395 n. Chr. wurde das Römerreich schließlich geteilt. Nach dem Tod von Kaisers Theodosius fiel die östliche Hälfte des Imperiums an seinen Sohn Arcadius, die westliche an Honorius. Das war die Geburtsstunde eines oströmischen (Mazedonien, Kleinasien, Griechenland) und eines weströmischen (Italien, Gallien, Germanien) Reiches. Für die westliche Reichshälfte avancierte Ravenna zur Hauptstadt. Die östliche Hälfte hatte als neues Machtzentrum Konstantinopel, das heutige Istanbul. Die „ewige Stadt“, wie Rom später genannt wurde, war die große Verliererin.

Das Ende Roms

Einer ganzen Kette von Invasionen ist das Römerreich schließlich erlegen. Im Jahr 476 n. Chr. hörte es auf zu bestehen. Der letzte weströmische Kaiser wurde von Odoaker, dem Sohn eines ostgermanischen Fürsten abgesetzt. Odoaker wurde weströmischer König unter der Ägide von Ostrom, bis die Goten ihn 496 beerbten.

Es waren die Einmärsche der Germanen, der Perser, der Araber, die die verborgenen Schwächen des spätrömischen Imperiums offenbarten. Rom versank in einem Sumpf aus Korruption, Lastern, Orgien und Suff, die eigentlich schon kurz nach Augustus begonnen hatten. Schon um 50 n. Chr. hatte der Cäsarenwahn um sich gegriffen, als Kaiser Caligula sein Lieblingspferd zum Senator machte. Kaiser Nero ließ Senatoren umbringen, weil sie seinen Gesang nicht hinreichend gewürdigt hatten. Die Stadt Rom wurde auf sein Geheiß hin regelrecht abgefackelt, wobei Tausende umkamen.

Die Kraft Roms reichte nicht mehr aus, weder um den Sumpf im Innern trockenzulegen noch um all die Bedrohungen von außen abzuwehren. Es ging sang- und klanglos unter.

Konstantin – ein wahrhaft Großer

Konstantin prägte durch seine Förderung und Anerkennung des Christentums als Staatsreligion das Gesicht Europas bis weit in den Osten hinein. Die einheitliche Religion war weltanschauliche Grundlage für die Bildung großer Reiche wie des russischen oder des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation.

Rolf Quednau stellt den römischen Kaiser im prächtig aufgemachten Begleitbuch zur Ausstellung unter der Überschrift „Konstantin als Vorbild weltlicher Herrschaft im Westen“ in eine Reihe mit den markantesten Gestalten der Weltgeschichte: „Konstantin der Große gehört, ähnlich wie der biblische Volksführer und Gesetzgeber  Moses, der makedonische Welteroberer Alexander der Große oder der für seine Friedensherrschaft berühmte römische Kaiser Augustus, zum Kreis jener Leitfiguren, die im Selbstverständnis von Potentaten sowie in der Topik des Herrscherlobes eine herausragende Rolle spielten.“

Ein Prachtband als Begleitbuch zur Ausstellung

„Konstantin der Große“, von Alexander Demandt und Josef Engemann  
„Konstantin der Große“, von Alexander Demandt und Josef Engemann  

Das Begleitbuch zur Ausstellung aus dem Zabern-Verlag ist dem kaiserlichen Gegenstand angemessen. Auf 511 Seiten wird der große Kaiser gewidmet, der nun in Trier eine neuerliche Ehrung erfährt. In neun Kapiteln versuchen namhafte Autoren dem Ausnahmekaiser gerecht zu werden:

1. „Die Imperiale Idee“
2. „Die Reichskrise und die Tetrarchie“
3. „Konstantin und seine Dynastie“
4. „Konstantin und das Heer“
5. „Verwaltung und Repräsentation“
6. „Die Religionen“
7. „Trier – Residenz in der Spätantike“
8. „Alltag und Luxus“
9. „Tadition und Mythos“

Dazu gehört eine CD mit dem Katalog sämtlicher Exponate, mit Grafiken, allgemeinen Texten zu Konstantin und seiner Zeit und einem ausführlichen Literaturverzeichnis.

Im Anhang des Buches befindet sich ein ausführliches Glossar.

Rezension zu: „Konstantin der Große“, von Alexander Demandt und Josef Engemann, Zabern Verlag  2007, 511 Seiten 34,90 Euro, ISBN 3-805-33688-8.

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Weitere Informationen über die Ausstellung: http://www.konstantin-ausstellung.de/

Siehe dazu auch EM 11-04 „Eurasien historisch: DIE RÖMER“.

Eurasien Geschichte Kultur

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