Warum ein Balkan-Leckerbissen kein Exportschlager wirdSERBIEN

Warum ein Balkan-Leckerbissen kein Exportschlager wird

Warum ein Balkan-Leckerbissen kein Exportschlager wird

Der balkanische Burek hat das Zeug zur Döner-Karriere: Er ist gesünder als ein Burger, man kann ihn im Laufen essen und er kostet nicht viel. Doch einen Burek-Imbiss sucht man trotz 700.000 serbischer Immigranten in Deutschland vergeblich.

Von Karin Lechler

  Info: Burek
  Der Burek soll im 15. Jahrhundert im südserbischen Niš zum ersten Mal erwähnt worden sein. Jedes Balkanland stellt den Burek auf eine eigene Art her: In Bosnien-Herzegowina beispielsweise wird das Gericht auch als Pita bezeichnet, hat eine gewundene Form und wird mit Öl zubereitet.  
Jeden Teigfladen lässt Burek-Meister Nikola Grubanoski aus Belgrad 32 Mal durch die Luft wirbeln, damit das Gebäck schön locker wird.  
Jeden Teigfladen lässt Burek-Meister Nikola Grubanoski aus Belgrad 32 Mal durch die Luft wirbeln, damit das Gebäck schön locker wird.
(Foto: Katrin Lechler)
 

„Ein Burek bitte – äh, ein Börek“. Mit einem einzigen Buchstaben hat der Kunde einer Berliner Bäckerei seine balkanische Herkunft verraten. In den Balkanländern heißt das ursprünglich türkische Blätterteiggericht nämlich „burek“, nicht „Börek“, wie die Türken sagen. 

„Er ist an mir vorbeigegangen wie an einem türkischen Friedhof“ – heißt es auf Serbisch, wenn man sich über die Gleichgültigkeit eines anderen Menschen beschwert. Die fünf Jahrhunderte andauernde Besetzung Serbiens durch die Türken ist noch heute in der Sprache zu spüren. Doch Serbien hat den osmanischen Okkupanten auch einen herrlichen Leckerbissen zu verdanken – den Burek, ebenso wie das obligatorische Getränk dazu: das Joghurt.

Aus Mehl, Wasser, Schweineschmalz und Salz besteht das traditionelle balkanische Blätterteiggericht. Den kreisrunden, würzigen Kuchen zu Backen, verlangt jahrelange Erfahrung und ist in der Regel Männern vorbehalten. Frauen sind dafür zu schwach, heißt es, denn an einem einzigen Tag lässt ein Burek-Meister die Teigfladen mehr als 3.000 Mal über seinem Kopf kreisen.

Mit weißem Käse oder Hackfleisch wird der Blätterteig gefüllt

Burek-Meister Nikola Grubanoski mit einem frisch gebackenen Stück Burek mit Käsefüllung in der Familienbäckerei am Stadtrand von Belgrad.  
Burek-Meister Nikola Grubanoski mit einem frisch gebackenen Stück Burek mit Käsefüllung in der Familienbäckerei am Stadtrand von Belgrad.
(Foto: Katrin Lechler)
 

Inzwischen haben die Serben den Burek domestiziert. Kein Türke würde das luftige, Blätterteiggericht mehr als Börek identifizieren. Jeder serbische Bäckereibetrieb hat sein eigenes Burek-Rezept, die alljährliche Kürung des besten Burek-Meisters wird in der Branche mit Spannung verfolgt.

„Für einen guten Burek braucht man Liebe, Gefühl und sehr viel Wissen“, sagt Nikola Grubanoski, ein Bäckermeister aus Belgrad, dessen Betrieb den zweiten Platz in der landesweiten Bestenliste belegt hat. Der kräftig gebaute junge Mann im weißen Bäckeranzug hat das Handwerk von seinem Onkel gelernt, der wiederum wurde von seinem Vater in das Geheimnis der Bureks eingeweiht: Zart knacken sollte die hauchdünne Kruste, wenn man hineinbeißt. Sie umhüllt den weichen, warmen Kern aus Dutzenden Teigschichten und der „fil“, der Füllung aus weißem Käse oder auch Hackfleisch.

Nikola Gruboski lässt die tellergroßen Teigfladen bis zu 24 Stunden ruhen, bevor er sie vorsichtig auf dem Arbeitsblech ausbreitet. Er nimmt die einen Quadratmeter breite, vor Schmalz glänzende Teigschicht vorsichtig am oberen Ende auf und lässt sie 32 Mal über seinem Kopf kreisen. Zwischen den einzelnen Runden ist nur das leise „Flapp“ des Teigs zu hören, wenn es auf dem Blech abgelegt wird, so konzentriert ist der Buregdzija, der Burek-Bäcker. „Je mehr Luft der Teig aufnimmt, desto besser der Geschmack“, erklärt Grubanoski. Er benutzt dabei das vom Deutschen abgeleitete Wort „šmek“. Denn neben den Türken haben auch die Deutschen das Land sprachlich und kulinarisch geprägt. Zum Schluss werden die Teigzipfel auf dem Blech zur Mitte hin gefaltet.

Das Burekbäcker-Handwerk ist ein knochenharter Beruf

An einem ganz normalen, zehnstündigen Arbeitstag lässt Grubanoski rund 4000 Mal die Teigschichten fliegen. Schließlich besteht ein einziger Burek aus vier Teigschichten. „Das ist ein knochenharter Beruf, den die wenigsten Burekbäcker bis zur Rente durchhalten. Deshalb gibt es auch keine Frauen in diesem Beruf“, so Grubanoski, dem nach vier Teigfladen der Schweiß auf der Stirn steht. Der mehrstöckige Ofen, in dem die Teigschichten bei 230 Grad Celsius gebacken werden, tut sein übriges.

Burek wird in Serbien besonders gern mittags gegessen, aber auch als kaltes Abendbrot schmeckt er herrlich. Es gibt ihn mit Pizzageschmack, Kartoffelfüllung und natur. Mit Apfel-, Kirsch oder Johannisbeerfüllung passt er auch gut als Nachtisch zum Kaffee. Der Burek hat das Zeug zur Döner-Karriere: Er ist gesünder als ein Burger, kann im Laufen gegessen werden und ist mit 100 bis 300 Dinar, umgerechnet ein bis 3,70 Euro, relativ günstig.

Doch einen Burek-Imbiss sucht man trotz 700.000 serbischer Immigranten in Deutschland vergeblich. „Ich kenne keinen einzigen Burek-Laden in Deutschland“, heißt es im Internetforum „Balkanforum“. Ein anderer User schreibt: „Ich denke dran ein Burek Laden hier zu eröffnen, das schmeckt so geil und fast keiner kennt das hier.“

Auch in der serbischen Botschaft in Berlin weiß man nicht, ob es Burek-Läden in Deutschland gibt. Für Empfänge und Feierlichkeiten wird allerdings ein serbischer Bäcker aus Berlin angeheuert, der den Leckerbissen auf Bestellung herstellt.

Den Burek exportieren? Nikola Grubanoski, der junge Bäcker aus Belgrad, schüttelt den Kopf: „Diese Spezialität kann nur wenige Stunden stehen, sonst entweicht die Luft und der Burek schmeckt nicht mehr.“

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Die Autorin ist Korrespondentin von n-ost. Das Netzwerk besteht aus über 50 Journalisten in ganz Osteuropa und berichtet regelmäßig für deutschsprachige Medien aus erster Hand zu allen Themenbereichen. Ziel von n-ost ist es, die Wahrnehmung der Länder Mittel- und Osteuropas in der deutschsprachigen Öffentlichkeit zu verbessern. Weitere Informationen unter www.n-ost.de.

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