13.01.2023 14:10:35
KAUKASUS
Von Ulrich Heyden
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Der armenische Präsident Kotscharjan (r.) imGespräch mit Wladimir Putin |
EM – Den Schwung der Rosenrevolutionäre vonGeorgien versuchen sich auch Oppositionsbewegungen in anderen jungen StaatenEurasiens nutzbar zu machen, um korrupte Machthaber zu stürzen. Besonderszugespitzt ist die Situation in Armenien, wo die Opposition seit einem Jahrgegen das Resultat der Präsidentschaftswahlen protestiert. Bei den Wahlensoll es zu massiven Fälschungen zugunsten von Robert Kotscharjan gekommensein, der seit 1998 im Amt ist und letztes Jahr wiedergewählt wurde.
Anfang April löste die armenische Polizei mit Schlagstöcken, Tränengasund Wasserwerfern eine Kundgebung auf, zu der sich 15.000 Oppositions-Anhängervor dem Parlamentsgebäude in der Hauptstadt Jerewan zusammengefunden hatten.Es gab zahlreiche Verletzte. Die Sicherheitskräfte erklärten, ausder Menge seien Molotow-Cocktails geworfen worden. Nach den Auseinandersetzungenwurden die Büros der Oppositionsparteien durchsucht. Nach Angaben derOpposition wurden 250 Menschen verhaftet, die Polizei spricht von 115 Verhafteten.Wie der Londoner IPWR-Pressedienst meldete, wurden inzwischen vier inhaftierteParlamentsabgeordnete wieder freigelassen.
Parteien in zwei Lager gespalten In dem Konflikt mit der Opposition stehen drei Parteien auf der Seitedes Präsidenten, die „Republikanische Partei Armeniens“,die vom Ministerpräsidenten Andranik Margarjan geführt wird,die Partei „Land des Gesetzes“ – geführt vom ParlamentsvorsitzendenArtur Bagdasarjan und die Partei „Daschnakzutjun“. Zur Oppositiongehört der Block „Gerechtigkeit“, geführt von StepanDemirtschjan, und die Partei „Nationale Einheit“ von ArtaschesGegamjan. |
Der Sohn des ehemaligen armenischen KP-Sekretärs Karen Demirtschjanund Führer des Oppositionsblocks „Gerechtigkeit“, Stepan Demirtschjan,sowie der Vorsitzende der Partei „Nationale Einigkeit“, ArtaschesGegamjan, werfen der Regierung die Fälschung der Präsidentschaftswahlenim März letzten Jahres vor. Schon damals kam es in Jerewan zu Großdemonstrationen.Auch die OSZE-Wahlbeobachter hatten Kritik am Verlauf der Wahl geäußert.
Nach der Großdemonstration Anfang April sprach Staatschef Kotscharjanvon einer „aggressiven Minderheit“, welche die Landesregierunggewaltsam stürzen wolle. In den Monaten zuvor hatte die Opposition versucht,im Parlament ein Gesetz durchzubringen, welches eine Vertrauensabstimmung überden Präsidenten möglich machen würde. Das armenische Verfassungsgerichthatte letztes Jahr solch eine Abstimmung angeregt, war dann aber wieder davonabgerückt. Weil sich die Opposition mit ihrem Vorhaben im Parlament nichtdurchsetzen konnte, begann sie die Parlamentssitzungen zu boykottieren.
Die Opposition in Armenien fühlt sich durch die „Rosenrevolution“ inGeorgien ermutigt. Dort mußte Präsident Schewardnadse vergangenenNovember unter dem Druck der Straße zurücktreten. Doch Beobachterweisen darauf hin, daß die armenische Protestbewegung noch nicht so starkist wie im Nachbarland Georgien. Außerdem seien die Machtstrukturen inArmenien gefestigter. Auch Staatschef Kotscharjan fühlt sich sicher inseinem Amt. Die Ereignisse von Georgien würden sich im Land am Fußedes Ararats nicht wiederholen, das seien „revolutionäre Seifenblasen“,ließ der Präsident verlauten. Wie vergangenes Jahr in Georgien siehtsich die Regierung Korruptionsvorwürfen ausgesetzt. Trotz eines Wirtschaftswachstumsvon 14 Prozent ist die soziale Lage gespannt. Die Hälfte der Bevölkerunglebt unter der Armutsgrenze.
Die Sicherheitsorgane und die Presse sind Präsident Kotscharjan treuergeben. Seit der Auseinandersetzungen Anfang April wurde eine Informationsblockade überdas Land verhängt. Nachdem der russische Fernsehkanal NTW über dieKundgebung der Opposition berichtet hatte, wurde der Kanal aus „technischenGründen“ abgeschaltet. Russische Zeitungen sind in Jerewan zur Zeitnicht zu bekommen. Anstatt über die Kundgebungen der Opposition zu berichten,sendeten staatliche Fernsehkanäle Unterhaltungsprogramme.
Trotz des harten Vorgehens der Sicherheitsorgane gibt sich die Oppositionentschlossen. Demirtschjan erklärte, ein Dialog mit der amtierenden Regierungsei nur möglich, wenn diese die Verantwortlichen für das gewaltsameVorgehen gegen die Demonstranten bestrafe. Die Opposition steht in Kontaktmit den Botschaftern der USA und der EU-Staaten, welche sich besorgt zu denEreignissen äußerten und zum Dialog aufriefen.
In Jerewan kursieren Gerüchte, nach denen Präsident Kotscharjansein hartes Vorgehen gegen die Opposition mit Moskau abgesprochen habe. EineBestätigung für dieses Gerücht gibt es indes nicht. Der russischeExperte für Geopolitik, der Hardliner General Leonid Iwaschow, erklärte,daß sich jetzt entscheide, ob Armenien im Einflußbereich Rußlandsbleibe oder Bündnispartner der Nato werde. Vieles spricht jedoch dafür,daß sich Moskau wie in Georgien zurückhält und als Schlichterauftritt.
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