13.01.2023 14:10:35
MIGRANTEN
Von Gerd Höhler
er griechische Minister für Bürgerschutz, Michalis Chrysochoidis, will im ganzen Land 30 Lager für illegale Migranten einrichten. Dort sollen Armutsflüchtlinge untergebracht werden, bis sie in ihre Heimatländer abgeschoben werden können. Aber die betroffenen Gemeinden sträuben sich gegen die geplanten Lager.
Hunderttausende illegale Migranten sind in den vergangenen Jahren über die Ägäis und die türkische Grenze nach Griechenland gekommen. Fast 90.000 Armutsflüchtlinge wurden allein im vergangenen Jahr an den griechischen Grenzen gestellt. Die meisten kamen aus Afghanistan und Pakistan. Wie viele unerkannt ins Land gelangten, weiß niemand. Die Gesamtzahl der illegalen Einwanderer in Griechenland wird auf eine Million geschätzt – bei elf Millionen Einwohnern.
Griechenland steht seit Jahren in der Kritik, weil es seine EU-Außengrenzen nicht wirksam sichert. Auch die menschenunwürdigen Zustände in den wenigen Auffanglagern sorgen in Europa immer wieder für Empörung. Die Behandlung von Asylbewerbern genügt in Griechenland ebenfalls nicht den EU-Standards. Immer häufiger werden in anderen EU-Staaten illegale Migranten aufgegriffen, die über Griechenland eingereist sind. Deshalb drohe seinem Land möglicherweise schon Mitte dieses Jahres der Ausschluss aus der Schengen-Zone, warnt Minister Chrysochoidis.
Mit den neuen Auffanglagern, zu deren Finanzierung die EU in den nächsten beiden Jahren 250 Millionen Euro beisteuern will, hofft der Minister die Kritiker zu beruhigen. Die geplanten Lager, je drei in den zehn Verwaltungsregionen des Landes, sollen jeweils etwa 1.000 Migranten aufnehmen. Die Lager werden dreifach umzäunt und jeweils von 150 Polizisten bewacht. Sie sollen neben Schlaf-, Speise- und Aufenthaltsräumen auch über einen Gebetsraum und Sporteinrichtungen verfügen. Bis Ende dieser Woche erwartet Minister Chrysochoidis von den Präfekten Vorschläge, wo die Lager errichtet werden können. In Frage kommen vor allem leerstehende Militärgebäude. Aber in den betroffenen Gemeinden stoßen die Pläne überwiegend auf Ablehnung. Im nordgriechischen Kozani besetzten aufgebrachte Bürger bereits eine verlassene Armeekaserne, die als Flüchtlingslager genutzt werden soll. Minister Chrysochoidis versucht, den Anwohnern die Pläne schmackhaft zu machen: jedes Lager bedeute Hunderte neue Arbeitsplätze.
Selbst wenn es der Regierung gelingt, alle geplanten Lager bis zum kommenden Jahr einzurichten, wäre das allerdings nur ein Tropfen auf den heißen Stein: Sie könnten gerade mal 30.000 der geschätzt eine Million illegalen Migranten beherbergen. Die geplante Rückführung der Flüchtlinge in ihre Heimatländer ist überdies schwierig: die meisten haben keine Papiere. Folglich kann man ihre Herkunft nur schwer nachweisen und sie auch nicht abschieben. Zwar bemüht sich Griechenland in Zusammenarbeit mit der Internationalen Organisation für Migration (IOM) um eine freiwillige Repatriierung. Doch im vergangenen Jahr machten davon nur 1.200 Migranten Gebrauch.
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Der Autor ist Korrespondent von n-ost. Das Netzwerk besteht aus über 50 Journalisten in ganz Osteuropa und berichtet regelmäßig für deutschsprachige Medien aus erster Hand zu allen Themenbereichen. Ziel von n-ost ist es, die Wahrnehmung der Länder Mittel- und Osteuropas in der deutschsprachigen Öffentlichkeit zu verbessern. Weitere Informationen unter www.n-ost.de.
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