„Dänische Delikatessen“GESEHEN

„Dänische Delikatessen“

„Dänische Delikatessen“

Zwei Metzgerburschen gehen über Leichen – und wecken im Land des Smörrebröds eine neue Vorliebe für „Hühnchenfleisch“

Von Hartmut Wagner

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Nach getaner Arbeit: Bjarne (r.) und Svend schnaufen durch. 

EM – Wer hat die beste Rothirschwurst? Na, der dickbäuchige Wurst-Holger natürlich, wer sonst. Der Metzgermeister hat das Fleischergeschäft eines dänischen Städtchens fest im Griff. Nicht ein einziges kleines Würstchen bringen die beiden Jungmetzger Svend und Bjarne an den Mann. Das ändert sich schlagartig, als der von Komplexen geplagte Svend in seinem Kühlraum den erfrorenen Hauselektriker findet. Der Fleischer, der sich bezeichnenderweise „Slagtermester“ nennt, fackelt nicht lange. Er verarbeitet einen Fuß zu marinierten Koteletts und hängt den Rest des Handwerkers zurück an einen Fleischerhaken in der Kühlkammer.

Bjarne ist schockiert, bald aber überkommt ihn wieder seine gewohnte Wurstigkeit. Vor allem stimmt jetzt endlich der Umsatz. Ja er nimmt geradezu beängstigende Züge an. Die Gier der Kunden nach dem köstlich eingelegten „Hühnchenfleisch“ ist unersättlich. Die beiden Metzgerburschen haben von nun an immer mindestens eine gekühlte Leiche auf Lager – sei’s der unbedarfte Makler Häuser-Hans, Svends Ex-Freundin oder schlicht ein „kleiner Schwede“, den Svend im Park „gefunden“ hat. Alle werden sie verwurstet. Der Fleischwolf wütet, die Knochenmühle rotiert – bis die Herren von der Gesundheitskontrolle in der Ladentür stehen...

„Darf’s ein bißchen mehr sein?“

Die „Dänischen Delikatessen“ von Regisseur Anders Thomas Jensen haben es in sich. Dabei ist sein Film kein Psychoschocker vom Schlage eines „Texas Chainsaw Massacres“, auch wenn die an der Decke baumelnden Menschenkadaver so manche Assoziation wecken. Offiziell firmiert der Streifen sogar als Komödie und wirbt mit dem Standardspruch der Metzgerdame von nebenan: „Darf’s ein bißchen mehr sein?“ Jensen setzt ganz auf tiefschwarzen und hammermakabren Humor. Dennoch übertritt er auch in den Schlachterszenen nicht die Grenzen des guten Geschmacks, jedenfalls nicht willentlich. Nach Angaben des Verleihers war Jensens neustes Werk im Kinojahr 2003 einer der erfolgreichsten Filme in Dänemark.

Hier und da merkt man das Faible des Regisseurs für Kurzfilme – drei von ihnen wurden bislang für den Oscar nominiert. Langatmige Kameraeinstellungen oder längere Dialoge vermeidet der Filmemacher. Rasant, nicht aber oberflächlich zeigt der Film die kleine Welt des ständig vor Schweiß triefenden Svend und seines verklemmten Freunds Bjarne. „Dänische Delikatessen“ bietet nicht den Stoff für eine abendfüllende Diskussion, er macht einfach Spaß.

„Dänische Delikatessen“

(Originaltitel: De Grønne Slagtere)
Dänemark 2003
95 Minuten
Regie: Anders Thomas Jensen
Darsteller: Nikolaj Lie Kaas, Mads Mikkelsen, Line Kruse, Ole Thestrup

Film

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