13.01.2023 14:10:35
GELESEN
Von Eberhart Wagenknecht
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„Das Morgenland ist weit – die erste Motorradreise vom Rhein zum Ganges“ von Oss Kröher |
EM - Das Ereignis liegt über 50 Jahre zurück, abernoch heute begeistern sich ganze Legionen von Motorradfahren daran, die vomFernweh geplagt Zeile für Zeile verschlingen. Viele Internet-Foren kündenvon dem ungebrochenen Interesse. Man muß nicht einmal selbst die Leidenschaftfür heiße Öfen teilen, um diese Faszination des einfach Losfahrenszu spüren: Der alten Welt den Auspuff zu zeigen und loszubrettern, Kilometerfür Kilometer mit röhrendem Motor dem Abenteuer entgegen.
So haben es die beiden Pfälzer Oss Kröher und sein Beifahrer GustavPfirrmann im Jahre 1951 gemacht. Auf einer alten NSU-Beiwagenmaschine, Baujahr1928, durchquerten sie Länder, setzten über Ströme und erklommenGebirge, im Sattel ihrer alten Mühle mit 600 Kubikzentimeter Hubraum undganzen zwölf PS. Zwei Mann auf einem Motorradgespann, das fast genausoalt war wie sie.
Abends schlugen sie das Zelt auf. Am andern Tag ging es weiter, immer strammnach Südosten. Sie hatten weder Kreditkarten, noch ein Girokonto und schongar keine Reiseversicherung. Es gab weder Bankautomaten noch Travellercheques.Ihre Route führte durch ein Dutzend Länder von Deutschland über Österreich,Italien, Griechenland, die Türkei, Syrien, Jordanien, den Irak, den Iranund Afghanistan bis nach Bombay. Über 10.000 Meilen fuhren die beiden,ausgestattet mit einem vorläufigen deutschen Reisepaß.
Im Vorwort schreibt Oss Kröher: „Unbekümmert wie die Vögelwaren wir, 24 Jahre jung und kerngesund. Bei Huren und Heiligen, in Opiumhöhlenund Tempeln, bei Brahmanen, Parsen und Betrügern. Unter dem Gebetsrufdes Muezzin, im Dieselgestank der Landstraße und in den Düften derWindrose – fast anderthalb Jahre im Staub.“
1997 erst veröffentlichte der in die Jahre gekommene Kröger seineErlebnisse. Aber sie lesen sich so, als hätte er sie bereits seinerzeitjeden Abend im Zelt neben seiner Beiwagenmaschine zu Papier gebracht. Und tatsächlichhat der Autor Tagebuch geführt und bei der Niederschrift viel Hintergrundwissen überLänder, Leute, Sehenswürdigkeiten und Historie dazugepackt. Er erzähltvoller Poesie und nicht selten auch reichlich bombastisch im Stil. Alle Mühsalund ebenso die Triumphe – man spürt sie fast körperlich. Die Anstrengungbeim Freischaufeln des Motorrades aus einer Dachlawine genauso wie den Beifalldes Publikums, wenn wieder einmal ein Auftritt der Jungs als Musikant und Zauberer,mit Gitarre und Feuerschlucken, das nötige Kleingeld für‘s Weiterfahrenerbracht hat.
Die poetische Ader des Autors und seine Leidenschaft als Musiker schlagenimmer wieder durch. So wird der Leser mit Liedtexten und Anekdötchen ausseiner Gesangs- und Spielkunst beglückt. Kröger entführt aufseiner Maschine den Leser in eine Zeit, die – sechs Jahre nach dem Krieg – vonganz anderen Werten und Sehnsüchten geprägt ist als die unsere heute.
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