Das silberne Pferd: Archäologische Schätze zwischen Schwarzem Meer und KaukasusAUSSTELLUNG IN BEVERN

Das silberne Pferd: Archäologische Schätze zwischen Schwarzem Meer und Kaukasus

Das silberne Pferd: Archäologische Schätze zwischen Schwarzem Meer und Kaukasus

Mitten im Weserbergland, fernab großer Städte, ist eine hochkarätige Präsentation zu bestaunen: Das Weserrenaissance-Schloss Bevern bietet nach den zuvor schon gezeigten spektakulären Ausstellungen über „Die Balten“, über „Schätze der Ostgoten“ und über „Die Vandalen“ nun einen weiteren Höhepunkt der archäologischen Forschung. Zu bestaunen sind die seltenen Exponate noch bis zum bis 24. Oktober 2010.

Von Eberhart Wagenknecht

I ndem es derartige internationale Sonderausstellungen in die Provinz holte, ist Schloss Bevern weit über die Grenzen des Landes hinaus bekannt geworden. Das 1603 bis 1612 unter dem Bauherrn Statius von Münchhausen errichtete Schloss vor den Toren der Stadt Holzminden ist angemessene Kulisse und schützende Hülle zugleich. Auch für diese neuerliche spektakuläre Präsentation.

Die Ausstellung widmet sich der Altertumsforschung im zaristischen Russland,  im auslaufenden 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als diese noch weitgehend in den Kinderschuhen steckte. Während Schliemann das sagenumwobene Troja entdeckte, begaben sich deutsche und polnische Gelehrte sowie Archäologen auf die mühevolle Reise mit der Bahn, mit dem Schiff und mit dem Pferdewagen in den Kaukasus und ans Schwarze Meer, um hier ihre Ausgrabungen zu betreiben und Sammlungen zu erwerben.

Einer von Ihnen war der bedeutende Berliner Pathologe, Politiker und leidenschaftliche Prähistoriker Rudolf Virchow. Ihm verdankt das heutige Museum für Vor- und Frühgeschichte, Staatliche Museen zu Berlin, die größte Kaukasus-Sammlung außerhalb Russlands. Wesentliche Teile davon sind im Weserrenaissance Schloss Bevern zu sehen, wie etwa zwei große bronzene Pfauenfedernadeln aus dem 2. bis 1. Jahrtausend v. Chr., die mit Widderköpfen verziert sind. Ein bronzener Helm mit einer  urartäischen Inschrift des 11. bis 8. Jahrhunderts v. Chr. stellt ein absolutes Unikat der Sammlung dar.

Schloss Bevern – kulturelles Zentrum für die Region

Bevern war einst die fürstliche Residenz eines Braunschweiger Herzogs. Aus der Linie Braunschweig-Wolfenbüttel-Bevern stammt auch Elisabeth Christine, die spätere Gemahlin vom Preußenkönig Friedrich II. Nach Aufgabe der Hofhaltung 1772 durchlitt das Schloss ein wechselvolles Schicksal in der Folgenutzung:  von der Herzogresidenz zur Correctionsanstalt (Besserungsanstalt), zum Erziehungsstift,  zur SA-Sportschule, zum Möbellager. 1986 fasste als neuer Eigentümer, der Landkreis Holzminden den Entschluss, hier ein kulturelles Zentrum für die Region einzurichten. Mittlerweile ist das Schloss zu einer  kulturellen Hochburg im Weserraum avanciert.

Rot-weiße Säulen umkränzen die große neu gestaltete Parkfläche im unmittelbaren Schlossvorfeld. Die Aufschrift „Das Silberne Pferd“ zeigt, dass es hier sein muss: das, was sonst nur in großen Städten Europas zu sehen ist - in Berlin, in Warschau, in Krakau und in Lublin.

Nach wenigen Metern steht man im Schlosshof, vor der beeindruckenden Baukulisse der Vierflügelanlage. Im Zugangsbereich zeigt ein nagelneuer Aufzug, dass auch behinderte Menschen die Möglichkeit haben, die fast 1000 Quadratmeter  umfassende Ausstellungsfläche mit mehreren hundert zeitlich geordneten Exponaten im Obergeschoss mühelos zu erreichen.

An einer Stelle taucht Virchow unversehens leibhaftig in seinem  eins zu eins rekonstruierten Forschungszimmer aus dem Jahre 1896 auf und beginnt aus seinem Brief an einen polnischen Kollegen über seine Forschungen im Kaukasus zu lesen.

Tataren nannten die deutschen Archäologen nur „Totengräber“

Von Virchow gefördert, führte auch der im Dienst der Firma Siemens & Halske stehende Elektrochemiker Waldemar Belck,  Leiter der Kupferbergwerke in Kedebag und Kalakent im heutigen Aserbeidschan, archäologische Ausgrabungen im Kaukasus durch. Zwischen den Jahren 1888 und 1891 grub er nach spätbronze- und früheisenzeitlichen Bestattungsplätzen. In einem Brief an Virchow schrieb er: „Ich bin hier nämlich wegen meiner Ausgrabungen bekannt und berüchtigt, habe auch von den Herren Tataren dieserhalb den schmeichelnden Beinamen „der Totengräber“ bekommen und werde von ihnen zumindest für halb verrückt gehalten, weil ich auf die Erlangung von nach ihrer Meinung so wertlosen Dingen so viel Zeit und Geld verwende“.

Wenn es um archäologische Funde zwischen Schwarzem Meer und Kaukasus geht, fällt einem vor allem der Name eines Volkes ein: der Skythen. Und da wartet die internationale Ausstellung in Bevern gleich mit der kompletten Beigaben-Ausstattung einer ganzen Prinzessinnen-Bestattung auf, ausgestellt in dem Nachbau eines skythischen Kurgans mit Holzkammergrab. Der Entdecker, der Archäologe Godfryd Ossowski, ahnte 1887 nicht, dass nur wenige Zentimeter unter diesem Grab ein zweites noch einmal so reich ausgestattetes Männergrab lag, als er die Grabungen beendete. Man hat es erst später entdeckt.    

Der Kupferkessel aus Podolien

Und dann ist da noch die Sache mit dem großen Kupferkessel aus Podolien in der Westukraine. Jahrelang stand er unbeachtet im Warschauer Museum. Weil man glaubte, es handele sich um eine Nachbildung eines im Krieg verlorengegangenen Originals, schenkte man dem Stück keine große Aufmerksamkeit. Es diente praktischerweise noch als Schirmständer. Erst als ein junger Doktorand seine Skepsis äußerte und um eine metallurgische Untersuchung des Kessels bat, kam die Wahrheit ans Tageslicht. Der Kessel war das verschollen geglaubte Original. Jetzt steht dieser große Kessel, frisch restauriert, erstmals wieder für die Öffentlichkeit sichtbar im Schloss in Bevern.

Eine der ganz großen Sammlungen aus dem Schwarzmeerraum trug der Kiewer Jozef Choynowski im Laufe seines Lebens zusammen. Als junger Soldat kämpfte er im russisch-türkischen Krieg, wurde dort schwer verletzt und begann nach seiner Entlassung aus dem Kriegsdienst sein Leben der Altertumsforschung zu widmen. Bald genoss er die Anerkennung der russischen Archäologen und auf einem der letzten großen Kongresse, an denen er teilnahm, erhielt er Gelegenheit seine Sammlung in Kiew zu präsentieren. Unter den wenigen ausländischen Gästen war kein geringer als Rudolf Virchow.

Bedeutende Objekte aus der Choynowski-Sammlung, wie reich verzierte goldene und verzierte Gewandfibeln aus dem 5. Jahrhundert n. Chr., der Völkerwanderungszeit, die heute im Besitz des Staatlichen Archäologischen Museums Warschau inventarisiert sind, können gleichfalls in der Ausstellung bewundert werden.

Die internationale Ausstellung „DAS SILBERNE PFERD. Archäologische Schätze zwischen Schwarzem Meer und Kaukasus“ wird im Kulturzentrum Weserrenaissance Schloss Bevern, 37639 Bevern (Landkreis Holzminden) noch bis 24. Oktober zu sehen sein. Öffnungszeiten sind täglich von 10.00 bis 17.00 Uhr und am Donnerstag von 10.00 bis 20.00 Uhr.

Weitere Informationen: www.dassilbernepferd.info

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