Die USA zeigen den Europäern, wer das Sagen hatEINGREIFTRUPPE DER EU - ACHSE DER NAIVLINGE

Die USA zeigen den Europäern, wer das Sagen hat

Bis Ende 2003 sollte die mobile Eingreiftruppe der EU stehen. Eine schnell einsetzbare Armee von 60 000 Mann. So hatten es die Verteidigungsminister der EU im Rahmen der "Capability Improvement Conference" am 19. und 20. November 2001 in Brüssel festgelegt.

Von Hans Wagner

EM - Bis Ende 2003 sollte die mobile Eingreiftruppe der EU stehen. Eine schnell einsetzbare Armee von 60 000 Mann. So hatten es die Verteidigungsminister der EU im Rahmen der "Capability Improvement Conference" am 19. und 20. November 2001 in Brüssel festgelegt. Damit wurde die bereits 1999 vom Europäischen Rat in Helsinki beschlossene Einrichtung gemeinsamer militärischer Krisenreaktionskräfte präzisiert.

Die Eingreiftruppe sollte für Einsätze der EU unter europäischem Kommando stehen. Es war vorgesehen, daß die Mitgliedstaaten rund 100 000 Soldaten bereitstellten, von denen 60 000 für ein Jahr permanent weltweit einsatzfähig sein sollten.

Durch einen Streit zwischen den NATO-Partnern Griechenland und Türkei (die kein EU-Mitglied ist) hat sich die Aufstellung der Einheiten immer wieder verzögert.

In diesem Herbst schien es nun, als könnten die Differenzen beigelegt und die Truppe endlich Realität werden. Doch nun hat beim Treffen der NATO-Verteidigungsminister in Warschau Ende September der amerikanische Verteidigungsminister Rumsfeld einen raffinierten Coup gelandet. Die Amerikaner wollen plötzlich eine eigene Eingreiftruppe der NATO mit über
20 000 Mann unter US-Kommando aufstellen. Schon Anfang 2003 soll der Verband einsatzbereit sein.

Die Europäer waren wie vor den Kopf gestoßen. Das schaffe völlig neue Tatsachen, klagten die überrumpelten EU-Minister. Man könne schließlich nicht zwei Eingreiftruppen aufstellen. Wenn Amerika auf der NATO-Lösung bestehe, werde diese wohl auch verwirklicht.

Kein Land wagt es, den Amerikanern zu widersprechen

In der britischen Delegation hieß es sofort, niemand werde es in der gegenwärtigen Situation wagen, den Vorstoß der USA zurückzuweisen. Aus der belgischen Delegation war die realistische Einschätzung zu hören: Die EU-Eingreiftruppe als wichtiges Instrument der europäischen Verteidigungspolitik habe durch den Schachzug der Amerikaner einen großen Rückschlag erlitten.

Jetzt geht die Angst um bei den Europäern, sie könnten mit diesem Schachzug der USA dazu gezwungen werden, im Rahmen der Beistandsverpflichtung an Militäraktionen teilzunehmen, die sie eigentlich ablehnten. Zum Beispiel an Kommandoaktionen im Irak.
Für diesen Einsatz jedenfalls will Amerika die Eingreiftruppe haben. Deshalb soll sie auch schon in wenigen Monaten aufgestellt und kampfbereit sein.

Sichtlich zufrieden zog Beobachtern zufolge der amerikanische Verteidigungsminister Donald Rumsfeld nach dem NATO-Herbsttreffen mit seinen Amtskollegen in Polens Hauptstadt Bilanz. Seine Stimmung sei „exzellent“, versicherte er. Die Reaktionen auf den US-Vorschlag zur Schaffung einer NATO-Interventionstruppe nannte er „sehr positiv“ und teilweise geradezu „enthusiastisch“.

Murren nur hinter vorgehaltener Hand

Der Unmut der Europäer wurde wieder einmal nur hinter vorgehaltener Hand geäußert. Offiziell reagierten die NATO-Partner in Warschau mit höflichem Wohlwollen auf den US-Plan. Und das, obwohl die von den USA konzipierte Krisentruppe, die auch außerhalb des Allianzgebiets zum Einsatz kommen würde, zum Großteil von den Europäern gestellt und finanziert werden müßte.
Nur Spanien verlangte, daß die US-Pläne auf ihre Vereinbarkeit mit dem EU-Vorhaben einer eigenen schnellen Eingreiftruppe überprüft würden. In der spanischen Delegation wurde die Meinung vertreten, daß mit der NATO-Truppe das Ende der Idee einer EU-Eingreiftruppe besiegelt wäre. Beim Prager NATO-Gipfel im November soll das Thema wieder zur Sprache kommen.

Den Europäern dämmert, daß sie statt Schaffung eigener Krisenreaktionskräfte nun eine weltweite Hilfstruppe für die Amerikaner stellen müssen. Die Weltmacht hat Europa wieder einmal brutal gezeigt, wer das Sagen hat.

Das Kommando über die Strukturen und Einsätze der NATO-Interventionstruppe werden die Amerikaner haben. Eine eigene europäische Sicherheitspolitik rückt damit wieder in weite Ferne. Die EU ist und bleibt von den USA abhängig. Ignacio Ramonet faßt in einem Artikel für „LE MONDE diplomatique“ diese beklemmende Erkenntnis in dem Satz zusammen: „Ein Imperium hat keine Verbündeten, es hat Vasallen.“

EU USA

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