09.08.2023 13:11:56
GEORGISCHE TÄNZE
Von Barbara Gutmann
Das komplette Bühnenbild von „Legends of the Storm“. |
n prachtvollen Tänzen und eindringlichen Liedern erzählen mehr als ein halbes Hundert georgischer Tänzerinnen und Tänzer Geschichten von der übernatürlichen Schönheit ihrer Heimat. Liebe und Krieg und die einfachen Freuden des Alltags werden auf der Bühne lebendig: Rituale, Geheimnisse und Gefahren einer goldenen Vergangenheit. Anmut und Akrobatik, kaukasische Wildheit und Poesie geben einander die Hand.
Die große Bühnenschau trägt den Titel „Legends of the Storm“. Sie weckt den Produzenten zufolge „ein verloren geglaubtes Zeitalter zu neuem Leben, voll widerhallender Töne, die vor dem geistigen Auge eine sagenumwobene Welt entstehen lassen.“
Nach gefeierten Aufführungen in Peking, Paris und Moskau, in New York, Los Angeles Köln und Dresden zeigen nun im Deutschen Theater in München die jungen grazilen Tänzerinnen und Tänzer ihre Kunst. In langen, eng geschnürten Roben schweben die jungen Frauen wie Feen über das Parkett, während die Männer sich atemberaubende Säbelkämpfe liefern.
Die Tänze spiegeln das Leben der geheimnisvollen und wilden Kaukasusregion Georgien wider. Sie zeugen von Mut und Tapferkeit des georgischen Volkes und auch von dessen Leichtigkeit, Anmut und Eleganz. Zusammen mit dem vielstimmigen Gesang sind ein kostbares Vermächtnis der georgischen Kultur und haben damit Hunderttausende weltweit begeistert.
Tänzer der Erisoni – Staatliche Akademie für Tanz und Gesang – bei der Aufführung von „Legends of the Storm“ in Reihe kniend. |
Zur Zeit der Wende zum 21. Jahrhundert drang die Kunde von dieser nie zuvor gehörten Musik über die Grenzen Georgiens und seiner Berggipfel hinaus. Die einmaligen Schätze der georgischen Gesangskunst werden vom Nationalensemble „Erisioni“ für Tanz und Musik gepflegt und gehütet. Ausschließlich die Mitglieder dieses Ensembles sind befugt, das uralte Liedgut in die Welt zu tragen. Die berauschende Kombination aus A-capella-Gesängen und Walzerklängen entspringt dem reichen Schmelztiegel der unterschiedlichsten Kulturen, die sich in der Region des Kaukasus seit Jahrhunderten niedergelassen haben.
Die Frauen tanzen den „Khalta Tsekva“, mit dem sie die zur Jagd oder zum Kampf aufgebrochenen Männer sehnlichst zurückerwarten. Fröhlich und hell erschallt der Ruf der Salamuris, zu deren lockendem Flötenklang die beeindruckenden Doli-Trommeln den Rhythmus schlagen.
„Davluri“ hingegen trägt den Zuschauer mit seinen farbenprächtigen Kostümen in die Welt des Adels und seiner typischen Hochzeitsfeiern. In „Zeimi Mtachi“ erlebt man Hirten bei lustvoller Traubenlese, derweil sich die Chöre in „Garmoni“ zu einem herrlichen Wechselspiel vielstimmig aufschwingen. „Svanuri“, mit seinem Ursprung in der zerklüfteten Bergregion, wird hauptsächlich getanzt, um im Winter die bittere Kälte zu verdrängen. Und was wäre das stolze Georgien ohne ein zünftiges Trinklied wie das freudige „Tchakrulo“, das selbst die ärgsten Feinde vergessen lässt?
Im Erisoni, Georgiens staatlicher Akademie für Tanz und Gesang, wird täglich sechs Stunden geprobt. Sechs Tage die Woche. Das ganze Jahr über. Hier liegt die Wiege von „Legends of the Storm“, dem Bühnenspektakel um magische Klänge, poetische Tänze und kämpferische Duelle.
Die Auswahl im Erisoni ist hart. Derzeit trainieren dort 1000 Kinder die Kunst des Tanzes. Rund 200 davon erlernen die polyphonen Gesänge, die seit mehr als zehn Jahrhunderten Teil der Landestradition sind. Wer mit 18 Jahren zu den Besten seines Jahrgangs gewählt wird, kann zwischen 300 und 700 Lari im Monat verdienen. Das sind umgerechnet zwischen 130 und 300 Euro – eine Menge Geld in Georgien.
Das brillante Ensemble kommt im zeitgenössischen Glanz daher, jenseits aller verstaubten Folklore. Die Körperbeherrschung lässt den Atem stocken. Wie von einem Bogen geschnellte Pfeilspitzen schwirren Tänzerinnen und Tänzer über die Bühne, absolut synchron. Was sie zeigen, ist Akrobatik in höchster Vollendung. „Sie bilden dreistöckige Pyramiden, fliegen übereinander hinweg und vollführen ihre Drehungen und Sprünge so irrsinnig schnell, dass sie jeden Breakdancer blass aussehen lassen“, schreibt der Bonner Generalanzeiger .
„Die modernste Volksmusik der Welt“, nannte Igor Strawinsky die Aufführungen dieser Truppe aus Georgiens staatlicher Akademie für Tanz und Gesang. 2001 schaffte sie es mit Georgiens Gesängen auf Anhieb, in die erste Unesco-Liste des mündlich überlieferten Weltkulturerbes aufgenommen zu werden.
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Ein Fest für die Sinne – das mystische Georgien auf den Brettern des Deutschen Theaters. Vom 02. Januar bis zum 13. Januar. Weitere Informationen: http://www.deutsches-theater.de/legends_001.html
Siehe auch EM 03-05: „Perfekte Choreographie eines kaukasischen Volkes“.
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