13.01.2023 14:10:35
MOSKAU
Von Ulrich Heyden
atu“-Sängerin Julia Wolkowa war entsetzt. Zusammen mit dem zweiten „Tatu“-Girl Jelena Katina besuchte sie am Pfingstsonntag die Moskauer Gay-Pride-Parade, bei der es Verletzte und Verhaftete gab. Bürgermeister Juri Luschkow hatte die Parade auch in diesem Jahr nicht genehmigt. Das Stadtoberhaupt meint, die Bevölkerung dulde keine öffentlichen Auftritte von Homosexuellen. Das generelle Nein Luschkows widerspricht allerdings der Europäischen Menschenrechtskonvention, die Russland unterzeichnet hat, meinen die Vertreter von Menschenrechtsorganisationen.
Rechtsradikale und fanatische Gläubige fielen über eine Handvoll Demonstranten her, die gewagt hatten, trotz des Verbots auf die Straße zu gehen. Das sei „schrecklich“. Eine „Schande“ für unser Volk, erklärte Julia Wolkowa gegenüber dem Massenblatt „Moskowski Komsomolez“.
Die Gruppe „Tatu“ war mit ihrer lesbisch angehauchten Show weltberühmt geworden. Julia zeigte sich von den Vorfällen so geschockt, dass sie an der nächsten Parade nicht teilnehmen will. „Ich habe keine Angst, aber es ist sehr unangenehm.“ Die beiden Sängerinnen hielten sich nur kurz bei der Kundgebung auf. Ihre Leibwächter waren nervös. Die Situation war nicht ungefährlich. Der schwarze Van der Tatu-Mädchen wurde mit Eiern beworfen.
Etwa 200 Menschen hatten sich am Sonntag vor dem Moskauer Rathaus versammelt. Der Großteil waren Journalisten. Gruppen von Rechtsradikalen und fanatischen Gläubigen beschimpften die Demonstranten als „Missgeburten“ und „Kinderschänder“. Ein rechtsradikaler Schläger verpasste dem britischen Schwulen-Aktivisten Peter Tatchell einen Faustschlag mitten ins Gesicht. Die russische Aktivistin Anna Komarowa wurde zu Boden geprügelt.
Eine Delegation von europäischen Parlamentariern wollte im Rathaus eine Petition zur Versammlungsfreiheit abgeben. Doch dazu kam es nicht. Als sich der Grüne Volker Beck und der italienische Europaabgeordnete Marco Cappato dem Rathaus näherten, schmissen die Fundamentalisten Eier und Tomaten. Daraufhin wurde Beck – „zu seinem Schutz“, wie es hieß - von der Polizei verhaftet. Es war bereits das zweite Mal, dass der Grünen-Politiker auf der Moskauer Gay-Pride-Parade angegriffen wurde. Letztes Jahr wurde er durch einen Faustschlag im Gesicht verletzt.
Die Sonderpolizei OMON verhaftete 31 Personen. Unter den Verhafteten waren auch einige Rechtsradikale. Zwei Organisatoren der Gay-Pride-Parade wurden am Montag vor Gericht gestellt. Die Anklage lautete auf „Nichtausführung polizeilicher Anordnungen“.
Unerwartete Unterstützung bekamen die Homosexuellen vom zweiten Mann der nationalistischen „Liberaldemokratischen Partei“, Aleksej Mitrofanow. Mit dem Politiker, der auch Duma-Abgeordneter ist, nahm das erste Mal ein russischer Parlamentarier an der Aktion der Homosexuellen teil. Mitrofanow erklärte, er habe für das Verbot der Aktion kein Verständnis. „Russland will doch Teil Europas sein.“
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