Harem – Geheimnis des OrientsAUS DER WELT DES ISLAMS

Harem – Geheimnis des Orients

Harem – Geheimnis des Orients

Die Kunsthalle im österreichischen Krems zeigt drei Monate lang wie sich bedeutende westliche Künstler des 19. Jahrhunderts die verborgene Welt des Harems vorgestellt haben. Vom 14. August bis 13. November 2005 sind rund 80, meist monumentale Werke von Jean Auguste Dominique Ingres, Eugène Delacroix, Leopold Carl Müller, Ferencz Eisenhut, Franz Lefler, Rudolf Ernst oder Jean-Léon Gérome zu sehen. Ergänzt wird die Ausstellung durch Fotografien von Rudolf Lehnert und Franz Landrock aus den Jahren 1911-14, die in Tunesien entstanden sind.

Von Eberhart Wagenknecht

Alfred Stevens, Orientalische Schönheit, 1873  
Alfred Stevens, Orientalische Schönheit, 1873  

Es harrt auf weichem Purpursamt die jüngste Sklavin ihres Herrn, und unter dunkler Braue flammt ihr Auge, wie ein irrer Stern“ – so beginnt das Gedicht „Die Odaliske – weiße Harems-Sklavin“ von Christian Friedrich Hebbel (1813-1863). Der Dichter aus Dithmarschen (Schleswig-Holstein), hatte damit ein Bild vor Augen, wie man es sich im 19. Jahrhundert gerne von der Erotik in den Harems orientalischer Herrscher machte. „Und sieh, der Pascha tritt herein“, geht es folgerichtig weiter. Er weist dann „stumm den Mohren fort“, - den Aufseher über die schöne Sklavin. Der Rest ist 1000 und eine Nacht.

Odalisken waren häufig georgische oder tscherkessische Sklavinnen, die der Sultan kaufen ließ oder die er geschenkt bekam. Im neunzehnten Jahrhundert waren sie beliebte Motive zeitgenössischer Maler und wurden in farbenprächtigen Gewändern dargestellt. Neben der Orientalin spielte vor allem die Odaliske, die geraubte, weiße Sklavin als Akteurin zahlreicher Kunstwerke eine wesentliche Rolle. Bei ihnen handelte es sich immer um Frauen nichtmoslemischer Herkunft, da es den Moslems verboten ist, Glaubensbrüder und -schwestern zu versklaven

Der Harem war ein reiner Frauentrakt im Palast des Herrschers, unzugänglich für alle Männer außer dem Pascha, den Hebbel in seiner Poesie lebendig werden ließ. Bestimmte Räume durften zwar von einigen Eunuchen betreten werden, aber der eigentliche Frauenbezirk war hermetisch verschlossen.

Niemand durfte hinter die Kulissen sehen

Das Wort Harem geht auf das arabische „Haram“ zurück, was „verboten“ bedeutet. Es hat später die Bedeutung von „geschützt“ und von „reserviert“ bekommen. Über das Leben der Frauen im Harem orientalischer Herrscher gibt es viele phantastische Spekulationen. Genaue Beschreibungen fehlen. Zu sehr war diese Welt den Blicken entzogen. Im Westen hatte sich vor allem die Vorstellung verbreitet, im Harem warteten hingebungsvolle Schönheiten immer nur darauf, ihrem Herrscher zu dienen und zu Willen zu sein. Ganz so wie der Dichter Hebbel sie lebendig werden ließ. In Wahrheit war alles etwas komplexer und tiefgründiger. Es gab nicht nur Sklavinnen in den orientalischen Harems, sondern auch Mädchen hochgestellter Familien, die bereits im Kindesalter hinter den Mauern des Palastes verschwanden. Sie wurden in bestimmten Räumen von einer Obererzieherin ausgebildet und wuchsen praktisch im Harem auf. Nicht selten wurden von solchen Haremsfrauen später die Erben der Herrscher geboren, denn auffällig viele der Paschas haben niemals geheiratet.

Orientalische Paläste waren Städte für sich

Giulio Rosati, Ein Kauf für den Harem, o. J.  
Giulio Rosati, Ein Kauf für den Harem, o. J.  

Harems waren nicht einfach Separées, in denen für den Herrscher ständig neue Frauen „vorrätig gehalten wurden“. Die Damen wurden in vielerlei Künsten unterrichtet wie beispielsweise im Tanzen. Sie wurden erzogen zu vollendeten Formen der Demut und Hingabe. Doch da es sich oft um Hunderte miteinander rivalisierender Damen handelte, gab es Intrigen, gelegentlich auch Mord und Totschlag. Die zur Aufsicht eingesetzten Eunuchen konnten sie nicht immer verhindern.

Besonders eindrucksvoll ist das Topkapi Serail in Istanbul. Auf türkisch heißt die prachtvolle Anlage Topkapi Sarayi, was wörtlich übersetzt „Kanonentor-Palast“ bedeutet. In diesem von Süleyman dem Prächtigen erbauten Serail hatten die Sultane jahrhundertelang ihren Wohn- und Regierungssitz. Den Harem im Tokapi-Palast erweiterten die Nachfolger Süleymans zu einer intimen kleinen Stadt, die durch Mauern von der Außenwelt abgeschirmt und strengstens bewacht war. Sie umfaßte schließlich 400 Räume, zehn Bäder, zwei Moscheen, ein Hospital und ein Gefängnis.

Doch es waren immer nur die Schönheit und Exotik der hier wohnenden Orientalinnen, von denen die Künstler sich faszinieren ließen. Sie standen für freie Sexualität und damit war die Haremswelt eine Art Gegenentwurf zu dem im 19. Jahrhundert sehr engen moralischen Sittenbild der Europäer..

Badeszenen waren bei den Künstlern besonders beliebt

Ludwig Deutsch, Haremswächter, 1903  
Ludwig Deutsch, Haremswächter, 1903  

Besonders der Alltag der gefangenen Schönheiten regte die westlichen Künstler zu faszinierenden Darstellungen an: sie zeigen die Haremsdamen beim Tanz, beim Rauchen der Huka-Wasserpfeife oder, wenn sie nicht gerade ihren Herrscher verwöhnen durften, einfach beim Müßiggang. Eine der beliebtesten Szenen war jene des Bades, bot sie doch die Möglichkeit, beliebig viele Körper mit gutem Grund nackt darzustellen.

Traditionellerweise ruft der Harem Assoziationen zu verschwenderischem Luxus, wunderschönen Frauen aus aller Herren Länder und Eunuchen wach. Die Orientalin und die Vorstellung von der geheimen Welt des Harems hat in der westlichen Kunst die Phantasie der Künstler zu den abenteuerlichsten Bilderzählungen bewogen, die in der Ausstellung in einer „panoramatischen Schilderung“ – gleich einer Geschichte aus 1001 Nacht – dargelegt werden.

Der Rundgang durch diese Phantasiewelt beginnt außerhalb der Abgeschlossenheit des Harems mit pittoresken Darstellungen der orientalischen Landschaft oder der Geschäftigkeit der Sklavenhändler und führt anschließend am Haremswächter vorbei in die geheimnisumwobenen Innenräume der Haremsgemächer.

Weitere Informationen: www.kunsthalle.at

Kultur Orient

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