13.01.2023 14:10:35
GELESEN
Von Johann von Arnsberg
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„Im Glanze Allahs – die arabische Kulturwelt und Europa“ von Eberhard Serauky |
rabien war gestern“ lautete kürzlich der Titel eines Editorials in „Die Literarische Welt“. Es war ein Abgesang auf die klammheimlich wieder in der Versenkung verschwundene arabische Literatur, die im Herbst eine Buchmesse lang im Glanz der Scheinwerfer zu bewundern war. Arabien war gestern, auch historisch gesehen. Die Blütezeit erlebte die arabische Literatur und Kunst im Mittelalter, zur Zeit der Maurenherrschaft in Spanien. Über diesen Glanz und was davon auf Europa ausgestrahlt hat, sind schon viele Bücher geschrieben worden. Der besondere Reiz des von Eberhard Serauky vorgelegten Werks sollte indes in der Analyse der Gründe dafür liegen, warum Arabien gestern war. Wie konnte es dazu kommen, daß selbst in den arabischen Ländern das geistige Erbe des Orients kaum noch präsent ist?
Der Orientalistik- und Islamwissenschaftler Serauky hat die dafür verantwortlichen inneren Ursachen und äußeren Faktoren analysiert. Auf gut vierzig Seiten bietet er an nachzulesen, wie der Abstieg Arabiens in die Bedeutungslosigkeit begann, die noch immer anhält. Als „Zeitpunkt des Niedergangs geistiger Innovation in der islamischen Welt“ gibt Serauky das 12. Jahrhundert an. Das sei die Zeit, in der „das Abgleiten der Wissenschaft in Skurriles und Bedenkliches“ begonnen habe. Arabische Astronomen, die einmal führend waren auf der Welt, hätten sich nun mit „Weissagungen zum Wetter“ beschäftigt. Als diese sich nicht erfüllten, wäre die Bevölkerung vor Wut entbrannt. Ein Dichter habe in Spottversen dazu aufgerufen, astronomische Bücher einfach zu verbrennen.
Serauky, der zwischen 1968 und 1974 Hauptreferent im Außenministerium der DDR war und danach an der Akademie der Wissenschaften bzw. der Humboldt-Universität arbeitete, zählt eine Reihe von arabischen Gelehrtenschicksalen auf, die er “als ein Zeichen des schleichenden Verfalls“ wertet. Ein Mathematiker sei Buchhändler geworden, ein Mediziner habe einen Laden für Fruchtsäfte eröffnet usw. Es sei eine Zeit gewesen, „in der Wissenserwerb und Kenntnisdrang“ nichts mehr wert waren.
Schließlich hätten die einfallenden Mongolen Bibliotheken zerstört. Korruption und Ämterkauf bei Richtern habe den Verfall weiter beschleunigt. Viele bedeutende Gelehrte Arabiens seien bereits im 14. Jahrhundert bei der eigenen Bevölkerung in Vergessenheit geraten.
Auch wenn Serauky betont, daß die genannten Beispiele keine Einzelfälle gewesen seien, wirken sie dennoch reichlich zufällig. Sie erklären nicht wirklich schlüssig, weshalb das Interesse an geistiger Innovation in Arabien erloschen ist. Orientexperten weisen darauf hin, die islamische Welt habe sich mehr und mehr abgeschottet, das heraufkommende Europa quasi ausgeblendet. Es hätte eine regelrechte Isolation gegenüber der vom Westen ausgehenden Modernisierung gegeben. Darauf geht Serauky jedoch nicht ein.
Bei den „äußeren Faktoren für den Verlust des wissenschaftlichen Leistungspotentials“ Arabiens, beschränkt sich der Autor, der seit 1995 Forschungs- und Publikationsvorhaben der Ain-Shams-Universität in Kairo unterstützt, auf die Schilderung von Kampfhandlungen und wechselndes Waffenglück in den Kreuzzügen.
Die Erklärung für die seit Jahrhunderten anhaltende geistige Austrocknung der arabischen Welt erschließt sich dem Leser nicht überzeugend. Im Anhang gibt es eine Reihe von Quellen-Anmerkungen, jedoch kein Stichwortverzeichnis – weder als Personen-, noch als Sachregister. Im Zeitalter des Computers mit seinen überlegenen Sortiermöglichkeiten, ist dies befremdlich.
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