Im Laufschritt zum EuroSLOWAKEI

Im Laufschritt zum Euro

Die Slowakei ist auf dem besten Weg, die letzten Hürden für die Euro-Einführung zu nehmen. Jetzt bescheinigten die Währungshüter den Slowaken Nachhaltigkeit auch bei der Begrenzung der Inflation. Am 1. Januar 2009 soll die europäische Einheitswährung die slowakische Krone ablösen.

Von Hans-Jörg Schmidt

E s sind nur ein paar Mutige, die sich eingemummelt in den Freiluft-Cafés von Bratislava bedienen lassen. Der Frühling lässt sich in diesem Jahr auch in der Slowakei Zeit, zumindest „gefühlt“. Doch der Stimmung in der slowakischen Hauptstadt tut das keinen Abbruch: Das Land sorgt international derzeit für Positivschlagzeilen, was unter der Regierung des Populisten Robert Fico nicht so häufig vorkommt.
Die europäischen Währungshüter haben gerade bestätigt, dass die Slowakei aller Voraussicht nach Anfang 2009 den Euro einführen kann. Die Inflationsrate – wichtigstes Kriterium für die Aufnahme in den Klub der Länder mit der Einheitswährung – habe in den vergangenen zwölf Monaten den im Vertrag von Maastricht von der EU festgelegten Grenzwert um fast einen ganzen Prozentpunkt unterschritten.

16 Tage nach Einführung werden die slowakischen Banknoten vernichtet

Dusan, einer der Café-Betreiber, wird ab August auf seiner Getränkekarte beide Währungen angeben. Einen Monat vorher soll der Wechselkurs festgelegt werden, zu dem der Euro die slowakische Krone ablösen soll. „Die Gäste werden sich schnell an die neue Währung gewöhnen“, ist Dusan sicher. „Und für die Touristen aus Österreich oder Deutschland wird sowieso alles leichter. Sie müssen nicht mehr umrechnen.“ Damit der Euro nicht zum „Teuro“ wird, sind über Monate Kontrollen der Handelsinspektion geplant. Sie werden die doppelten Preislisten bei den Einzelhändlern unter die Lupe nehmen. Wenn der Euro dann kommt, sollen beide Währungen nur sehr kurz nebeneinander im Umlauf bleiben. Nach 16 Tagen schon geht es an die Vernichtung von fast 150 Tonnen slowakischer Banknoten und 2.000 Tonnen slowakischer Münzen.

Auf den Münzen prangt das slowakische Doppelkreuz

Wie die neuen Münzen aussehen werden, konnten die Slowaken schon in den Zeitungen sehen: auf ihnen prangen das slowakische Doppelkreuz, die Burg von Bratislava und der Nationalberg Krivan. Geprägt werden sie in der Münze von Kremnica. Die Banknoten kommen dagegen aus Österreich.

In den Stolz über den kommenden Euro mischt sich bei vielen Slowaken auch ein bisschen Schadenfreude. „Dass wir die Tschechen oder Ungarn in dieser Sache abhängen werden, ist gut für unser Selbstbewusstsein“, lächeln Ingrid und Jan, die vor dem Seminar in Wirtschaftsrecht an der Uni bei Dusan einen Café Latte trinken. Sie wissen beide sehr gut, dass die Regierung Fico jetzt erntet, was die Reformer um den Fico-Vorgänger Mikulas Dzurinda gesät haben. „Fico hat im Gegensatz zu seinen Ankündigungen nicht viel an den Reformen geändert. Die Leute empfinden jedoch, dass es mehr soziale Gerechtigkeit unter ihm gibt.“

Wegen der sozial Schwachen sind die Kirchen in die Umstellung eingebunden

Auch die ist aber mehr „gefühlt“. In Wahrheit hat sich vor allem die Zahl der Arbeitsplätze vergrößert, die namentlich von ausländischen Investoren geschaffen wurden. Vor allem in der Autoindustrie. Im „Detroit Osteuropas“ werden mittlerweile pro Kopf weltweit die meisten Autos hergestellt. Volkswagen vermeldete jüngst Rekordergebnisse an seinen drei Standorten. Zunehmend mangelt es an Fachkräften.
Die auf den ersten Blick noch hohe Arbeitslosigkeit von acht Prozent hängt zum allergrößten Teil an den unterqualifizierten Roma, die in der slowakischen Marktwirtschaft keinen Platz finden. Zudem sind die großen Industriestandorte auf wenige Regionen konzentriert. Während Bratislava boomt, herrscht in Teilen der Ostslowakei Armut. Die Regierung ist hilflos und bekommt in dieser Frage selbst von der sonst kritischen Presse Rückendeckung: „Die Roma-Frage lässt sich nur lösen, wenn die Roma selbst endlich Bereitschaft zeigen, sich nicht mehr allein auf staatliche Unterstützung zu verlassen“, schrieb dieser Tage ein Kommentator. Damit die sozial Schwachen der Gesellschaft nicht von der Euro-Einführung überrollt werden, sind unter anderen auch die Kirchen in die Währungsumstellung eingebunden worden.

Fragt man die beiden Studenten Ingrid und Jan, ob sie mit dem Euro auch Sorgen verbinden, antworten sie eher verschmitzt: „Wenn wir zu Freunden nach Prag fahren, mussten wir auch bisher schon unsere slowakischen in tschechische Kronen tauschen. Künftig dann halt Euro. Seltsam wird höchstens sein, dass unsere Krone dann an den Wechselstellen gar nicht mehr aufgeführt sein wird.“

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Der Autor ist Korrespondent von n-ost. Das Netzwerk besteht aus über 50 Journalisten in ganz Osteuropa und berichtet regelmäßig für deutschsprachige Medien aus erster Hand zu allen Themenbereichen. Ziel von n-ost ist es, die Wahrnehmung der Länder Mittel- und Osteuropas in der deutschsprachigen Öffentlichkeit zu verbessern. Weitere Informationen unter www.n-ost.de.

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