Ist Joachim Gauck in Moskau wirklich unerwünscht?DEUTSCH-RUSSISCHE BEZIEHUNGEN

Ist Joachim Gauck in Moskau wirklich unerwünscht?

Der gemeinsame Auftritt von Putin und Gauck bei der Eröffnung des Deutschland-Jahres in Moskau wurde abgeblasen. Angeblich war Putin schuld.

Von Ulrich Heyden

An der Eröffnungszeremonie für das „Deutschland-Jahr“ nahmen nicht wie anfänglich geplant Wladimir Putin und Bundespräsident Joachim Gauck teil. Stattdessen wurde das Mammutprogramm mit insgesamt 1.000 Veranstaltungen vom russischen Kulturminister Wladimir Medinski und der deutschen Staatsministerin Cornelia Piper eröffnet. 4,6 Millionen Euro kostet das Mammutprogramm. 3,6 Millionen steuern das Berliner Auswärtige Amt und das Goethe-Institut bei. Mit einer Million Euro sind deutsche Unternehmen an der Finanzierung des Programms beteiligt.

Russische Medien schweigen zum Fernbleiben von Gauck

Dass Putin und Gauck die Veranstaltung nicht gemeinsam eröffneten, wurde von den russischen Medien mit Stillschweigen übergangen. Deutsche Leitmedien spekulierten immerhin über die Gründe des Fernbleibens.  Die gemeinsame Eröffnung des Deutschland-Jahres sei  letztlich am „Unwillen des Kreml-Chefs“ gescheitert, schreibt die „Süddeutsche Zeitung“. In „wochenlangem Hickhack“ sei es nicht gelungen, „sich auf einen Termin für einen Besuch Gaucks zu verständigen.“ Auch der „Spiegel“ sieht die Schuld bei Putin. Dieser habe „keinen Sinn“ darin gesehen, „den Mann öffentlichkeitswirksam zu treffen, der Freiheit zu seinem Kernthema gemacht hat.“

Doch die These, Gauck sei in Moskau für Putin unerwünscht, macht keinen Sinn. Denn der Bundespräsident könnte in Moskau kaum eine Freiheits-Rede halten. Das widerspräche den diplomatischen Gepflogenheiten. Und was in Russland über einen Gauck-Besuch berichtet wird, das bestimmen letztlich die Chefredakteure der staatlichen Fernsehkanäle. Zudem braucht der Kreml Deutschland bei der wirtschaftlichen Modernisierung Russlands und hält sich mit Kritik an der deutschen Politik zurück. Die Kritik südeuropäischer Staaten an Deutschlands strenger Finanzpolitik findet in Russlands Staatsmedien kaum Eingang. Moskau hofft, dass der Euro gerettet wird, andernfalls müsste die russische Wirtschaft mit erheblichen Einbußen rechnen.

Seit Monaten schlechte Stimmung zwischen Berlin und Moskau

Dass Wladimir Putin die Macht im Russland zentralisierte und wichtige Schaltstellen mit ehemaligen Geheimdienstleuten besetzte, hinderte im Übrigen auch Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht, im Januar 2006 im Kreml ihren Antrittsbesuch zu absolvieren.  Putin war zu diesem Zeitpunkt bereits sechs Jahre im Amt.

Was hat sich seitdem zwischen Deutschland und Russland verändert? Eine schwere Missstimmung während des Georgien-Krieges wurde überwunden. Doch nach Putins Wiederwahl im März hat das Verhältnis zwischen  Berlin und Moskau erneut einen Dämpfer bekommen haben. Dazu kommen Verstimmungen in Berlin über neue Gesetze zur Kontrolle der Nichtregierungsorganisationen in Russland. „Seit Monaten“ habe es zwischen Berlin und Moskau „hinter den Kulissen“ „Missklänge und Streit gegeben“, schreibt Der Spiegel.

Offenbar ist man im Bundeskanzleramt auch verärgert, dass Moskau den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad nicht fallen lässt und nach Weißrussland nun auch die Ukraine in die russisch-kasachisch-weißrussische Zollunion integrieren will.

Von belasteten Beziehungen haben beide Seiten nichts

Die in diesem Jahr von der Duma im Eiltempo durchgepeitschten Gesetze zur Kontrolle von Nichtregierungsorganisationen, Andersdenkenden und sexuellen Minderheiten sind tatsächlich besorgniserregend. NGO´s werden durch ein neues Gesetz unter den Generalverdacht der Außensteuerung gestellt, Demonstranten drohen hohe Strafen bei „Verletzung des Versammlungsrechtes“ und Homosexuelle werden in einem neuen Gesetz mit „Kinderschändern“ auf eine Stufe gestellt.
 
Doch wäre es nicht gerade angesichts dieser Entwicklung wichtig, dass sich die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland weiterentwickeln? Zumindest hat niemand einen Nutzen davon, wenn wochenlang hinter den Kulissen über den Gauck-Besuch in Moskau verhandelt wird und zum Schluss keiner genau weiß, warum er abgeblasen wurde.

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