Kasachstan wird zum begehrten Partner in Europa und FernostEURASISCHE BEZIEHUNGEN

Kasachstan wird zum begehrten Partner in Europa und Fernost

Kasachstan wird zum begehrten Partner in Europa und Fernost

Die rasch wachsende Wirtschaft des neuntgrößten Landes der Erde macht es in Ost und West attraktiv. Sowohl China als auch Deutschland wollen ihr Handelsvolumen mit dem zentralasiatischen Land in den kommenden Jahren verdoppeln. In der EU-Osterweiterung wittert Kasachstan neue Chancen, denn es verfugt uber traditionell gute Kontakte zu den Beitrittsländern.

Von Johann von Arnsberg

Die Staatsflagge Kasachstans zeigt einen Steppenadler unter einer Sonne. 
Die Staatsflagge Kasachstans zeigt einen Steppenadlerunter einer Sonne.  

EM – Kasachstan ist so groß wie Mitteleuropaund hat Ölreserven, die als die umfangreichsten außerhalb der Golfregiongelten. Allein in dem vor wenigen Jahren erst entdeckten Kaschagan-Feld unterdem nördlichen Teil des Kaspischen Meeres sollen bis zu 50 MilliardenBarrel Rohöl liegen. Nicht zuletzt deshalb ist die einstige Sowjetrepublikim Herzen Zentralasiens heute in Ost und West ein gefragter Handelspartner.

Kasachstan ist seinerseits an einer Ausweitung seiner wirtschaftlichen Beziehungenvor allem zum Westen interessiert. „Wir spüren ein stark steigendesInteresse deutscher Unternehmen an unserem Land“, erklärte der kasachischeIndustrieminister Adilbek Dschaksibekow gegenüber der Financial TimesDeutschland bei einem Besuch Mitte April in Deutschland. Er war Mitglied einerDelegation des kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajew, zu der weiterehochrangige Politiker aus Astana gehörten. In den vergangenen Jahren seiendie Deutschen bei Investitionen eher vorsichtig gewesen, erklärte Dschaksibekow.Inzwischen sei allerdings ein Übergang vom reinen Handel hin zu echtenInvestitionen zu beobachten, betonte der Minister in Berlin.

Kasachstans Industrieminister: „Uns fehlt das unternehmerischeund technologische Know-How“.

Nasarbajew kündigte in Gesprächen mit Politikern und Wirtschaftsvertreternan, das gegenseitige Handelsvolumen von derzeit zwei Milliarden Euro sollein den kommenden drei Jahren verdoppelt werden. Damit befindet er sich in Übereinstimmungmit seinen Handelspartnern in Deutschland und in China. Derzeit steht Kasachstanauf der Liste der deutschen Handelspartner weltweit an 54. Stelle und liegtdamit zum Beispiel weit vor den gleichfalls postsowjetischen Staaten Weißrußland,Aserbaidschan und Usbekistan. Die deutschen Rohölimporte aus Kasachstanbetrugen im Jahr 2002 nach Angaben des Auswärtigen Amtes 5,5 MillionenTonnen und lagen damit auf dem sechsten Rang bei den deutschen Einfuhren. Siemachten einen Anteil von über fünf Prozent aus. Damit rangieren die Ölimporteaus Kasachstan vor denen aus Algerien, Saudi-Arabien, Nigeria, Dänemark,Aserbaidschan, Kamerun und Venezuela.

Die Wirtschaft des zentralasiatischen Landes wächst seit Jahren um knappzehn Prozent. Industrieminister Dschaksibekow sagte in Berlin: „In Kasachstanmangelt es nicht an Geld, uns fehlt eher das unternehmerische und technologischeKnow-How.“ Deutsche Unternehmen zeigen sich sehr interessiert daran,bei der Erschließung kasachischer Ölfelder sowohl mit schwerem Gerätals auch mit Spitzentechnologie dabei zu sein.

Bundeskanzler Schröder besuchte Kasachstan als erster deutscherRegierungschef seit der Unabhängigkeit 1991

Bei seiner Asienreise im Dezember 2003 hatte Bundeskanzler Schröderdie ehemalige Sowjetrepublik als erster deutscher Regierungschef seit ihrerUnabhängigkeit 1991 besucht. Er erklärte, Deutschland und Kasachstanwürden ihre wirtschaftlichen Beziehungen weiter vertiefen. Dabei könnten,so der Kanzler in der kasachischen Hauptstadt Astana, „die deutschstämmigenKasachen eine wertvolle Brücke bilden“. Das zentralasiatische Landsei aufgrund seiner Stabilität besonders interessant für deutscheUnternehmen. Im Beisein des Kanzlers und des kasachischen StaatspräsidentenNasarbajew wurden in Astana seinerzeit verschiedene staatliche und privateAbkommen zur Intensivierung der Zusammenarbeit unterzeichnet.

Auch Schröder hatte eine Verdoppelung des Handelsvolumens zwischen beidenLändern für die kommenden Jahre angekündigt. Dieses Ziel könneaber nur erreicht werden, wenn sich die Zusammenarbeit über die Erschließung,Verarbeitung und Vermarktung von Rohstoffen hinaus auch auf Hochtechnologienund den Dienstleistungssektor erstrecke. Die jetzt vereinbarte intensivereKooperation des deutschen Elektronikunternehmen Siemens und des europäischenLuft- und Raumfahrtunternehmens EADS sei da „ein wichtiges Signal“,sagte Schröder. Auch kleinere und mittlere Unternehmen sollten an denWirtschaftsbeziehungen beteiligt werden, so der Kanzler.

Die erste Auslandsreise des neuen chinesischen Staatspräsidenten HuJintao führte nach Kasachstan.

China, der große Nachbar Kasachstans im Osten, ist ebenfalls an einemmöglichst starken und raschen Ausbau der Handelsbeziehungen interessiert.Bei den Tagungen des Nationalen Volkskongresses wird regelmäßigdie Wichtigkeit dieser Beziehungen betont. Und nachdem Hu Jintao im letztenSommer chinesischer Staatspräsident geworden war, führte ihn seineerste Auslandsreise ganz selbstverständlich nach Kasachstan. Der Handelsaustauschzwischen China und Kasachstan erreichte im Jahr 2002 ein bisheriges Rekordhochvon 1,95 Milliarden US-Dollar. Das war gegenüber dem Vorjahr eine Steigerungvon 50 Prozent.

Das energiehungrige China betreibt als größtes Kooperationsprojektmit dem Nachbarland Kasachstan die Erschließung eines Ölfeldes inAktobe in Nordwestkasachstan, nahe der russischen Grenze. Dem im Jahr 1997unterzeichneten Abkommen zufolge planen beide Seiten in der nahen Zukunft Ölpipelinesvon Nordwest-Kasachstan nach West-China zu bauen. Gegenwärtig werden dieFonds und die Technologie für das Projekt vorbereitet. Die Ölförderungin Aktobe wird von der „China National Petroleum Corporation“ betrieben.Die Erschließung der großen Ölfelder von Tengris und nun auchvon Kaschagan liegt vor allem in den Händen von US-Multis wie Chevronund ExxonMobil.

Kasachstan, dem sowohl von der EU als auch von den USA der Status einer Marktwirtschaftzuerkannt wird, bietet günstigere Investitionsbedingungen als die meistenanderen Republiken der GUS. Das zeigt Wirkungen. Im letzten Jahr erhielt dieChina Orient Company von Astana die Zusage für die Lieferung von elektrischenLokomotiven nach Kasachstan. Die beiden Länder kooperieren außerdembeim Bau des nördlichen Abschnitts der Pan-Asiatischen-Eisenbahn. Währenddes Besuches des chinesischen Ministerpräsidenten wurde ein kasachisch-chinesischerKooperationsplan für die Jahre 2003 bis 2008 unterzeichnet. Ähnlichwie Kanzler Schröder ein paar Monate später, hatte Hu Jintao im Sommer2003 versichert: „Wir werden weitere Schritte unternehmen, um unsereFreundschaft zu verbessern und die bilaterale Kooperation in verschiedenenFeldern, vor allem auf dem Gebiet des Handelsaustausches zu vertiefen.“

Kasachstan sieht in der EU-Erweiterung gute Möglichkeiten, seinen Westhandelauszubauen

Die ab 1. Mai 2004 vergrößerte EU wird in Kasachstan ebenfallsals eine große Chance gesehen. Das Land will „aus der Abhängigkeitder reinen Öl- und Gasproduktion herauskommen“, sagte der kasachischeIndustrieminister Dschakisbekow bei seinem Deutschlandbesuch. Er bezeichnetedie unmittelbar bevorstehende Osterweiterung der EU als „großeChance“ für sein Land, quasi als eine Westerweiterung der kasachischenMöglichkeiten. Denn Kasachstan habe traditionell bereits gute Wirtschaftsbeziehungenzu den Beitrittsländern. Damit sei der Zugang zum weltgrößtenMarkt, den die EU nun darstelle, für Kasachstan „nicht nur wünschenswert,sondern auch möglich“.

Wirtschaft Zentralasien

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