Rußland und die EU wollen zusammenwachsenINTEGRATION

Rußland und die EU wollen zusammenwachsen

Auf einem Gipfeltreffen in Moskau beschlossen Vertreter der EU und Rußlands einen konkreten Maßnahmenkatalog.

Von Ulrich Heyden

Rußland und die Europäische Union werden ihre Zusammenarbeit auf wirtschaftlichem, sicherheitspolitischem und kulturellem Gebiet ausbauen. Dies ist das Ergebnis des EU-Rußland-Gipfels, der einen Tag nach den Feierlichkeiten zum 60. Jahrestages des Kriegsendes in Moskau stattfand. Die Vertreter Rußlands und der EU beschlossen einen Maßnahmenkatalog für vier „gemeinsame Räume“: Wirtschaft und Sicherheit/ Recht sind die einen beiden, äußere Sicherheit/ Krisenmanagement sowie Forschung/ Ausbildung die anderen beiden.

An den Dokumenten hatten die Vertreter der EU und Rußlands lange gefeilt. Auf dem Gipfel verhandelte Wladimir Putin dann mit dem EU-Kommissionsvorsitzenden José Manuel Barroso, dem Premierminister Luxemburgs und EU-Ratsvorsitzenden Jean-Claude Juncker und dem EU-Außenbeauftragten Javier Solana. Der russische Präsident erklärte, die erreichte Grundsatzvereinbarung sei ein Kompromiß zum beiderseitigen Vorteil.

Die wirtschaftliche Kooperation ist schon heute eng

Die Notwendigkeit der stärkeren Zusammenarbeit liegt auf der Hand. Rußland ist der fünftwichtigste Handelspartner der EU mit einem jährlichen Handelsvolumen von 125 Mrd. Dollar. Gleichzeitig deckt Rußland ein Drittel des Öl- und Gasbedarfs der EU. Die EU ist für Rußland der wichtigste Handelspartner. Über die Hälfte seines Handels wickelt Rußland mit ihr ab.

Der letzte EU-Rußland-Gipfel in den Niederlanden war stürmisch verlaufen. Rußland warf der EU vor, sie schüre die Straßenproteste in der Ukraine, die schließlich zum Sturz des Kutschma-Regimes geführt haben. Auch die Pressekonferenz im Anschluß an den Moskauer Gipfel verlief nicht konfliktfrei. Es gab es einen harten Schlagabtausch zu den Forderungen der baltischen Länder, Rußland müsse anerkennen, daß die drei Staaten 1940 bis 1991 okkupiert wurden. Putin verwies erneut darauf, daß der Oberste Sowjet den „Hitler-Stalin-Pakt“ bereits 1989 verurteilt habe. Damit sei das Thema beendet. Rußland werde sich nicht jedes Jahr erneut dazu äußern.

Grenzverhandlungen zwischen Rußland und dem Baltikum

Der Kreml-Chef erklärte, er sei bereit, Grenzverträge mit Estland und Lettland zu unterschreiben. Er hoffe allerdings, daß die beiden Länder von ihren „verrückten“ Territorialforderungen Abstand nehmen. Putin erklärte, es sei ein Fehler gewesen, daß der Präsident Estlands nicht zu den Feierlichkeiten am Tag des Sieges nach Moskau gekommen sei. Die Beziehungen beider Länder sollten sich deshalb jedoch nicht verschlechtern. Tatsächlich haben Moskau und Tallinn Mitte Mai einen Grenzvertrag abgeschlossen. Ein russisch-litauisches Grenzabkommen gibt es seit 2003, eine russisch-lettische Übereinkunft steht noch immer aus.

Auf dem EU-Rußland-Gipfel wurde beschlossen, Regionalkonflikte in ehemaligen Sowjetrepubliken gemeinsam zu lösen. In dem beschlossenen Dokument werden die abtrünnigen Provinzen namentlich genannt, die Dnjestr-Republik in Moldawien, Abchasien und Südossetien in Georgien und Berg-Karabach in Aserbaidschan.

Putin: Ziel ist der visafreie Reiseverkehr

In der Frage des von Rußland geforderten Reiseverkehrs ohne Visa-Notwendigkeit kamen die Verhandlungen auf dem Gipfel zu keinem konkreten Ergebnis. Die EU fordert im Gegenzug von Rußland die Bereitschaft illegale Einwanderer, die aus Rußland in die EU gelangen, unabhängig von ihrer Nationalität wieder aufzunehmen. Man vereinbarte die Verhandlungen zu diesem Thema fortzuführen. Wladimir Putin erklärte, zum visafreien Reiseverkehr könne man erst übergehen, wenn Rußland bestimmte Bedingungen erfüllt habe. Die Forderungen der EU gegenüber Rußland seien berechtigt. Rußland müsse auf diesem Gebiet noch sehr viel tun. Insbesondere müßten Fragen der Grenzkontrollen mit den Nachbarn geklärt werden. Das Ziel sei es jedoch, Reisen zwischen der EU und Rußland zu ermöglichen, ohne daß Visa beantragt werden müßten. Erst bei Erreichen dieses Ziels könne man davon sprechen, daß es in Europa keine trennenden Linien mehr gibt. Der Kreml-Chef sprach sich jedoch dafür aus, die im Schengen-Abkommen vorgesehenen Möglichkeiten zu nutzen, Visa-Bestimmungen für bestimmte Personengruppen zu erleichtern.

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