„The Return – Die Rückkehr“GESEHEN

„The Return – Die Rückkehr“

„The Return – Die Rückkehr“

Ein Vater, zu stolz, seinen Söhnen die Minimaldosis an Zuneigung zu schenken, will sie auf einer Abenteuerreise fur die Widrigkeiten des Erwachsenenlebens stählen.

Von Hartmut Wagner

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Szene aus "Die Rückkehr"  

EM – Wie wird ein Mann zum Mann? Der plötzlichrückkehrende Vater schwört in dieser Frage auf die klassische Wild-West-Methode.Nach zehn Jahren Abwesenheit packt er seine zwei halbwüchsigen SöhneAndrej und Iwan ins Auto, um ihnen einen Hauruck-Kurs in Sachen Mannwerdenzu verpassen. Die Hauptdisziplinen sind Faustkampf, Wodkatrinken und Rudern.Seine Kommandos hat der Familienpatriarch dabei gerne mit einem zackigen „jaPapa“ erwidert. Der geheime Grundsatz seiner Ermannungskunst lautet:Ein Satz heißer Ohren hat noch niemandem geschadet.

Die drei starten zu einer Kurzreise durch den russischen Norden. Wenn auchvom ruppigen Wesen ihres Vaters verärgert, frönen die Kinder vollund ganz ihrer Angelbegeisterung. Doch Papa Immergrimm treibt voran. Er willmit einem Ruderboot auf eine menschenleere Insel übersetzen, ohne auchnur eine Andeutung zu machen warum. Überhaupt bleibt der Vater ein großesRätsel. Seine Herkunft ist ebenso geheimnisumwittert wie seine Gefühlswelt,die er seinen Söhnen geradezu meisterhaft verbirgt. „Ich könntedich lieben, wenn du anders wärst,“ brüllt Iwan seinen Vateran. Aber wer dieser Mann mit den durchdringenden schwarzen Augen wirklich ist,hat Iwan noch gar nicht ergründen können.

Der russische Film Woswraschtschenije, dessen Titel hierzulande aus unbegreiflichenGründen zusätzlich zum Deutschen auch noch ins Englische übersetztwurde, ist ein tief ergreifendes Vater-Söhne-Drama. Andrej SwjaginzewsDebütwerk ist eigentlich mehr eine Bildergeschichte denn ein konventionellerKinostreifen. Die einzelnen Filmszenen sind so wohltuend und kontrastreichkomponiert, daß „Die Rückkehr“ auch als Stummfilm einAugenschmaus erster Klasse wäre. Jede Kameraeinstellung erfrischt dieSinne wie der Sprung ins sprudelnde Naß oder die ersten Strahlen derMorgensonne.

Die Dialoge des Films fänden auf wenigen Seiten Papier Platz. Sie sindlediglich Beiwerk. Denn das vor Zorn und Enttäuschung bebende Gesichtdes kleinen Iwans, als ihn sein Vater im strömenden Regen auf einer Brückewarten läßt, oder der hilflose, nach der richtigen Erziehungsstrategieforschende Blick des Vaters, erzählen mehr als es ein Wortwechsel je könnte.

Über den tieferen Hintergrund ihrer filmischen Parabel vom heimkehrendenVater schwiegen sich Regisseur und Hauptdarsteller in Medieninterviews aus.Man wolle dem Zuschauer keine Denkschienen legen, jeder solle die Geschichteauf sich wirken lassen. Auf die Frage nach dem religiösen Inhalt seinesFilms antwortete Swjaginzew: „Man sollte nicht laut über sakraleoder wichtige Bedeutungen sprechen: Sobald wir über diese Dinge zu schwatzenbeginnen, verdunstet sofort all das, was magisch und sakral ist. Man solltenicht über das sprechen, was von wirklicher Bedeutung ist, sondern esnur andeuten. Dies habe ich in meinem Film versucht zu tun.“

Lange schon wurde einem Film aus den Weiten zwischen Königsberg undWladiwostok nicht mehr soviel internationale Aufmerksamkeit und Anerkennungzuteil wie diesem russischen Meisterwerk. Neben vielen anderen Auszeichnungenerhielt „Die Rückkehr“ in Venedig den Goldenen Löwen,in Berlin feierte die Europäische Filmakademie den Film als „Entdeckungdes Jahres“ und für den Golden Globe 2004 ist er bereits nominiert.Bleibt die Hoffnung, daß Swjaginzews Film der Startschuß fürdie Rückkehr des russischen Films auf die europäischen Kinoleinwändewar.

„The Return – Die Rückkehr“
(russischerTitel: „Woswraschtschenije“)

Rußland 2003, 105 Min.
Regie: Andrej Swjaginzew
Darsteller: Konstantin Lawronjenko (Vater), WladimirGarin (Andrej), Iwan Dobronrawow (Iwan), Natalija Vdovina (Mutter)

Der Film im Netz.

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