China stockt seine Euro-Reserven aufWÄHRUNGEN IN EURASIEN

China stockt seine Euro-Reserven auf

Die chinesische Notenbank, die „People‘s Bank of China“, hat nach Auskunft von Devisenhändlern ihre Euroreserven in jungster Zeit mehrfach erhöht - gleichzeitig steigt die Nachfrage bei chinesischen Geschäftsbanken nach der EU-Währung deutlich an.

Von Johann von Arnsberg

EM - Der Höhenflug des Euros im Frühjahr 2003 hat Chinas Notenbank auf den Plan gerufen. In den vergangenen Wochen, so Devisenhändler in Hongkong und Peking, sei die People's Bank of China mehrfach als Käufer der europäischen Gemeinschaftswährung aufgetreten. Die chinesische Notenbank ist Hüterin der weltweit zweithöchsten Währungsreserven mit knapp 290 Mrd. Dollar.

Die People's Bank macht prinzipiell keine Angaben zu der Aufteilung ihrer Reserven. Doch im November 2001, als die Notenbank (Zentralbank) Chinas letztmals in größerem Umfang ihre Euro-Reserven aufstockte, sagte der damalige Vize-Gouverneur Guo Shuqing, die Zusammensetzung der Reserven hänge von drei Faktoren ab: Dem aktuellen Zustand des internationalen Währungssystems, der chinesischen Außenhandels- und Schuldenstruktur sowie dem Zustand der Kapitalmärkte. Im Klartext: Wenn der Euro wie jetzt stärker wird, steigt das Interesse in China an der europäischen Währung deutlich an.

Die chinesischen Notenbänker hatten den Euro nach seiner Einführung als Buchwährung zunächst etwa zwei Jahre zurückhaltend beobachtet. Doch als sie Ende 2001 und Anfang 2002 den Euro-Anteil an ihren Reserven aufstockten, überholte die europäische Gemeinschaftswährung nach Angaben chinesischer Notenbänker den japanischen Yen als zweitwichtigste Währung in Chinas Devisenreserven.

Schwarzhändler in Chinas Hauptstadt bestätigen ebenfalls eine steigende Euro-Nachfrage. Doch das beruht nicht nur auf Devisenspekulationen, sondern auch auf der zunehmenden Reisefreude der Chinesen. Im vergangenen Jahr reisten 37 Prozent mehr Chinesen ins Ausland als noch ein Jahr zuvor. Als Touristen müssen sie sich vor Antritt ihrer Reise Devisen des Ziellandes beschaffen. Bislang sind Japan, Rußland und Thailand ihre Lieblingsziele, immer häufiger reisen sie aber in europäische Länder. Diese haben erst in jüngster Zeit das chinesische Gütesiegel Advanced Destination Status (ADS) bekommen, das den Chinesen die Urlaubsreise dorthin erlaubt. Seit 15. Februar 2003 dürfen Chinas Reisebüros Gruppenreisen nach Deutschland vermarkten.

Der chinesische Finanzminister sagte schon im Jahr 2002 anläßlich eines Besuchs seines deutschen Amtskollegen: „Ich bin der Ansicht, daß der Euro zwangsläufig eines Tages den gleichen Stellenwert haben wird wie der US-Dollar.“ Das sei auch bedingt durch die starke Wirtschaftskraft der Euro-Zone.

Indonesiens Ölwirtschaft setzt ebenfalls auf den Euro

Die staatliche indonesische Ölgesellschaft Pertamina erwägt, künftig ihre Öl- und Gasgeschäfte in Euro abzuwickeln. Der US-Dollar sei zu unsicher und zu sehr schwankend (volatil), erklärte die indonesische Regierung. Sie setzt deshalb lieber auf die EU-Einheitswährung. Sollten andere asiatische Staaten diesem Beispiel folgen, könnte das langfristig die amerikanischen Aktien- und Anleihemärkte belasten. Darauf weisen internationale Währungsfachleute hin.

Asien hat nach Ansicht der Experten sowohl wirtschaftliche als auch politische Gründe, sich vom Dollar zurückzuziehen. Zu den wirtschaftlichen Argumenten, die gegen den Dollar sprechen, zählen sie die Bilanzskandale einer Reihe großer US-Konzerne. Nach Ansicht vieler asiatischer Wirtschaftsfachleute wurde zu wenig getan, um das System in Amerika zu reformieren. Die Meldung, daß eine Gesellschaft in der bis vor kurzem US-Vizepräsident Dick Cheney führend tätig war, bereits einen Vertrag für den irakischen Wiederaufbau in der Tasche hat, verstärkte die Zweifel der Asiaten am Reformwillen der USA. Sie sehen darin eine Fortsetzung des unlauteren „Kumpel-Kapitalismus“ amerikanischen Zuschnitts, den sie für äußerst schädlich halten.

Der Irak-Krieg hat den Dollar zusätzlich belastet. In den letzten zwölf Monaten verlor der Greenback gegenüber dem Euro mehr als 18 Prozent. Gegenüber dem Yen hat er im gleichen Zeitraum nur um acht Prozent eingebüßt.

Südostasien will den US-Einfluß weiter zurückdrängen

Nach Ansicht der meisten Wirtschaftsfachleute, auch des renommierten internationalen Finanzdienstleiters Bloomberg, wollen die Länder Südostasiens den US-Einfluß auf ihre Region reduzieren. Ein Verzicht auf den Dollar könnte diesen Prozeß beschleunigen. Im September letzten Jahres haben asiatische und europäische Regierungsvertreter eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die Asien helfen soll, seine Euro-Reserven aufzustocken.

Auch politische Gründe könnten in Südostasien eine Rolle spielen bei der Abkehr vom US-Dollar. Indonesien beispielsweise hat die größte muslimische Bevölkerung der Welt. Die Regierung in Jakarta erklärt zwar offiziell, daß das eine mit dem anderen nichts zu tun habe. Aber ganz ohne Bedeutung dürfte das Verhalten Washingtons gegenüber den muslimischen Staaten keineswegs sein. Wenn allerdings eine deutliche Erholung der US-Wirtschaft eintreten und im Gefolge davon der Dollar wieder an Stabilität gewinnen sollte, würden die Asiaten wohl auch ihre Greenback-Bestände wieder ausbauen.

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