Die weißblaue Autoschmiede BMW setzt auf das Reich der MitteMOTORISIERUNG IN ASIEN

Die weißblaue Autoschmiede BMW setzt auf das Reich der Mitte

Die weißblaue Autoschmiede BMW setzt auf das Reich der Mitte

In der Volksrepublik China hat das Geschäft mit Autos gerade so richtig begonnen. Die bayerische Edelmarke BMW eröffnete jetzt in Shenyang an der Grenze zu Nordkorea ihr erstes Werk. Die Konkurrenz der westlichen Autoproduzenten auf dem chinesischen Markt nimmt rasch zu. Schon rechnen Fachleute mit harten Preiskämpfen.

Von Johann von Arnsberg

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Auch die Chinesen haben "Freude am Fahren"  

EM – In ungewohnter Umgebung laufen seit einiger Zeit BMW der 3er-und 5er- Baureihe vom Band. Sie erblicken das Licht der Welt weder in den Montagehallenim romantischen Isartal bei Dingolfing, noch im Werk Regensburg an der Donau,auf dessen Gelände man archäologische Funde aus der FrühgeschichteBayerns gemacht hat. Auch das Werk Spartanburg im amerikanischen South Carolina,wo BMW seit einigen Jahren produziert, kommt vielen Besuchern gegenüberdem neuesten Produktionsstandort noch ziemlich bayrisch vor. Das chinesischeShenyang hat schmutzig-graue Häuser wie einst das Ruhrgebiet. Die Fabrikist umgeben von unrentablen Betrieben der Schwerindustrie, die reihenweisegeschlossen werden. Dieses trübe Bild einer ins Abseits geratenen Industriestadt,die schon fast an der Grenze Chinas zu Nordkorea liegt, kann auch der ehemaligeKaiserpalast der Qing-Dynastie nicht aufhellen. 7,4 Millionen Einwohner hatShenyang, was für chinesische Verhältnisse nicht viel ist.

Die bayerischen Autoproduzenten haben gemerkt, daß sich Chinesen untereinem 3er oder einem 5er nicht viel vorstellen können. Aber da sie verkaufenwollen, haben sie sich eben beholfen. „Bau-Ma“ nennen sie ihreAutos in China. „Bau“ ist das Schriftzeichen für Edel, „Ma“ stehtfür Pferd. So werden sie verstanden – edle Pferde auf vier Rädern,das ist schon etwas anderes als 3er oder 5er.

In Shenyang hat BMW gemeinsam mit dem dortigen Autohersteller Brillianceeine Fabrik gebaut, in der heuer rund 20.000 „Bau-Ma“ der 3er-und der 5er-Reihe vom Band laufen sollen. Das Werk wird als Gemeinschaftsunternehmengeführt. Beide Partner halten einen Anteil von 50 Prozent und planen biszum kommenden Jahr Investitionen von 450 Millionen Euro. Das Werk in Shenyangbeschäftigt derzeit etwas über 1.600 Mitarbeiter und produziert inzwei Schichten. Die Produktion beträgt momentan 45 Fahrzeuge pro Tag.Nach der Anlaufphase soll die Mitarbeiterzahl auf 3.000 steigen. Das Werk istauf 30.000 Fahrzeuge der 3er- und 5er-Serien ausgelegt.

Die meisten jungen Mitarbeiter bei BMW-Brilliance kommen von der Toyota-Schule,die der japanische Autohersteller in China unterhält. Deren Abschluß entsprichtder mittleren Reife in Deutschland und zusätzlich einem Berufsschuljahr.Am Band werden die Mitarbeiter weiter ausgebildet. Karriere ist durchaus wahrscheinlich.Denn hoch qualifizierte Spezialisten die auch noch die Landessprache sprechen,sind in China rar und teuer.

Vom eigenen „edlen Pferd“ aus dem weißblauen Stall könnendie Arbeiter allerdings zunächst trotz vergleichsweise sehr guter Einkommennur träumen. Über 20 Jahresgehälter müßten sie füreinen Bau-Ma vom Typ 530 ausgeben. Bei BMW verdient man zwar auch in Chinavergleichsweise gut, doch 300 Euro monatlich reichen nicht für ein Autoder Premium-Liga.

Stürmischer Aufgalopp für die edlen Pferde

Der BMW-Konzern will in China schneller als bisher geplant wachsen. Ein Ausbauder Produktionskapazität auf 100.000 Einheiten in den kommenden Jahrensei nicht unrealistisch, sagte BMW-Chef Helmut Panke bei der offiziellen Eröffnungdes Joint-Venture-Werks am 20. Mai in Shenyang.

Der Münchner Konzern ist bereits seit zehn Jahren mit einer Repräsentanzin Peking vertreten. Doch der chinesische Markt war bis vor wenigen Jahrennoch BMW-frei. 1999 wurden 683 Fahrzeuge verkauft, die über Hongkong insLand kamen. Seitdem stieg der Absatz kontinuierlich an und verdreifachte sichschließlich im vergangenen Jahr auf 18.445 Wagen. Bis 2008 will BMW denAbsatz in ganz Asien um mehr als ein Drittel auf 150.00 Fahrzeuge steigern.Ein großer Teil davon soll in China produziert werden.

China steht erst am Beginn seines Automobil-Zeitalters

Trotz sprunghaft gestiegener Auto-Verkaufszahlen steckt Chinas Automobilmarktnoch in einer „Frühphase“. Im Schnitt teilen sich tausendChinesen 6,6 Autos - weltweit liegt dieser Wert bei 133. Um ihn zu erreichen,müßten in China 163 Millionen neue Fahrzeuge zugelassen werden.Um das hier sichtbar werdende Verkaufspotential buhlen die internationalenAutomobilhersteller nun immer stärker. Anfang Mai bekam DaimlerChryslerdie Genehmigung für die Fertigung der C- und E-Klasse. General Motorswill den Cadillac in Schanghai fertigen, und knapp eine Woche vor der offiziellenBMW-Eröffnung in Shenyang stellte Audi den A8 6.0 in China vor. EinPreiskampf zwischen den Konkurrenten erscheint Marktexperten schon jetztals sicher.

Konkurrenz könnte BMW sogar vom eigenen Partner bekommen. „UnserZiel ist es, Brilliance zu einem berühmten chinesischen Unternehmen zumachen“, sagte Wu Xiaoan, Chef der Brilliance China Automotive Holdingbeim Produktionsauftakt mit BMW. Zwar haben die Chinesen zugesichert, mit keinemanderen großen Automobilkonzern in der Luxusklasse zu kooperieren. ImAugust 2002 hat Brilliance aber mit Hilfe von BMW den Zhonghua auf den Marktgebracht, die erste chinesische Limousine, die auf ein ähnliches Käufersegmentwie BMW zielt - und den bayerischen Autos auch noch ähnlich sieht.

Die BMW-Produktion wird vom Konzern nicht als Verlagerung von Arbeitsplätzenverstanden. Die 3er- und 5er-Limousinen würden in China nur für denchinesischen Markt produziert. Zusätzlich importiere man vom Mini biszum Rolls-Royce Autos, die zum Großteil in Europa und Amerika gefertigtwürden. Der 7er aus Dingolfing sei der meistverkaufte BMW in China. Dennvor allem gut verdienende Oberschichten, die es in China auch längst gibt,greifen nach den Oberklassenmodellen von Bau-Ma.

Die BMW-Chefs geben sich sicher, daß ihre Rechnung mittel- und langfristigaufgeht. Bereits heute sei China für BMW der achtwichtigste Markt weltweit.Bei der Autonachfrage insgesamt nehme das Land Platz sieben ein. Die InvestmentbankMorgan Stanley rechne damit, daß die Volksrepublik bald Großbritannien,Frankreich und Italien hinter sich lassen und hinter den USA, Japan und Deutschlandauf Platz vier des internationalen Autoabsatzmarktes vorrücken werde.

China Deutschland Wirtschaft

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