In den Weiten des Landes vertrocknet die ErnteRUSSLAND

In den Weiten des Landes vertrocknet die Ernte

Wegen der Hitzewelle in Zentralrussland sind Getreidefeldern mit einer Gesamtfläche so groß wie Portugal verdorrt. Ministerpräsident Putin ziert sich bei den Entschädigungen für die Bauern. Kreml-Berater bestreitet Zusammenhang mit Klima-Wandel.

Von Ulrich Heyden

D Das hat Russland seit 40 Jahren nicht erlebt: Aus allen Landesteilen werden Rekord-Temperaturen gemeldet. Selbst im nördlich gelegenen Jakutien, wo im Winter Minustemperaturen von 50 Grad herrschen, kletterte das Thermometer auf 35 Grad. In Russlands Städten laufen die Klimaanlagen auf Hochtouren. Doch wo das Stromnetz schwach ist, wie im südrussischen Astrachan, kommt es immer wieder zu Stromausfällen.

Brunnen ausgetrocknet

Dramatisch ist die Situation für die landwirtschaftlichen Großbetriebe und die Kleinbauern, denn in weiten Teilen Zentralrusslands gibt es seit Wochen keinen Regen. Datschen-Gärtner in der russischen Teilrepublik Baschkortostan können ihre Tomaten nicht wässern, weil die Brunnen ausgetrocknet sind. Die Wassersprenganlagen auf den Feldern bleiben wirkungslos, denn die Erde hat sich auf bis zu 60 Grad erhitzt.

9,5 Millionen Hektar Getreidefelder in Zentralrussland – ein Gebiet so groß wie Portugal – sind durch die Dürre bereits  vernichtet. In 15 der 89 russischen Regionen riefen die Landwirtschaftsbehörden wegen der Dürre bereits den Notstand aus.

Das Vieh darf die verbrannten Halme fressen

Zum Notstandsgebiet gehört auch die Wolga-Region. Der Vorsitzende einer Sowchose im Tscheljabinsk-Gebiet ist verzweifelt. Mit traurigem Gesicht zerkrümelt der weißhaarige Mann  vor der Fernsehkamera einen vertrockneten Getreidehalm. „Das ganze Feld ist hinüber“, meint der Sowchosen-Chef mit dem wettergegerbten Gesicht, „und von solchen Feldern haben wir Viele“. Nun könne man nur noch das Vieh zum Fressen auf das vertrocknete Feld schicken.

Nicht viel besser sieht es auf den Maisfeldern in der Region aus. Die Maispflanzen, die den Bauern um diese Zeit normalerweise schon über die Köpfe wachsen, sind nur kniehoch gewachsen. Geld für den Kauf von Ersatzfutter gibt es nicht, klagt der Vorsitzende der Sowchose „Roter Ural“.

Ernteprognose nach unten korrigiert

Das russische Landwirtschaftsministerium korrigierte seine Ernteprognose für dieses Jahr von 95 auf 85 Millionen Tonnen. Ein Getreidedefizit gäbe es jedoch nicht, meinte  Landwirtschaftsministerin, Jelena Skynnik. Man hoffe sogar, das Exportpotential zu halten. Russland ist nach den USA der weltweit größte Getreideexporteur.

Im Jahr verbraucht Russland selbst 77 Millionen Tonnen Getreide, 22 Tonnen Millionen seien aber noch auf Lager, erklärte die Ministerin.  

Im südrussischen Gebiet Stawropol stieg der Getreidepreis bereits um zehn Prozent. Der Präsident der russischen Union der Getreideproduzenten, Arkadi Slotschewski, erklärte jedoch, der Brotpreis in Russland werde nicht steigen. Andere Experten sind weniger optimistisch.

Putin ziert sich bei Entschädigungen

Natürlich würde man die Landwirtschaft in dieser „ernsten Situation“ nicht alleine lassen, erklärte Ministerpräsident Wladmir Putin auf einer Kabinettssitzung am Montag. Gleichzeitig erklärte der Premier, man werde auch alle Versuche, sich über Staatshilfen an der Dürre zu bereichern, „im Keim ersticken“. Das Budget sei bereits im Defizit, man könne es nicht weiter belasten.

Die Hauptlast der Ernteschäden sollen deshalb die staatlichen gestützten Versicherungen zahlen. Doch diese Perspektive ist für die landwirtschaftlichen Betriebe kein Ausweg, denn nur 20 Prozent der Saatflächen sind versichert. Vizepremier Igor Setschin hielt jedoch noch Trostpflaster bereit. Der bereits im Frühjahr von den Ölunternehmen eingeführte zehnprozentige Preis-Rabatt für Öl- und Schmierstoffen für die Landwirtschaft werde beibehalten.
mistisch.

Angeblich keine Folge des Klimawandels

Der Klima-Berater des russischen Präsidenten, Aleksandr Wedrizki, erklärte, eine derartige Hitzewelle habe es in Russland seit Anfang  der 1970er Jahre nicht mehr gegeben. Doch einen Zusammenhang mit dem weltweiten Klimawandel sieht der Präsidenten-Berater nicht. Um stichhaltige Aussagen über die derzeitige Rekordhitze zu treffen, müsse man noch mehr Daten sammeln und das Klima über eine längere Zeit beobachten.

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