13.01.2023 14:10:35
ST. PETERSBURG
Von Ulrike Fischer
EM – Allein die Passagiere der Fährlinie Helsinki - St. Petersburg könnten den Kassen des Venedigs des Nordens jährlich zehn Millionen Euro bringen. Doch alle Hoffnungen auf den profitablen Besuch schwanden, als Ende November das Moskauer Außenministerium sein Abkommen mit der schwedischen Gesellschaft „Silja Line“ rückgängig machte. Vorgesehen war, Gästegruppen ohne Visa nach St. Petersburg einreisen zu lassen. Doch keine zwei Wochen nach Inkrafttreten der Regelung hat Moskau seine Entscheidung zurückgezogen. Die Diplomaten berufen sich auf die „Gleichheit bei der Visumsvergabe“ und verweisen auf den „ungleich größeren Aufwand von Konsulaten und Grenzposten“. Wladimir Kotenjew, Chef des Konsularischen Dienstes beim russischen Außenministerium fordert seine finnischen Kollegen auf, seinen Landsleuten ebensolche Vergünstigungen einzuräumen. „Unser Antrag wurde wiederholt von Finnland abgelehnt“, ist er erbittert über das Schengen-Mitgliedsland. Nun wird das Einreisepapier wieder auf herkömmlichem Weg für 25 Euro in der Botschaft in Helsinki erteilt.
„Wollen wir feilschen?“, fragt ironisch die Tageszeitung „Djelowoi Peterburg“ und erinnert daran, daß hauptsächlich Finnen auf dem Wochenmarkt der russischen Grenzstadt Wyborg im großen Stil bestohlen, oder auf dem Newski Prospekt in St. Petersburg von der Polizei regelrecht ausgeplündert werden. Obwohl das Nachbarland bei den Europäern besonders wegen seines preiswerten Wodkas und den Einkaufsmöglichkeiten populär sei, wären die Kapazitäten der Tourismusbranche bei weitem nicht ausgereizt, so Igor Gluchow, seines Zeichens Agent der „Silja Line“ in St. Petersburg und Generaldirektor der „Inflot Worldwide AG“. Von wöchentlich 1400 freien Plätzen auf den Fähren würden weniger als die Hälfte verkauft. „Ohne Visumspflicht kämen 80 Prozent mehr Passagiere“, schätzt er.
Deshalb rennen nun die Reisebüros an der Newa dem frischgebackenen Chef des Komitees für Tourismus und Erholung die Türen ein: Wiktor Pachomkow soll auf das Moskauer Außenministerium Einfluß ausüben. Der gebürtige Moskauer hat jahrelang in der Hauptstadt für die Präsidialverwaltung große Hotelketten gemanagt. Doch ihm sind die Hände gebunden: Kurz vor Amtsantritt wurde sein Budget um 80 Prozent auf sechs Millionen Rubel (180.000 Euro) gekürzt.
„Das muß ein Fehler sein“, ist Sergeij Kornejew, Direktor der russischen Unternehmervereinigung der Tourismusindustrie überzeugt. Denn nach Angaben der Welttouristenorganisation bringe jeder in die Werbung investierte Dollar der Reisebranche 15-fachen Gewinn ein. Pawel Fenin, Tourismusexperte des Petersburger Parlaments schätzt, daß für Reklame nun eine halbe Million Rubel (15.000 Euro) übrig bleiben: „Der Rest wird für Dienstreisen und den Kauf von Ausrüstung gebraucht“, rechnet er vor.
Statt Millionen „in den Wind zu streuen“ solle die Stadt lieber in die Infrastruktur investieren, meint Maxim Tewelew, Geschäftsführer der Vereinigung Intertimes Touristikfirma Sofintur. Große Hotels zu günstigen Preisen seien gefragt. Doch die Stadt geht mit Millionen-Schulden ins neue Jahr: Die Kosten für die Feiern zum 300jährigen Stadtjubiläum müssen sogar über Einschränkungen in der Sozialsphäre beglichen werden. Nun will Tourismus-Chef Pochomkow föderale Ressourcen anzapfen. Mit dem Wirtschaftsministerium habe er sich bereits in Verbindung gesetzt.
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