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KRYPTOWÄHRUNGEN
Von EM Redaktion | 31.07.2018
So befürwortet Finanzminister Alexei Moiseev die Legalisierung der Digitalwährungen, während Präsident Wladimir Putin gar mit einem Krypto-Rubel kokettiert. Die ICO-Richtlinien gibt es jedenfalls seit April dieses Jahres. Nicht von ungefähr. Immerhin arbeitet die russische Sberbank bereits fieberhaft an einem von der Regierung unterstützten ICO.
Im Unterschied zum russischen Parlament hat sich Kolionowo, einem Weiler rund 130 Kilometer südöstlich von Moskau, die Frage nie gestellt, ob die Kryptowährungen verboten gehören oder umarmt werden sollen. Seit der Landwirt Michail Schljapnikow, ein stämmiger Ortsansässiger mit grauem Backenbart, 2017 den Kolion in Umlauf brachte, befindet sich der verarmte Landstrich im Aufwind. Ja, nicht nur im Dorf, sondern auch in den umliegenden Städten hat sich die digitale Parallelwährung zum bevorzugten Zahlungsmittel gemausert und den Rubel zur Fußnote degradiert. Traktoren werden ebenso in Kolion bezahlt wie die tägliche Milch. Ohne die 401 Bitcoins der 103 Investoren wäre dieser Erfolg allerdings nicht möglich gewesen. Was zum damaligen Zeitpunkt einem Startkapital von 400.000 Euro entsprach, repräsentiert augenblicklich einen Gegenwert von 2.832.623,86 Euro (Stand 28. Juli 2018). Dass die Bauern im Umkreis den Kolion nicht im klassischen Sinn schürfen können, sondern sich ihn physisch erarbeiten müssen, stört sie nicht. Im Gegenteil. Nachdem von den Banken keine Kredite winken, sind es einzig die Kolion-Darlehen, die mit Brutkästen und Küken den Aufbau eines Geschäfts ermöglichen. Dafür erhält Schljapnikow im Gegenzug die Hälfte der gelegten Eier.
Zur Stunde ist Ethereum für 404,2941 Euro zu haben (Stand 28. Juli 2018). Gemessen an der Marktkapitalisierung rangiert die Kryptowährung mit 40.693.211.338 Euro nach Bitcoin auf Platz 2. Vorsichtige Schätzungen beziffern ihren Wert Ende 2021 mit 852 Euro bei einer Schwankungsbreite von 792 bis 912 Euro. Angesichts dieser rosigen Aussichten überrascht es wenig, dass sich immer mehr Menschen den Social-Trading-Plattformen anschließen, die besten Anleger kopieren oder sich als Trader selbst in die Karten schauen lassen und damit ein Zubrot verdienen. Noch nie war das Investieren auf den Finanzmärkten einfacher als heute. Den wenigsten Anlegern dürfte dabei allerdings bekannt sein, dass Ethereum dem russischen Softwareentwickler Vitalik Buterin geschuldet ist. Wladimir Putin ist der nach Kanada ausgewanderte Landsmann jedenfalls spätestens seit der Begegnung auf dem St. Petersburger Wirtschaftsforum 2017 ein Begriff.
An den offiziellen Verkaufsstellen konnten Tickets für die Fußball-WM 2018 zwar nicht mit Kryptowährungen beglichen werden, dafür waren sie aber über Drittanbieter wie Wirex oder Epayments zu haben. Bei Spielen in der russischen Exklave Kaliningrad an der Ostsee war es Fans auch vergönnt, Hotelrechnungen mit Digitalwährungen zu bezahlen. So besteht eine Kooperation zwischen der Hotelgruppe Malina Apartments und dem russischen Krypto-Start-up Free-Kassa. Die FKWallet erlaubt Zahlungen in 14 verschiedenen Kryptowährungen. Und während nun für die Unterkunft in Moskau, Petersburg und etlichen anderen großen Städten zwingend der Rubel rollen musste, boten die Killfish Bars vor Ort die Möglichkeit, fürs Bier mit Bitcoin aufzukommen. Nicht genug damit. Das Tippspiel CryptoCup, das auf der Ethereum-Blockchain beruht, lud Krypto- und Fußballenthusiasten zudem ein, die ERC-721-Token mit den Prognosen zu bestücken und nach Turnierbeginn zu handeln.
Es ist ein offenes Geheimnis, dass den Kremlchef längst das Digitalfieber gepackt hat. Die Absicht, sich nicht leichtfertig der Vorteile von Kryptowährungen zu begeben, wurde mit einer Regierungssitzung Mitte Oktober vergangenen Jahres deutlich. Es ist namentlich die Anonymität von Kryptowährungen, die Russland zupasskommt und das Land vor allfälligen internationalen Sanktionen schützt. Entsprechend sieht Sergey Solonin, Geschäftsführer des russischen Zahlungsdienstleisters Qiwi, im Krypto-Rubel einen brauchbaren Ersatz für das internationale Bankentransaktionssystem Swift. Davon Russland auszuschließen steht bereits seit geraumer Zeit zur Diskussion. Fraglich ist bloß, inwieweit von einer Anonymität des Zahlungsverkehrs die Rede sein kann, wenn neben dem russischen Finanzministerium die Zentralbank und die Finanzaufsichtsbehörde Rosfinmonitoring für die Einführung des Krypto-Rubels verantwortlich zeichnen. Wer sich jedenfalls für den Verkauf der Kryptowährung entscheidet, wird 13 Prozent an den Fiskus abtreten müssen.
Während Russland unter den durch die Krim-Annexion ausgelösten Sanktionen leidet, macht Großbritannien der Brexit zu schaffen und setzt der Türkei die stark steigende Inflation zu. Allen Ländern gemeinsam ist, dass sie mit einer eigenen Kryptowährung nach dem rettenden Strohhalm greifen. Dass da nicht der Wunsch der Vater des Gedankens ist, hat der venezolanische Staatspräsident Nicolás Maduro mit dem Petro bewiesen. Rund 735 Millionen US-Dollar nahm die Regierung am ersten Tag des Vorverkaufs ein.
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