Minderjährige russische Skinheads morden ohne AngstRECHTSRADIKALE RUSSEN

Minderjährige russische Skinheads morden ohne Angst

Für 20 Morde wurden die Anführer einer Moskauer Skinhead-Bande mit zehn Jahren Arbeitslager bestraft. Bei der Urteilsverkündigung wurde getuschelt und gelacht.

Von Ulrich Heyden

S ie bezeichneten sich als „Soldaten Russlands“ und wollten Gastarbeiter aus Zentralasien und dem Kaukasus aus Moskau vertreiben. Mitte Dezember sprach das Moskauer Stadtgericht das Urteil gegen eine Gruppe von neun Skinheads und verhängte Freiheitsstrafen zwischen sechs und 20 Jahren. Die Gruppe um den 19jährigen Ikonenmaler Artur Ryno und den Sportstudenten Pawel Skatschewski hatte fast ein Jahr lang abends und nachts in den Moskauer Hochhausvierteln Jagd auf Menschen gemacht, die nicht slawisch aussahen - Tadschiken, Usbeken, Armenier, Chinesen und sogar einen Ukrainer hatte man mit Messerstichen traktiert. Die Jugendlichen im Alter von 15 bis 22 Jahren waren wegen 20 Morden und 12 Mordüberfällen angeklagt.

Die beiden Anführer, Artur Ryno und Pawel Skatschewski, verurteilte das Gericht zu zehn Jahren Arbeitslager. Strafmildernd wirkte, dass die beiden Bandenführer zum Tatzeitpunkt noch minderjährig waren. Zwei Angeklagte, darunter die 22jährige Swetlana Awakumowa, welche die Überfälle mit dem Handy aufgenommen und die Videos dann ins Internet gestellt hatte, wurden freigesprochen.

„In der Moskauer Skinhead-Szene konkurriert man seit einiger Zeit um die schrecklichsten und die meisten Morde an Ausländern. Die Ergebnisse der Überfälle werden stolz im Internet präsentiert“

Im Oktober 2006 hing das Leben von Aleksandr an einem seidenen Faden. Der Mann mit dem russischen Vornamen gehört der koreanischen Minderheit an, war aber als Asiate sofort zu erkennen. Mit Schrecken erinnert sich Aleksandr, was da in einem Vorortzug auf der Strecke Parschino-Moskau passierte. „Sie kamen still von hinten und stachen mit Messern. Es waren zehn bis 15 Personen. Man hätte mich umgebracht, hätte da nicht eine Frau, eine Russin, geschrieen, ´Was macht ihr? ´ Sie hat mir das Leben gerettet.“ Der Koreaner begann sich zu verteidigen. Die Angreifer flüchteten. Die Geschichte des Überfalls erzählt der Mann mit dem russischen Pass der Zeitung „Wremja Nowostej“. 

Bei Hausdurchsuchungen fand man neonazistische Literatur und grausame „Spielfilme“ von denen sich die Banden-Mitglieder offenbar inspirieren ließen. Die Filme, so berichtete einer der Ermittler dem erwähnten Blatt, könne man nur auf leeren Magen sehen. Sie übersteigen an Brutalität jede Phantasie. Unter den Filmen war das schreckliche Video welches im August 2007 im Internet auftauchte. Es zeigt, wie schwarz gekleidete und kahl geschorene Männer in einem Wald einen Tadschiken und einen Dagestaner enthaupten. Bisher wurde nur die Person gefasst, welche den Film verbreitet hat, nicht aber die Täter. Ein anderer „Spielfilm“ zeigt, wie „reinrassige Slawen“ einen Afrikaner verspeisen.

Gewalt aus der Mitte der russischen Gesellschaft

Vor Gericht standen keine Kinder von Arbeitslosen, sondern Studenten von Moskauer Fachhochschulen und Universitäten. Ihre Eltern gehören zur russischen Intelligenz. Der Prozess gegen die Skinhead-Gruppe von Artur Ryno zeigt, wie weit ausländerfeindliche Gewalt schon in die Mitte der russischen Gesellschaft vorgedrungen ist.

Als der Richter Pjotr Schtunder das Urteil verlas, standen die Angeklagten mit kurzgeschorenen Köpfen und grimmigen Gesichtern in dem Glaskäfig des Moskauer Stadtgerichts. Einige der Angeklagte trugen einen Mundschutz aus Papier, andere unterhielten sich lächelnd. Die Skinheads fühlten sich als Helden. Artur Ryno hatte sich nach der Verhaftung zu 37 Morden bekannt, mehr als die Ermittlungsbehörden ihm vorwarfen. In der Moskauer Skinhead-Szene konkurriert man seit einiger Zeit um die schrecklichsten und die meisten Morde an Ausländern. Die Ergebnisse der Überfälle werden stolz im Internet präsentiert.

Das Problem des Rechtsradikalismus in Russland ist so brisant, dass auch Putin und Medwedew sich schon dazu äußern mussten. Putin gestand 2005 in Auschwitz, in einer Rede zum 60. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers ein, dass auch Russland heute Probleme mit Neonazis habe. Medwedew schrieb im November dieses Jahres zum 70. Jahrestag der Reichskristallnacht in einem Telegramm an die Teilnehmer eines Erinnerungs-Requiems, „wir sind nicht nur verpflichtet die Vergangenheit zu erinnern, sondern wir müssen uns auch klarmachen, welche Bedrohung der Hass zwischen den Nationalitäten, die Intoleranz zwischen den Ethnien und die Nichtbeachtung der menschlichen Würde für die heutige Welt bedeutet.“

Der Anführer ist selbst Angehöriger einer Minderheit

Während des Prozess stellte sich heraus, das der Vater von Artur Ryno zu einer im russischen Fernen Osten lebenden Minderheit, den Tschuktschen gehört. „Mein Vater hat die Familie verlassen, die Mutter war ständig auf der Arbeit und die Nachbarn in der Gemeinschaftswohnung, wo ich wohnte, waren Kaukasier, mit denen ich ständig Konflikte hatte“, berichtete Banden-Führer Ryno, der seit dem Alter von drei Jahren allein von seiner Mutter, der Russin Swetlana, großgezogen wurde.
           
Mit den Morden an Asiaten und Kaukasiern wollte die konspirativ arbeitende Gruppe, eine Panik unter den etwa zwei Millionen Migranten in Moskau auslösen. Als die Medien nicht über ihre Überfälle berichteten, sei man dazu übergegangen, mehrere Morde am Tag zu begehen, berichteten die Skinheads vor Gericht.

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