Mit seiner Münchner Rede sammelt Putin auch Pluspunkte bei seinen LandsleutenRUSSISCHE SEELE

Mit seiner Münchner Rede sammelt Putin auch Pluspunkte bei seinen Landsleuten

Nicht nur rund 70 Prozent der Deutschen haben in einer Umfrage Beifall für die Münchner Rede des russischen Präsidenten bekundet. Auch in den russischen Medien wird Putin gelobt, weil er den Menschen aus dem Herzen gesprochen und den „Volkszorn“ gegenüber den USA artikuliert habe.

Von Ulrich Heyden

S o einer sind sie also, Mr. Putin?“ titelte  die regierungsnahe Iswestija in gespielter Ironie. Hatte doch der russische Präsident nach Meinung der Moskauer Kommentatoren eigentlich gar nichts Außergewöhnliches gesagt, zumindest nichts, was der Kreml-Chef nicht auch schon früher angesprochen hatte. Mit Aggressivität habe das nichts zu tun. Seit mehreren Jahren schon gäbe es tiefgreifende Interessensgegensätze zwischen Moskau und Washington. Durch den Krieg gegen den Terror wären diese Gegensätze zeitweise überdeckt worden.
 
Eine Sensation ist Putins Rede für die Russen tatsächlich nicht. Sie sind es gewohnt, dass der Kreml-Chef die Interessen des wirtschaftlich stärker gewordenen Landes zunehmend ungeschminkt und ohne diplomatische Floskeln formuliert.

Mehrere Moskauer Zeitungen druckten die Rede in voller Länge. Die Massenblätter kitzelten das Selbstwertgefühl der Russen. Die „Komsomolskaja Prawda“ titelte, „man lehrt Russland ständig die Demokratie und will selbst nicht lernen.“ Das Boulevardblatt „Moskowski Komsomolez“ sah Putin gar als Vollstrecker des Volkszorns gegenüber den übermächtigen USA. „Der Präsident zündete in München eine ´Bombe´“ lautete die Schlagzeile auf Seite Eins.

Nüchterner die Analyse des nationalliberalen Intelligenzblattes „Nesawisimaja Gaseta“. Die zwischen Washington und Moskau gegenseitig geäußerten Vorhaltungen passten nicht mehr „in den Rahmen eines partnerschaftlichen Dialogs“, stellte die Zeitung fest. Russland und die USA hätten erklärt, „dass sie sich nicht mehr als strategischen Partner sehen.“ Dabei nahm das Blatt auch Bezug auf die Erklärung des amerikanischen Verteidigungsministers Robert Gates. Dieser hatte die geplante Erhöhung des Verteidigungshaushaltes mit der unsicheren Entwicklung in Russland begründet. Man wisse nicht, „was in solchen Ländern, wie Russland, China, Nord-Korea, Iran und anderen passiert“, so ex-CIA-Chef Gates.

Es gibt kaum öffentliche Gegenstimmen in Russland

Ob Putins Rede die russische Position in der internationalen Arena gestärkt hat, sei „umstritten“, schränkt das Blatt ein. Bisher gibt es jedoch kaum öffentliche Gegenstimmen in Russland. In der russischen Elite wünscht sich offenbar so mancher, dass Russland zum Prellbock gegen eine amerikanische Vorherrschaft auf der Welt wird. Russische Kommentatoren merkten an, dass Putins Kritik in einer „mehr diplomatischen Form“ von Verbündeten der USA in Europa und Asien geteilt wird, auch von den Deutschen, wie die „Nesawisimaja Gaseta“ ausdrücklich vermerkte.
 
Die Aussichten für die Zukunft beurteilt das Blatt alles andere als rosig. Moskau werde versuchen, den Einfluss Washingtons „in den heißen Punkten (vor allem im Nahen Osten) zu begrenzen.“ Dies führe wiederum „zu verstärkten Konflikten“ in Bezug auf das iranische Atomprogramm, das geplante amerikanische Raketenabwehrsystem in Osteuropa und den Kosovo.

Werden die Russen jetzt eine dritte Amtszeit für Putin fordern?

Zu den wenigen kritischen Stimmen in Russland gehört der liberale Duma-Abgeordnete Wladimir Ryschkow. Von einem kalten Krieg – so der liberale Politiker – könne keine Rede sein, denn das Bruttoinlandsprodukt von Russland sei dreizehnmal niedriger als das der USA. Putins Rhetorik seien somit Grenzen gesetzt. Der Kreml-Chef habe mit seiner Rede „vor allem innenpolitische Ziele“ verfolgt. Schon jetzt stehe fest, dass es in Russland keine freien Duma- und Präsidentschaftswahlen geben werde. Deswegen müsse man „den Westen im Voraus beschuldigen“ und Menschenrechtsorganisationen in Russland als „Spione“ diskreditieren.

Starker Beifall für Putins-Rede kam von dem Herausgeber des sowjetnostalgischen Blattes „Sawtra“, Aleksandr Prochanow und dem Nationalisten Sergej Baburin. Das sei das Ende der Epoche, „als Russland um seinen Platz in der Welt gebeten hat“, meinte Baburin. Prochanow sieht Russland jetzt im „Zentrum des antiamerikanischen Widerstandes, zusammen mit der arabischen Welt und China.“ Die Rede werde das russische Volk „wecken“, von Putin „eine dritte Amtszeit zu fordern“, hofft Prochanow.

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