09.08.2023 13:11:56
AIRBUS
Von Klaus-Heiner Röhl
er fortlaufende Verfall des US-Dollars bringt den Airbus-Konzern zunehmend in Bedrängnis, da die Produktion im Euro-Raum stattfindet – wo daher auch das Gros der Kosten anfällt – während die Flugzeugverkäufe in US-Dollar erfolgen. Die Preise werden im Voraus auf Dollarbasis vertraglich fixiert; die Auslieferung erfolgt üblicherweise drei bis fünf Jahre später. Heute werden also Flugzeuge ausgeliefert, deren Preis zu einem ganz anderen Wechselkurs vereinbart wurde.
Die Dollarbindung von Rohöl, vielen anderen Rohstoffen und auch der Verkäufe von Verkehrsflugzeugen ist historisch gewachsen. Maßgeblich war die Rolle des US-Dollars als Leitwährung, die wiederum aus der Wirtschaftsstärke der USA resultierte. Da die Vereinigten Staaten den Weltmarkt für Zivilflugzeuge bis zum Auftreten von Airbus bestimmt haben, ist der Dollar die nahe liegende Währung für den Handel von Flugzeugen. Ähnliches gilt für Erdöl; hier wurden die USA nach 1970 zum wichtigsten Importeur und waren schon lange zuvor der größte Verbraucher.
Der Hauptvorteil des Leitwährungslandes ist, dass es nicht auf Währungsreserven (aufgebaut z.B. aus Exporten oder Krediten) angewiesen ist, um seine Importrechnungen zu begleichen; es kann seine eigene Währung nutzen und hierfür einfach die Geldmenge ausweiten. Zu diesem Mittel haben die Vereinigten Staaten in der Vergangenheit auch immer wieder gegriffen. Die dadurch entstehende Inflation treibt allerdings auch wieder den Dollarpreis der Importgüter. Ein mit der Dollar-Inflationierung in Zusammenhang stehender Vorteil bleibt dagegen Drittstaaten vorbehalten: Durch Aufwertung ihrer Währung gegenüber dem Dollar sinkt ihre Rechnung für Rohstoffimporte. Dies ist die positive Kehrseite der Euroaufwertung, die derzeit Airbus und anderen Exportunternehmen zu schaffen macht.
Doch die Dominanz der USA im Welthandel schwindet. Auf dem Welt-Rohstoffmarkt spielen die asiatischen Länder eine immer größere Rolle. Und etwa die Hälfte der großen Verkehrsflugzeuge stammt heute von Airbus. Auf den ersten Blick erscheint es daher verlockend für den europäischen Luftfahrtkonzern, bei den Flugzeugverkäufen ganz oder zumindest partiell auf den Euro umzustellen und so das Wechselkursrisiko zu mindern. Das Kursrisiko verschwindet dadurch allerdings nicht, es verbleibt beim Käufer. Aber welcher Kunde sollte Airbus seine Flugzeuge in Euro abkaufen, wenn er einen weiteren Dollarverfall erwartet? Da der Euro jederzeit in US-Dollar kompatibel ist, ist die Währung des Verkaufs bei einheitlichen Markterwartungen bezüglich des Wechselkurses fast belanglos. Ein Verkauf in Euro unter Zugrundelegung des aktuellen Dollarkurses bedeutet also schlicht eine antizipierte Preiserhöhung, die die Fluglinien zum Konkurrenten Boeing treibt. Eine Alternative wären Preisabschläge, die den erwarteten Anstieg des Euro ausgleichen oder den Fluggesellschaften als Kunden die Kurssicherung finanzieren. Damit wäre für Airbus aber natürlich nichts gewonnen.
Die Aufforderung an Airbus, seine Flugzeuge in Euro zu verkaufen, ist daher eigentlich eine Empfehlung, den Airlines mehr Geld abzuverlangen. So wurde der Vorschlag denn auch explizit als Alternative zu Kostensenkungen ins Spiel gebracht. Es scheint aber wenig wahrscheinlich, dass die Verkäufer des europäischen Konzerns von den Fluggesellschaften nicht bereits jetzt den maximal möglichen Preis fordern, bei dem diese noch nicht zum einzigen Wettbewerber abwandern. Im Duopol ist der Markt schließlich sehr übersichtlich. Es hilft nichts: Entscheidend ist letztlich allein, ob und in welchem Ausmaß die Kosten für die Hersteller Airbus und Boeing in unterschiedlichen Währungen anfallen. Deshalb kann Airbus auch nur an diesem Punkt ansetzen, um seinen Wettbewerbsnachteil gegenüber den Amerikanern zu verringern.
Mittel- bis langfristig sollte jedenfalls ein größerer Anteil der Wertschöpfung im Dollar-Raum stattfinden. Das ergibt sich auch aus der Internationalisierungsstrategie mit einem neuen Werk für den A320 in China und (bei Vergabe von Tankeraufträgen) für Großraummaschinen vom Typ A330 in den USA. Das Zukunftsmodell A350 wird zudem stärker modular aufgebaut sein, so dass größere Arbeitspakete nach Amerika oder Asien vergeben werden können. Kurzfristig kann allerdings die Produktion der aktuellen Modelle nicht verlagert werden, dafür ist die Herstellung zu anspruchsvoll. Da die Auftragsbücher randvoll sind, muss ein großer Teil der Kostensenkung über Effizienzsteigerungen erreicht werden.
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