Putin plant unpopuläre ReformenRUßLAND NACH DER WAHL

Putin plant unpopuläre Reformen

Wenn man der Bevölkerung die Schritte erkläre, stimme sie auch unpopulären Reformen zu, meint der Kreml-Chef. Rußland wolle weiter gute Beziehungen zum Westen und auf imperiale Gesten verzichten.

Von Ulrich Heyden

EM – Sowohl das Stimmenergebnis als auch die Wahlbeteiligung der Präsidentenwahlen bestärkten ihn, seinen Kurs fortzusetzen, erklärte Wladimir Putin. Der wiedergewählte russische Präsident will das Vertrauen der Bevölkerung nutzen, um jetzt auch „unpopuläre Reformen“ durchzuführen. Er gab sich überzeugt, die Maßnahmen würden von der Bevölkerung unterstützt, wenn sie begründet und gut vorbereitet seien.

Schon in der Wahlnacht am 14. März umriß Putin in seinem Wahlkampfstab gegenüber dem Kreml vor einer ausgewählten Schar von Journalisten seine Ziele: Im sozialen Bereich seien die Rentenreform, die „Sicherstellung qualitativer Leistungen im Gesundheits- und Bildungswesen“ das Wichtigste. Priorität in der Wirtschaftspolitik habe die Steuerreform. Ein weiterer Schwerpunkt seiner Politik in den kommenden vier Jahren werde die Restrukturisierung der „natürlichen Monopole“, d.h. der wirtschaftlichen Schlüsselsektoren, welche seit dem Ende der Sowjetunion noch unter staatlicher Regie laufen, zum Teil hochsubventioniert und abgekoppelt von den Weltmarktpreisen.

Putin erklärte, bei den „natürlichen Monopolen“ müsse man sehr „sorgfältig“ vorgehen, denn man laufe sonst Gefahr, das Vertrauen der Bevölkerung verlieren. „Wir werden entschieden handeln. Aber wir werden jeden Schritt erklären, damit die Menschen verstehen, was gemacht wird, warum und mit welchem Ziel.“

Gasprom soll reformiert werden

Reformgesetze im Eisenbahnwesen und der Energieversorgung sind bereits verabschiedet worden. Jetzt sollen die Wohnungsbewirtschaftung und der halbstaatliche Gas-Monopolist „Gasprom“ reformiert werden. Nach Meinung westlicher Experten hängt von diesen Reformen ab, ob Rußland in die Welthandelsorganisation aufgenommen wird. Der Kreml-Chef meinte jedoch, eine Umstellung der Inland-Gaspreise auf das Export-Preisniveau sei nicht möglich. „Wir wissen, daß wir das Gas für den privaten und den Industrieverbrauch zum Selbstkostenpreis verkaufen, aber dank Gasprom sichern wir das Wachstum anderer Industriezweige.“ Mit dem Unternehmen Gasprom gelte es „behutsam“ umzugehen. Allerdings müßten jetzt auch andere einheimische Gasproduzenten Zugang zum russischen Pipeline-System bekommen. Das Export-Monopol bleibt allerdings in den Händen von Gasprom.

Je mehr man in den nächsten vier Jahren an Reformen erreiche, um so einfacher werde das Jahr 2008 – in diesem Jahr endet Putins zweite Amtszeit. Einen Nachfolger suche er schon seit vier Jahren, erklärte das russische Staatsoberhaupt. Es solle ein ordentlicher und ehrlicher Mensch sein, der seinem Volk diene wolle. „Solche Personen“ gäbe es „genug“ in Rußland. Zu seinen persönlichen Zukunftsplänen schwieg der Amtsinhaber.

Der wiedergewählte Präsident erklärte, die „demokratischen Errungenschaften“ in Rußland würden gesichert und garantiert. Die Kritik aus den USA am undemokratischen russischen Wahlkampf wies der Kreml-Chef zurück. Auch in westlichen Ländern gäbe es Probleme. In den USA sei das Wahlsystem vor vier Jahren „zusammengebrochen“.

Ringen um die russische Einflußzone

Außenpolitisch will Putin seinen Kurs beibehalten: d.h. Rußland versteht sich als eurasischer Staat, der sich über Asien und Europa erstreckt. Auf „aggressive Methoden“ zur Verteidigung außenpolitischer Interessen will man verzichten. Der Kreml wünscht gute Beziehungen zu den USA, der EU, einzelnen europäischen Staaten, China und Indien. Mit der Ernennung des ehemaligen UNO-Diplomaten Sergej Lawrow zum neuen Außenminister und dem russischen EU-Vertreter Michail Fradkow zum neuen Ministerpräsidenten macht der Kreml-Chef deutlich, wie wichtig ihm die Beziehungen zum Westen sind. Doch ob derartige personalpolitische Maßnahmen ausreichen, ist unsicher. Denn zwischen Rußland und seinen Partnern im Westen gibt es zahlreiche politische Reibungspunkte, so etwa um die von Rußland geforderten Kompensationen für die EU-Osterweiterung und die Frage, ob die Ukraine und Weißrußland zur „russischen Einflußzone“ gehören oder nicht. Moskau hofft, daß die EU mit ihrer Osterweiterung „genug zu tun“ hat und die beiden ehemaligen Sowjetrepubliken der russischen Einflußzone „überläßt“. Zum Tschetschenien-Krieg – einem Hauptproblem der russischen Politik – schwieg der Kreml-Chef nach seiner Wiederwahl.

Der PR-Berater Putins, Gleb Pawlowski, sieht innenpolitisch die Zeit einer „stürmischen Opposition“ heraufziehen. Um die 25 Prozent der Wähler, welche ihre Stimme nicht für Putin abgegeben haben, begänne jetzt ein harter Kampf. Gefahr ortete der Putin-Berater „vom Westen“. Dieser werde versuchen, auf das Protest-Potential Einfluß zu nehmen, um Rußland auf diese Weise „zu lenken“. Tatsächlich ist der Sieg des Kreml-Chefs relativ. Von 109 Millionen Wahlberechtigten stimmten 49 Millionen, also knapp die Hälfte, für den Amtsinhaber.

Mehr von Ulrich Heyden finden Sie hier: www.ulrich-heyden.de.

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