Putin umwirbt die „fetten Kater“RUßLAND

Putin umwirbt die „fetten Kater“

Kreml-Chef Putin fordert eine Vollmitgliedschaft seines Landes in der G8. Aufgrund der eigenen Armut könne Rußland besser als andere G8-Staaten für arme Länder sprechen. Deutschland unterstützt Putins Vorschlag.

Von Ulrich Heyden

R ußland möchte möglichst bald Vollmitglied der Gruppe der führenden Industriestaaten - G 8 - werden. Diesen Anspruch bekräftigte Wladimir Putin bei einem Treffen mit den Finanzministern der G 8, das Mitte Februar erstmals in Moskau stattfand. Zur G 8 gehören die USA, Japan, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Kanada, Italien und Rußland. Rußland ist noch nicht an allen Beratungen im Rahmen der G 8 beteiligt, führt in diesem Jahr aber den Vorsitz und richtet im Juli in St. Petersburg auch den Gipfel der G 8-Staatsoberhäupter aus.

Der deutsche Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) erklärte auf einer Pressekonferenz in Moskau, er sei für eine Vollmitgliedschaft Rußlands in der G 8. Die Rolle Rußlands sei nicht nur als Energielieferant, sondern auch in vielen außenpolitischen Fragen bedeutend. Man könne das Land deshalb nicht „vom Tisch verweisen“. Deutschland sei sehr daran gelegen, daß die russische Politik Erfolg habe. Gegner eines Beitritts Rußlands argumentieren, es handele sich bei der G 8 auch um eine Wertegemeinschaft, derer sich Rußland aber nicht zugehörig fühle. Steinbrück entgegnete diesen, daß bei „puristischer“ Auslegung des Begriffs auch andere westliche Länder nicht bestehen könnten. Der Minister hatte wohl die USA im Blick. Von dort kamen in letzter Zeit Forderungen einzelner Politiker, Rußland nicht in die G 7 aufzunehmen. Rußland teile weder die demokratischen Werte der Gruppe noch sei es wirtschaftlich stark genug für eine Mitgliedschaft. Auch in Japan gibt es Vorbehalte gegen eine Vollmitgliedschaft Rußlands.

Global-Politiker Putin

Kreml-Chef Putin versuchte sich auf dem G8-Gipfel der Finanzminister in einer Doppelrolle, als Anwalt der Armen und Gönner für die Reichen. All das sollte Rußlands Anspruch auf Mitsprache in der Weltpolitik unterstreichen. Ohne Rußland sei die G 8 eine „Ansammlung fetter Kater“, hatte der Kreml-Chef erst vor zwei Wochen erklärt. Rußland könne aufgrund der großen Armut im eigenen Land besser für andere arme Länder sprechen.

Ganz Global-Politiker machte Putin den reichen Staaten den Vorschlag, die Schulden, die Rußland vorzeitig an den Pariser Club zurückzahlen will – die Rede ist von 12 Milliarden Dollar –, für die Schuldenstreichung bei den armen Staaten zu verwenden. Doch die Finanzminister lehnten ab. Man sei gegen eine Vermischung von Themen, hieß es. Rußland, das wegen der gut laufenden Öl- und Gasgeschäfte zur Zeit im Geld schwimmt, will schon mal mit gutem Beispiel vorangehen. Der Kreml plant, der Internationalen Entwicklungsagentur, einer Tochter der Weltbank, die arme Länder unterstützt, zusätzlich 587 Millionen Dollar zahlen.

Auch Peer Steinbrück reagierte kühl. Man sei an einer „übermäßigen Dimension“ der Entschuldung „nicht interessiert“, erklärte der deutsche Finanzminister. Eigentlich müsse sich ein Finanzminister über die Rückzahlung von Schulden ja freuen. Doch in diesem Fall sei die Sache komplizierter: Deutschland habe die Forderungen an Rußland als Anleihen am Kapitalmarkt verkauft. Deren Zinsen werden mit den Tilgungszahlungen aus Rußland finanziert. Wenn Rußland seine Schulden vorzeitig tilge, sei das mit neuen Belastungen für den Bundeshaushalt verbunden. Jetzt gehe es darum, eine für beide Seiten akzeptable Lösung zu finden.

Die EU vertraut Rußland

Der russische Finanzminister Alexej Kudrin warb auf dem Treffen in Moskau um Vertrauen in die russische Energiepolitik. Er verteidigte die Preiserhöhung für russisches Gas an die Ukraine. Anfang des Jahres war es wegen illegaler Gasentnahmen in der Ukraine zu Lieferengpässen nach Europa gekommen. Rußland hatte die Gasentnahme in der Ukraine allerdings durch zusätzliche Lieferungen ausgeglichen. Finanzminister Steinbrück war von den russischen Argumenten offenbar sehr beeindruckt. Die deutschen Medien hätten die russisch-ukrainische Gaskrise nicht in ihrer ganzen Komplexität dargestellt, erklärte der Minister.

Der russische Finanzminister Alexej Kudrin versprach, die russischen Pipelines bald auch für andere, private russische Gasanbieter zu öffnen. Einen Zeitpunkt nannte Kudrin allerdings nicht. Ob dieses Eingehen auf jahrelange Forderungen des Westens allerdings zu einem Sinken der Gaspreise führt, ist zweifelhaft. Der staatliche Gasprom-Konzern erzeugt selbst 90 Prozent des russischen Gases und besitzt zwei Drittel der russischen Lagerstätten.

In Europa scheint man Rußland, trotz des Gaskonflikts mit der Ukraine, voll zu vertrauen. Die Forderungen, Rußland solle seinen Gasmarkt endlich liberalisieren und das staatliche Monopol brechen, kommen vor allem aus den USA und England. Der österreichische Finanzminister Karl-Heinz Grasser, der den österreichischen EU-Ratsvorsitz beim Treffen in Moskau vertrat, erklärte, die EU toleriere das staatliche Gasmonopol. Jeder Staat müsse selbst entscheiden, „was für ihn stimmt“.

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