09.08.2023 13:11:56
GELESEN
Von Eberhart Wagenknecht
„Russische Alltagskultur – von A wie Aberglauben bis Z wie Zeit“ von Sandra Ravioli |
ie kommt es eigentlich, dass der starke Russe Putin von seinesgleichen mit Wladimir Wladimirowitsch angesprochen wird? Diese Besonderheit der russischen Namensgebung hat die Autorin unter V wie Vatersname erläutert. Sie verweist auf die Gepflogenheit der Russen, sich aus Familiennamen nicht allzuviel zu machen. Bei der Taufe wird der Vatersname eingetragen. Und das war bei Putin jener Wladimirowitsch. Putin selbst bekam den Namen Wladimir. Also heißt er bei seinesgleichen Wladimir Wladimirowitsch. Wenn ein Deutscher Peter Müller einen Vater namens Nikolaus gehabt hätte, müsste analog dazu auf seiner Visitenkarte Peter Nikolajewitsch Müller stehen. Im engeren Kreis würde er aber nur mit Pieter Nikolajewitsch angesprochen.
Schön, so was zu wissen. Man „kommt einfach leichter rein“, wenn man sich unter Russen bewegt und wird nicht so auffallend als „Fremdkörper“ empfunden.
Die russische Sentimentalität ist sprichwörtlich bei uns im Westen. Als „journalistisches Gerücht“ ziehe es sich durch viele Berichte. Dabei sei vieles, was uns an russischen Menschen als besonders sentimental erscheint, in Wahrheit einfach eine größere Offenheit. Sandra Ravioli schreibt: „Viele Erwachsene erinnern sich gerne an Familienfeste, an den ersten Kuss oder an Klassenfahrten. Wer selbst nicht zur Sentimentalität neigt, den mögen diese Menschen in Russland mehr auffallen, schon deswegen, weil man in Westeuropa unbekannten Menschen gegenüber viel verschlossener ist als in Russland.“
Die Autorin, in Basel geboren, aber schon lange in Russland lebend, erklärt den russischen Autofahrer und die Essenszeiten, das Verhältnis von Frauen und Männern, russische Wertvorstellungen und das Zeitgefühl der Russen.
Wo Sitten und Gebräuche anders sind, schreibt sie, „hat dies bei genauer Betrachtung immer seinen Grund. Es ist viel einfacher, Fremdartiges zu akzeptieren, wenn man die Weisheit hinter dem Brauchtum kennt.“
Obwohl das Büchlein sprachlich, stilistisch und mit seiner Quote unkorrigierter Rechtschreibfahler manchmal eine Zumutung ist, versucht es doch ein realistisches Bild des heutigen Russlands und seiner Menschen zu zeigen und ist deshalb allen Mängeln zum Trotz empfehlenswert.
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Rezension zu: „Russische Alltagskultur – von A wie Aberglauben bis Z wie Zeit“ von Sandra Ravioli, mit vielen Tipps zu Kino und Kunst und für Ausgefallenes und Verrücktes, Books on Demand (BOD), 2008, 104 Seiten, 9,80 Euro, ISBN: 978-3837046786.
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