13.01.2023 14:10:35
RUßLAND
Von Ulrich Heyden
s war ein feiger Mord. Am Donnerstagmorgen klingelte es an der Wohnungstür von Ljudmilla Schorowlja. Als die 55jährige Menschenrechtlerin die Tür öffnete, schoß ihr ein Unbekannter Attentäter ins Gesicht.
Das Opfer war in der nordrussischen Stadt Workuta bekannt für das große Engagement als Menschenrechtlerin. Mit ihrer Hilfe bekamen viele Bürger zuviel gezahlte Wohnungsbetriebskosten von der Stadtverwaltung zurück. Nach den Worten von Igor Saschin, der die Menschenrechtsorganisation „Memorial“ in der nordrussischen Republik Komi leitet, sei die Ermordete mehrmals unter Drohungen aufgefordert worden, ihre Tätigkeit einzustellen. Die Vorsitzende der Moskauer Helsinki-Gruppe, Ljudmilla Aleksejewa erklärte, sie sei überzeugt, daß Frau Schorowlja nicht wegen Geld ermordet wurde. Sie habe wie alle Menschenrechtler sehr bescheiden gelebt. Vermutlich sei sie wegen ihrer Tätigkeit als Anwältin für die Bürger umgebracht worden. Gegenüber der Internetzeitung „Komiinform“ erklärte der Ehemann der Ermordeten, aus der Wohnung sei nichts verschwunden. Er wollte jedoch nicht ausschließen, daß die Attentäter schriftliche Unterlagen mitgenommen haben, welche seine Frau bei ihrer Arbeit als Menschenrechtlerin nutzte.
Opfer des Überfalls wurde auch Konstantin Schorowl, der 21jährige Sohn der Menschenrechtlerin. Die Ermittler fanden ihn erschossen im Wohnzimmer. Nach den Aussagen der Ermittler soll er aktiven Widerstand geleistet haben.
Es ist das zweite Mal innerhalb eines Jahres, daß unbekannte Attentäter russische Menschrechtler direkt in der Wohnungstür töten. Im Juni 2004 wurde der bekannte Völkerkundler Nikolai Girenko in St. Petersburg von Unbekannten erschossen. Auch Girenko war nach einem Klingeln an die Tür gegangen. Sein Körper wurde aber bereits von Kugeln durchbohrt, bevor er die Tür öffnen konnte. Der 64jährige war in Skinhead-Prozesse als Experte aufgetreten. Die Vorsitzende der Moskauer Helsinki-Gruppe, Ljudmilla Alexejewa, hatte erklärt, der Mord an Girenko, habe einer faschistischen Gruppe genützt. Die Täter wurden bis heute nicht gefaßt.
Swetlana Gannuschkina, Mitglied der Moskauer Menschrechtsorganisation „Memorial“ und international anerkannte Expertin für Flüchtlingsfragen erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur Interfax, russische Bürgerrechtler bekämen ständig Drohungen. Vor kurzem habe die „National-Staatliche Partei“ auf ihre Internetseite eine Liste von 50 Personen veröffentlicht. Diese Personen seien „keine Freunde Rußlands“, habe es dort in politisch korrektem Ton geheißen.
Menschenrechtler und Ausländer mit dunkler Hautfarbe leben in Rußland zunehmend gefährlich. Nachdem in den vergangenen Jahren Skinheads mit Überfällen auf tadschikische und aserbaidschanische Gastarbeiter sowie afrikanische Studenten für Schlagzeilen sorgten, macht jetzt die organisierte rechtsradikale Szene mit Gewalttaten von sich reden. Am 12. Juni explodierte kurz vor Moskau eine drei-Kilogramm-Bombe unter einem Zug, der aus Grosny kam. Vier Waggons entgleisten, 42 Menschen, vor allem Tschetschenen, wurden verletzt. Zwei Wochen nach dem Attentat wurden zwei mutmaßliche Täter, der 48jährige Unternehmer Wladimir Wlasow und der 47jährige Techniker Michail Klewatschow verhaftet. Die Staatsanwaltschaft des Moskauer Gebiets eröffnete gegen die beiden Männer aus Moskau ein Verfahren wegen Terrorismus. Nach Mitteilung der Staatsanwaltschaft gehören die beiden Verhafteten der Organisation „Russische Nationale Einheit“ (RNJe) an. Die RNJe strebt die Schaffung eines Staates an, in dem nur Slawen wohnen. In den Wohnungen der beiden Verdächtigen fand man extremistische Literatur und chemische Mittel zum Bau von Bomben.
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